Entscheidungsstichwort (Thema)

Zufluss von Kapitalerträgen beim beherrschenden Gesellschafter einer kroatischen Kapitalgesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Art. 10 Abs. 1 des DBA Kroatien 2006 weist das Besteuerungsrecht für Dividenden, die eine in dem einen Vertragsstaat ansässige Gesellschaft an eine in einem anderen Vertragsstaat ansässige Person „zahlt”, dem anderen Vertragsstaat zu, regelt aber nicht, auf welchen Zeitpunkt für die Zahlung der Dividende abzustellen ist. Wann dem in Deutschland ansässigen Alleingesellschafter Dividenden einer nach kroatischem Recht gegründeten Kapitalgesellschaft (d.o.o.) zufließen, bestimmt sich nach deutschem Recht.

2. Dem in Deutschland ansässigen, beherrschenden Gesellschafter einer zahlungsfähigen kroatischen Kapitalgesellschaft (d.o.o.) fließen Gewinnanteile gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG in dem Zeitpunkt zu, in dem Gewinnverwendungsbeschlüsse der d.o.o. in Gestalt von Gewinnausschüttungsbeschlüssen im Sinne des § 29 GmbHG vorliegen (Ausführungen zur Zahlungsfähigkeit einer d.o.o.).

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 11 Abs. 1 S. 1; GmbHG § 29 Abs. 1; DBA Kroatien Art. 10 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.02.2022; Aktenzeichen VIII R 32/19)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Fraglich ist, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Höhe dem Kläger Einnahmen aus Kapitalvermögen zugeflossen sind bzw. als zugeflossen gelten.

Die Kläger wurden in den Streitjahren zusammen veranlagt. Der Kläger, von Beruf Innenarchitekt, konzipiert und richtet …-Geschäfte ein. In den Streitjahren erzielte er u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus seiner Beschäftigung bei der … GmbH (im Folgenden: X GmbH), an der der Kläger in den Streitjahren zu 74% und seine Ehefrau, die Klägerin, zu 26% beteiligt war, sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen. Er ist alleiniger Gesellschafter sowie Geschäftsführer der am 27. Juni 2000 nach kroatischem Recht gegründeten X d.o.o. mit Sitz in Y. In den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2007 bis 2010 erklärte der Kläger u.a. folgende Einnahmen:

Jahr

Nichtselbständige Arbeit – Bruttoarbeitslohn

X GmbH

X d.o,o,

2007

176.496 EUR

407.000,00 EUR

287.545 EUR

2008

176.496 EUR

296.000,00 EUR

200.681 EUR

2009

176.496 EUR

74.000,00 EUR

121.346 EUR

2010

175.514 EUR

74.000,00 EUR

255.928 EUR

Der Beklagte veranlagte zunächst antragsgemäß und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 der Abgabenordnung (AO).

Laut Bericht der Betriebsprüfung, welche in den Jahren 2012 bis 2014 beim Kläger durchgeführt wurde, erzielte der Kläger im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der X d.o.o. in den Streitjahren folgende Einnahmen aus Kapitalvermögen:

2007

2008

2009

2010

Wert vor Prüfung

287.545 EUR

200.681 EUR

121.346 EUR

255.928 EUR

Wert lt. Prüfung

296. 294 EUR

323. 499 EUR

427. 892 EUR

326. 536 EUR

Differenz

8.749 EUR

122.818 EUR

306.546 EUR

70.610 EUR

Der Bericht beruft sich dabei darauf, dass die X d.o.o. folgende Gewinnausschüttungen beschlossen habe:

Datum

Kuna

Umr. in EUR

2007

2008

2009

2010

19.03.2007

2.185.347,06

7,3756

296.294,14 EUR

18.04.2008

2.354,684,91

7,2788

323.499,05 EUR

31.03.2009

3.188.526,31

7,4517

427.892,47 EUR

31.03.2010

2.373.314,12

7,2681

326.538,45 EUR

Summe

296.294,14 EUR

323.499,05 EUR

427.892,47 EUR

326.538,45 EUR

Er vertritt dabei die Auffassung, dass – da der Kläger beherrschender Gesellschafter der X d.o.o. sei – diesem gemäß der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die Einnahmen i.S.d. § 11 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bereits am Tag nach der jeweiligen Beschlussfassung über die Gewinnverwendung zugeflossen seien. Zeitpunkt des Zuflusses sei danach nicht erst der Tag der tatsächlichen Auszahlung oder Überweisung auf ein Konto des Berechtigten, da dieser es aufgrund seiner Stellung in der Hand habe, sich geschuldete – fällige – Beträge auszahlen zu lassen.

Von einem Zufluss sei nur dann nicht auszugehen, wenn die Gesellschaft dauerhaft zahlungsunfähig, also insolvent sei. Aufgrund der vorgelegten Bilanzdaten der X d.o.o. sei jedoch nicht von einer Zahlungsunfähigkeit auszugehen. Die Bilanz zum 31. Dezember 2010 weise ein Eigenkapital (ohne gezeichnetes Kapital) von 2.657.528,00 Kuna aus. In den Aktiva von 5.750.535,00 Kuna seien Kundenforderungen von 619.820,00 Kuna sowie Bank- und Kassenguthaben von insgesamt 1.074.161,00 Kuna enthalten. Die Bilanz zum 31. Dezember 2011 weise zwar einen auf 636.356,00 Kuna gesunkenen Bank- und Kassenbestand aus. Die Kundenforderungen seien danach jedoch von 619.820,00 Kuna auf 2.342.948,00 Kuna gestiegen. Hierbei handele es sich jedoch überwiegend um Forderungen gegen die Schwestergesellschaft, bei welchen die Werthaltigkeit zu unterstellen sei. Die zum 31. Dezember 2010 noch bestehende Auszahlungsverbindlichkeit auf Grund des Gewinnverwendungsbeschlusses vom 31. März 2010 von 1.632.459 Kuna seien somit allein schon durch die Guthabenbestände und die Forderungen aus Lieferungen abgedeckt, ohne dass ei...

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