Entscheidungsstichwort (Thema)

Kfz ist kein persönliches Reisegepäck. Keine Geringfügigkeitsklausel für Einfuhrumsatzsteuer und Zoll auf ein aus dem Drittland eingeführtes Kfz

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein aus einem Drittstaat eingeführtes Kfz ist kein persönliches Reisegepäck.

2. Art. 7 der Richtlinie 2007/74/EG – umgesetzt durch § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ZollVG i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 5 EF-VO – enthält keine allgemeine Geringfügigkeitsklausel, so dass auf ein aus einem Drittstaat eingeführtes Kfz auch dann Einfuhrumsatzsteuer und Zoll zu erheben ist, wenn dessen Wert unter 300 EUR liegt.

 

Normenkette

ZK Art. 201; Richtlinie 2007/74/EG Art. 7 Abs. 1 UAbs. 1, Art. 5, 4 Abs. 1; ZollVG § 29; EF-VO §§ 1-2; EGV 1186/2009 Art. 41

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Mit seiner Klage wendet sich der Kläger gegen die Mitteilung von Abgaben in Höhe von 77,94 EUR im Zusammenhang mit der Einfuhr eines gebrauchten Pkw aus der Schweiz in das Zollgebiet der Europäischen Union.

Am 21. Juni 2012 erschien der Kläger beim Zollamt X des beklagten Hauptzollamts (HZA) und meldete mündlich einen in der Schweiz für 303 SFr. (252,26 EUR) erworbenen Pkw der Marke Lancia zum freien Verkehr an. Das Zollamt teilte ihm daraufhin Abgaben i.H.v. 77,94 EUR (25,22 EUR Zoll sowie 52,72 EUR Einfuhrumsatzsteuer) mit. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 23. August 2012) erhob der Kläger mit Schreiben vom 29. August 2012, eingegangen bei Gericht am 3. September 2012, Klage.

Zur Begründung führt er aus, er habe das Fahrzeug im Rahmen des Reiseverkehrs eingeführt; Einfuhrabgaben seien nicht zu erheben gewesen. Die Abgabenfreiheit ergebe sich – wenn nicht bereits aus § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d des Zollverwaltungsgesetzes (ZollVG) und Artikel 5 der Richtline 2007/74/EG des Rates vom 20. Dezember 2007 über die Befreiung der von aus Drittländern kommenden Reisenden eingeführten Waren von der Mehrwertsteuer und den Verbrauchsteuern (ABl. EU Nr. L 346/6, im Folgenden Richtlinie 2007/74/EG) – aus Artikel 7 Abs. 1 Satz 1 der Richtline 2007/74/EG. Die Formulierung „im persönlichen Gepäck” stelle einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der unionsrechtskonform auszulegen sei. Ungeachtet dessen habe die Erhebung von Abgaben wegen Geringfügigkeit zu unterbleiben. Gemäß Artikel 7 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2007/74/EG seien sämtliche mitgeführten Waren bis zum Wert von 300 EUR von Abgaben befreit. Entsprechend weit sei der Begriff des Reisemitbringsels in § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe a der Einreise-Freimengen-Verordnung (BGBl. I 2008, 2235, im Folgenden EF-VO) zu fassen. Die Richtlinie 2007/74/EG gehe ausweislich ihrer Erwägungen auf die Richtlinie 69/169/EWG zurück. Aus Artikel 3 Nr. 1 dieser Richtlinie gehe hervor, dass die gesamte Reiseausrüstung zum Regelungsgegenstand gehöre. Zweck dieser Befreiung sei die Entlastung der zollamtlichen Überwachung und die Erleichterung des Reiseverkehrs. Zudem diene die Befreiung der Vermeidung einer Doppelbesteuerung. Allen drei Aspekten würde es nicht gerecht, wenn eine Abgrenzung dahingehend stattfinde, ob eine Ware zum Reisegepäck gehöre oder nicht. Auch das Bundesministerium für Finanzen differenziere in seinen Publikationen nicht danach, ob eine Sache zum Reisegepäck gehöre oder nicht. Es werde lediglich vorausgesetzt, dass der Reisende die betreffenden Waren mit sich führe und sie für den persönlichen Ge- oder Verbrauch bestimmt seien. Diese Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt. Er habe den streitgegenständlichen Pkw als Reisender mit sich geführt. Er sei auch zu dem persönlichen Gebrauch bestimmt gewesen, nämlich um aus der Schweiz zurück nach Y/Deutschland zu gelangen. Auch die Wertgrenze von 300 EUR habe er eingehalten.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des HZA über Einfuhrabgaben vom 21. Juni 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. August 2012 aufzuheben.

Das HZA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die vom Kläger beantragte Zollbefreiung werde nur gewährt, wenn die Waren im persönlichen Gepäck des Reisenden eingeführt würden. Unstreitig habe der Kläger das Fahrzeug jedoch selbstfahrend auf eigener Achse eingeführt. Es handelte sich weder um ein Gepäckstück noch um eine Ware im persönlichen Gepäck im Sinne der genannten Vorgaben. Nach gängiger Auslegung sei eine Ware nur dann als Gepäckstück oder als im persönlichen Gepäck befindlich zu bezeichnen, wenn sie mit menschlicher Kraft getragen werden könne. Dies sei bei einem Fahrzeug unmöglich. Daher scheide die begehrte Abgabenbefreiung aus, ungeachtet der Umstände, dass die Wertgrenze von 300 EUR unterschritten sei und es sich offensichtlich um eine nicht gewerbliche Einfuhr im Reiseverkehr handle.

Mit Kurzmitteilung vom 4. März 2013 wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass auf Grund des geringen Betrages, um den gestritten wird, auch ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden könne, wenn eine solche von den Betei...

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