Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendbarkeit und Verfassungsmäßigkeit des § 2b EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach der Übergangsregelung des § 52 Abs. 4 S. 2 EStG ist § 2b EStG für negative Einkünfte aus einer Beteiligung an einer Gesellschaft oder Gemeinschaft nicht anzuwenden, wenn die Gesellschaft oder Gemeinschaft in den Fällen der Herstellung vor dem 5.3.1999 mit der Herstellung des Wirtschaftsguts der Einkunftserzielung begonnen hat, in den Fällen der Anschaffung das Wirtschaftsgut der Einkunftserzielung auf Grund eines vor dem 5.3.1999 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsakts angeschafft hat oder anschafft und der Steuerpflichtige der Gesellschaft oder Gemeinschaft vor dem 1.1.2001 beigetreten ist oder beitritt.

2. Die Übergangsregelung geht davon aus, dass vor dem Stichtag eine Gesellschaft bestanden haben muss, denn sowohl ein Anschaffungsvorgang als auch ein Herstellungsvorgang eines Wirtschaftsgutes setzen einen rechtlich existenten Vertragspartner voraus.

3. Ein Modell nach § 2b EStG liegt vor, wenn ein vorgefertigtes Konzept sowie gleichgerichtete Leistungsbeziehungen durch identische Vertragspartner vorliegen. Erforderlich und ausreichend ist, wenn sich Anleger aufgrund eines vom Projektanbieter vorformulierten Vertragswerks beteiligen.

4. § 2b EStG ist verfassungsgemäß, da die Regelung weder zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung führt, noch gegen das objektive Nettoprinzip verstößt, noch eine verfassungswidrige Typisierung enthält, noch zu unbestimmt ist.

 

Normenkette

EStG 1999 §§ 2b, 52 Abs. 4; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.09.2016; Aktenzeichen IV R 2/13)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte zu 10,5 %, die Klägerin zu 89,5 %.

3. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen Nr. 3, Nr. 8 sowie Nr. 15 tragen die Klägerin und der Beklagte im unter 2. ausgeführten Verhältnis. Die Beigeladenen Nr. 7 und Nr. 43 tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

4. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

5. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Klägerin nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat (§§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO).

6. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob § 2b EStG überhaupt anwendbar ist, ggf. ob dessen Voraussetzungen vorliegen, sowie ob diese Norm verfassungsgemäß ist.

Die Klägerin (Kl) wurde unter der Geschäftsbezeichnung X Windkraftanlagenbetriebsgesellschaft bürgerlichen Rechts mit Haftungsbeschränkung (künftig GbR) mit Sitz in A gegründet. Gründungsgesellschafter waren die X Vertriebs-GmbH Co. KG, (künftig Vertriebs-KG) vertreten durch die X Beteiligungs- und Verwaltungs GmbH, diese vertreten durch den Beigeladenen Nr. 15 (und B mit je einem Anteil von DM 1.000. Gegenstand der Gesellschaft ist der künftige Betrieb von fünf Windkraftanlagen (WKA) in der Gemeinde Y (§ 1 Abs. 1). Zur Geschäftsführung und Vertretung der GbR ist jeder Gesellschafter allein befugt (§ 4 Abs. 1). Das Gesellschaftskapital soll durch Aufnahme weiterer Gesellschafter auf bis zu DM … Mio. zzgl. 5 % Agio erhöht und die Gesellschaft im Jahr 2000 in die X Windkraftanlagenbetriebsgesellschaft mbH Co.KG umgewandelt werden. Zur Geschäftsführerin soll künftig eine X-Firma bestellt werden. In § 10 des Vertrages ist u.a. folgendes geregelt:

„(1) Die Gesellschafter haften entgegen dem Grundsatz der persönlich unbeschränkten Haftung hier mit ihrem Privatvermögen nicht in der persönlichen vollumfänglichen Art, sondern nur in Höhe des 2-fachen Betrages ihres gezeichneten Gesellschaftskapitals neben der geleisteten Einlage. Dies ist erforderlich, um eventuelle steuerliche Verlustzuweisungen nutzen zu können.”

Nach den beigezogenen Baugenehmigungsunterlagen der Kreisverwaltung Z (KV), der Verbandsgemeinde (VG) W sowie der Ortsgemeinde Y (OG) stellt sich das Baugenehmigungsverfahren für die WKA wie folgt dar: Die Vertriebs-KG beantragte – laut Schreiben der VG an die KV vom 04.03.1999 – mit Antrag vom 19.02.1999 die Genehmigung zur Errichtung von zwei WKA auf den Parzellen 8 und 78. Mit Antrag vom 29.01.1999 – der bei der VG am 2.2.1999 einging – beantragte die Vertriebs-KG die Genehmigung zur Errichtung von 4 WKA, handschriftlich gestrichen und mit „fünf” ersetzt, auf Flur 3 und 2 Flurstück 78 und 92, und 6, 7/2. Mit weiterem Antrag vom 25.02.1999, der am 01.03.1999 einging, beantragte die Vertriebs-KG die Genehmigung zur Errichtung von 4 WKA, handschriftlich gestrichen und mit „fünf” ersetzt auf Flur 3 und 2, Flurstück 8, 79/80...

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