Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer bei einem mittelbaren Gesellschafterwechsel einer KG. Gesamtplan. keine Rechtswidrigkeit des Grunderwerbsteuerbescheids aufgrund falscher Angaben zum Zeitpunkt des Erwerbs

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine unmittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft liegt nur vor, wenn ein Mitgliedschaftsrecht an der Gesellschaft zivilrechtlich wirksam auf ein neues Mitglied der Personengesellschaft übergeht.

2. Ein 100 % Gesellschafterwechsel liegt aufgrund eines Gesamtplans zur Vermeidung der Grunderwerbsteuer auch dann vor, wenn in zwei Erwerbsvorgänge zunächst 94 % und – nach Ablauf der 5-Jahresfrist – aufgrund einer Bevollmächtigung weitere 6 % der Anteile an einer Personengesellschaft übertragen werden.

3. Entscheidend ist, dass die Einräumung der Vollmacht dazu geführt hat, dass die Bevollmächtigten wirtschaftlich wie Gesellschafter agieren konnten.

4. Dies ist u. a. dann der Fall, wenn die Bevollmächtigung unter der Befreiung von § 181 BGB umfassend, unbefristet und unwiderruflich, auch etwaige Rechtsnachfolger bindend, erteilt wurde.

5. Ein Grunderwerbsteuerbescheid ist nicht allein deshalb rechtswidrig, weil der der Besteuerung unterworfene Rechtsvorgang nicht an dem in dem Steuerbescheid genannten, sondern an einem anderen Tag zustande gekommen ist.

6. Die Vorlage eines lückenhaft notariell beurkundeten Kaufvertrages führt nicht zum Beginn der Festsetzungsfrist nach § 19 GrEStG i. V. m. § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 2a, §§ 3a, 14 Nr. 1, § 17 Abs. 3 Nr. 2, §§ 19-20; AO § 39 Abs. 2 Nr. 1, § 367 Abs. 2 S. 1, § 181 Abs. 1 S. 1, § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; BGB § 167 Abs. 1 Alt. 1, § 181

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der diese auf sich behält.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, die seit 2004 besteht und seit Februar 2006 (Eintragung ins Handelsregister) ihren Sitz in X hat. Zuvor firmierte die Klägerin unter dem Namen Grund-Ges. GmbH & Co. KG (Grund-Ges.) und hatte ihren Sitz in Y.

Am 12. April 2005 schloss die alleinige Kommanditistin der Klägerin (Grund-Ges. P KG, im Folgenden: Altgesellschafterin) als Verkäuferin mit den Erwerbern A und B (im Folgenden auch: Neugesellschafter bzw. Käufer oder Erwerber) einen notariellen Vertrag, wonach von ihrer Kommanditbeteiligung von 1.000 EUR ein Anteil von jeweils 470 EUR, mithin insgesamt 94 %, auf die beiden Erwerber übertragen werden sollte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diesen Vertrag (Bl. 11ff. d. GrESt-Akte) Bezug genommen.

Der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende Gesellschaftervertrag der Klägerin vom 16. Februar 2004 (Bl. 72ff. d. Rechtsbehelfsakte) sah in § 13 Ziff. 1 vor, dass die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Kapitalanteile (auf dem Kapitalkonto I; § 4 Nr. 2) am Vermögen und am Ergebnis der Gesellschaft beteiligt sind. Die seinerzeit persönlich haftende Gesellschafterin Grund-Ges. mbH Y -Z war nicht am Gesellschaftskapital beteiligt.

Am 29. November 2005 wurde notariell eine Änderung zum Kaufvertrag vom 12. April 2005 vereinbart, in der der Kaufpreis für den 94%-Anteil auf x.xxx.xxx EUR festgelegt und somit gegenüber dem ursprünglichen Kaufpreis reduziert wurde. Dieser Kaufpreis wurde unstreitig am 30. November 2005 bezahlt.

Bereits mit notarieller Urkunde vom 25. Mai 2005 (Bl. 30ff. d. GrESt-Akte) hatte die Altgesellschafterin unter Bezugnahme auf den Vertrag vom 12. April 2005 den beiden Erwerbern jeweils einzeln und unter Befreiung von § 181 BGB eine umfassende, unbefristete und unwiderrufliche sowie auch etwaige Rechtsnachfolger bindende Vollmacht erteilt, wegen deren weiteren Einzelheiten auf diese Bezug genommen wird. Die Vollmachtsurkunde wurde den Finanzbehörden (Finanzamt Y) erstmals im November 2009 vorgelegt (Bl. 29 d. GrESt-Akte).

Mit Feststellungsbescheid des Beklagten vom … 2010 nach § 17 GrEStG stellte dieser die Besteuerungsgrundlagen wie folgt gesondert fest:

Erwerb von mindestens 95 v.H. der Anteile Grund-Ges. mbH „Y -Z” & Co. KG (jetzt: A GmbH & Co. KG, …

durch Vertrag … vom 25.05.2005

Die Steuer bemisst sich nach § 8 Abs. 2 GrEStG. Die Werte i.S.d. § 138 Abs. 2 und 3 des Bewertungsgesetzes (Grundbesitzwerte) sind gemäß § 17 Abs. 3a GrEStG nicht in die gesonderte Feststellung aufgenommen. Steuerschuldner: Firma A GmbH & Co. KG …

In den Erläuterungen heißt es, bei dem Vertrag vom 12. April 2005 in Verbindung mit der notariellen Urkunde vom 25. Mai 2005 handle es sich um eine steuerpflichtige Änderung im Gesellschafterbestand der Grund-Ges. mbH Y -Z & Co. KG (jetzt: die Klägerin) nach § 1 Abs. 2a GrEStG. Die Steuer sei am 25. Mai 2005 mit dem Eintritt des letzten zur Tatbestandserfüllung erforderlichen Teilakts entstanden. Denn mit der Vereinbarung vom 25. Mai 2005 hätten die Erwerber neben dem zivilrechtlichen Eigentum an 94 % der Gesellsch...

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