rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer (ESt) 1996

 

Tenor

1. Der ESt-Bescheid 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. April 1997 wird dahingehend geändert, daß die ESt auf … DM herabgesetzt wird.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in Höhe des mit Kostenfestsetzungsbeschluß errechneten Betrags Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin (Klin) erzielt als … lehrerin Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Sie bewohnte bis einschließlich Mai 1996 eine Zweizimmerwohnung mit Küche und Bad im ersten Obergeschoß des Hauses …. Für die Anmietung dieser Wohnung hatte sie einen schriftlichen Mietvertrag abgeschlossen.

Während der Mietzeit mietete sie mit einem weiteren – separaten – Vertrag ab 1. Januar 1995 eine zu diesem Zeitpunkt freigewordene Einzimmerwohnung im Erdgeschoß desselben Gebäudes an. Diese Erdgeschoßwohnung ist sowohl von den übrigen im Erdgeschoß befindlichen Räumen als auch von der Wohnung der Klin im ersten Obergeschoß getrennt. Ein direkter Zugang von der Obergeschoßwohnung zur Erdgeschoßwohnung besteht nicht. Unstreitig nutzt die Klin die Einzimmerwohnung im Erdgeschoß so gut wie ausschließlich für berufliche Zwecke.

In ihrer beim Beklagten (Bekl) am 1. April 1997 für das Streitjahr eingereichten Einkommensteuer (ESt)-Erklärung 1996 machte die Klin bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit unter anderem folgende – betragsmäßig unstreitige – Aufwendungen für ein Arbeitszimmer geltend:

Arbeitszimmer … (5 Monate):

Miete

…,– DM

Heizung, Strom

…,– DM

Arbeitszimmer … (7 Monate):

lt. separater Anlage

…,– DM

Arbeitszimmer gesamt

…,– DM

Im ESt-Bescheid 1996 vom 16. Juni 1997 ließ der Bekl unter Hinweis auf § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 6 b Einkommensteuergesetz (EStG) nur einen Betrag von 2.400,– DM zum Werbungskostenabzug zu.

Hiergegen legte die Klin rechtzeitig Einspruch ein, den der Bekl durch Einspruchsentscheidung vom 27. August 1997 als unbegründet zurückwies.

Mit der hiergegen erhobenen Klage trägt die Klin vor, die Aufwendungen für ihr Arbeitszimmer von Januar bis Mai des Streitjahres seien in unbeschränkter Höhe anzuerkennen, da es sich bei diesem Raum um kein „häusliches” Arbeitszimmer handele. Die berufliche Nutzung stehe auch für den Bekl wohl außer Frage. Sie sei … lehrerin und benötige für die umfangsreiche Unterrichtsvor- und -nachbereitung ein Arbeitszimmer, in dem sie auch in handwerklicher Arbeit Unterrichtsmaterialien fertige.

Die zufällige räumliche Nähe des Arbeitszimmers zur Wohnung dürfe nicht als Beurteilungskriterium herangezogen werden. Entscheidend sei vielmehr, daß sich das angemietete Arbeitszimmer nicht in ihrer Mietwohnung befinde. Nachdem die 1-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoß frei geworden sei, habe sie diese aufgrund eines separaten Willensaktes gemietet.

Die Klin beantragt,

den ESt-Bescheid 1996 vom 16. Juni 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. August 1997 dahingehend zu ändern, daß die ESt auf … DM herabgesetzt wird.

Der Bekl beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er führt zur Begründung aus, hinsichtlich des Begriffs des häuslichen Arbeitszimmers könne man sich an der zur Bestimmung der Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb entwickelten Rechtsprechung orientieren, da die dortige Problemstellung vergleichbar sei. Beruflich genutzte Räume seien wegen der Zugehörigkeit zum Wohnhaus oder zur Wohnung des Steuerpflichtigen als häusliches Arbeitszimmer zu qualifizieren. Dabei sei die räumliche Integration nicht notwendig, es genüge vielmehr die räumliche Nähe. Dies gelte auch für angemietete Räume im selben Gebäude. Unter Anwendung dieser Grundsätze sei die im selben Gebäude angemietete Wohnung ein häusliches Arbeitszimmer im Sinne der Regelung des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG.

Beide Beteiligte haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO–).

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Zu Unrecht hat der Bekl die Aufwendungen der Klin für den in … angemieteten, nahezu ausschließlich beruflich genutzten Raum nicht in voller Höhe zum Abzug zugelassen. Denn dieser Raum war kein „häusliches Arbeitszimmer” im Sinne von § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 6 b Einkommensteuergesetz (EStG).

Nach den letztgenannten Vorschriften in den für das Streitjahr geltenden Fassungen sind Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur dann in voller Höhe als Werbungskosten abzugsfähig, wenn dieses den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung des Steuerpflichtigen bildet. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, können die Werbungskosten insgesamt nur bis zu einer Höhe von 2.400 DM dann abgezogen werden, wenn die berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 v. H. der gesamten beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit beträgt oder der Arbeitgeber einen für die b...

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