Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewinnzuschlag nach § 6b Abs. 7 EStG bei Auflösung einer § 6b-Rücklage in Höhe von 6 % des aufgelösten Rücklagenbetrags für jedes volle Wirtschaftsjahr nicht verfassungswidrig. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: VI R 20/23)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Gewinnzuschlag nach § 6b Abs. 7 EStG bei Auflösung einer § 6b-Rücklage in Höhe von 6 % des aufgelösten Rücklagenbetrags für jedes volle Wirtschaftsjahr des Bestehens der Rücklage ist auch unter Berücksichtigung des allgemeinen Niedrigzinsniveaus in den in Streit stehenden Wirtschaftsjahren 2019/2020 und 2020/2021 nicht verfassungswidrig. Zwar führt § 6b Abs. 7 EStG zu einer Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der Steuerpflichtigen, die Anlagegüter veräußern, da der Gewinnzuschlag nicht bei allen Steuerpflichtigen, die Anlagegüter veräußern, anzusetzen ist. Gemessen am allgemeinen Gleichheitssatz erweist sich diese Ungleichbehandlung aber als verfassungsgemäß. Eine Änderung der Zuschlagshöhe bedürfte einer Gesetzesänderung durch den Gesetzgeber.

2. Auch im Hinblick auf die Neuregelung zur Höhe der Nachzahlungs- und Erstattungszinsen in § 238 Abs. 1a AO ergibt sich kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Die Wertungen in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, BVerfG, Beschluss v. 8.7.2021, 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17, zu Nachzahlungszinsen können nicht auf den Gewinnzuschlag nach § 6b Abs. 7 EStG übertragen werden, die Wertungen zu Stundungs-, Aussetzungs- und Hinterziehungszinsen dagegen schon.

3. Die Zwecksetzung, eine missbräuchliche Inanspruchnahme von Rücklagen zu verhindern, und die Entschließungsfreiheit des Steuerpflichtigen bei der Rücklagenbildung sind ausreichende Rechtfertigungsgründe, einen Gewinnzuschlag nach § 6 b Abs. 7 EStG unabhängig von der Höhe des wirtschaftlichen Vorteils im Einzelfall in Ansatz zu bringen (Anschluss an FG Münster, Urteil v. 17.11.2000, 2 K 7511/97 E, EFG 2001 S. 350).

 

Normenkette

EStG § 6b Abs. 3 Sätze 1-2, 4-5, Abs. 7; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3, Art. 100 Abs. 1; AO §§ 233a, 238 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägerinnen auferlegt.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Gewinnzuschlags nach § 6b Abs. 7 Einkommensteuergesetz (EStG) bei der Auflösung einer Rücklage gemäß § 6b Abs. 3 EStG.

C.D. und Klägerin Ziff. 2 waren in Erbengemeinschaft Eigentümer eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft. Mit Vertrag vom XX.XX.XXXX veräußerten sie das im Grundbuch des Amtsgerichts E für F unter der Gemarkung F Blatt XXX BV XX Flst. XXXX verzeichnete Grundstück zu einem Veräußerungspreis in Höhe von XXX EUR an die Stadt F. Als Gegenleistung übertrug die Stadt F diverse näher bezeichnete Grundstücke zu einem Veräußerungspreis in Höhe von XXX EUR an C.D. und die Klägerin Ziff. 2. Zusätzlich zahlte die Stadt F ein Aufgeld in Höhe von XXX EUR. Der Übergang von Besitz, Lasten, Nutzen und Gefahr war jeweils bereits zum 1. Januar 2019 erfolgt.

Der Buchwert des durch C.D. und der Klägerin Ziff. 2 veräußerten Grundstücks betrug XXX EUR, so dass sich ein Veräußerungsgewinn in Höhe von XXX EUR ergab. Hiervon abgezogen wurden gemäß § 6b EStG die Anschaffungskosten inklusive Nebenkosten für die von der Stadt F übertragenen Grundstücke in Höhe von XXX EUR. Nach gewinnerhöhender Auflösung eines weiteren Betrags in Höhe von XXX EUR ergab sich im Wirtschaftsjahr 2018/2019 ein Stand der Rücklage gemäß § 6b EStG zum 30. Juni 2019 in Höhe von XXX EUR.

Im Wirtschaftsjahr 2019/2020 wurde die Rücklage gemäß § 6b EStG im Rahmen der Anschaffung weiteren Grundvermögens in Höhe von XXX EUR verwendet und in Höhe von XXX EUR aufgelöst, so dass sich zum 30. Juni 2020 ein Stand in Höhe von XXX EUR ergab.

Mit Gesellschaftsvertrag vom XX.XX.XXXX wurde zum XX.XX.2020 die GbR; Klägerin Ziff. 1 gegründet. Gesellschafter waren C.D. und die Klägerin Ziff. 2 in Erbengemeinschaft zu 2/3 und A.B., zu 1/3.

Die Gründung erfolgte zum Zwecke der gemeinsamen Bewirtschaftung und der Sicherung bzw. Verbesserung der Existenzfähigkeit des landwirtschaftlichen Betriebs.

Das Geschäftsjahr entsprach dem landwirtschaftlichen Wirtschaftsjahr (1. Juli bis 30. Juni).

Die Geschäftsführung und Vertretung erfolgten ausschließlich gemeinsam durch die Klägerin Ziff. 2 und A.B. Die Vertretung gegenüber dem Finanzamt oblag dem Gesellschafter A.B.

Die Erbengemeinschaft C.D./ Klägerin Ziff. 2 überließ der Klägerin Ziff. 1 die gesamten Betriebsflächen und sämtliche Wirtschaftsgebäude zur Nutzung. Sie stellten Sonderbetriebsvermögen der Erbengemeinschaft dar und wurden dorthin einschließlich der Rücklage gemäß § 6b EStG zu Buchwerten übertragen (§ 6 Abs. 3 EStG). Des Weiteren brachten die Gesellschafter die betrieblichen Forderungen, die kurzfristigen Verbindlichkeiten‚ das lebende und tote Inventar, das Vorratsvermögen und die Zahlungsansprüche nach § 6 Abs. 3 EStG zu Buchwerten in das Gesamtshandsvermögen der Klägerin ein.

Für die Überlassung der ...

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