Entscheidungsstichwort (Thema)

Kfz-Steuerbefreiung für „Rettungsdienst” gemäß § 3 Nr. 5 KraftStG: ausschließlich zur Durchführung eiliger Bluttransporte benutzte Fahrzeuge

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Unter „Rettungsdienst” im Sinne des § 3 Nr. 5 KraftStG fallen solche Einsätze, durch die akuten Notständen begegnet werden soll. Hierunter fallen Situationen, in denen unmittelbar Gefahr für Leib oder Leben besteht, also Fälle, in denen Sofortmaßnahmen zur Errettung aus solchen Gefahren geboten erscheinen. Insoweit ist grundsätzlich für die Auslegung des Begriffs „Rettungsdienst” gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG auch auf das Verkehrsrecht abzustellen (Anschluss an BFH, Urteil v. 22.8.1989, VII R 9/87).

2. Der von einer Rettungsdienst GmbH für eine Blutzentrale durchgeführte Transport von eilig benötigten Blutkonserven (zum Beispiel bei Unfällen und ähnlichen Akutsituationen) fällt unter den Begriff des Rettungsdienstes im Sinne des § 3 Nr. 5 KraftStG. Sind Fahrzeuge äußerlich als für diese Zwecke bestimmt erkennbar (im Streitfall: jeweils rot/weiß lackierte, mit reflektierenden Streifen an der Seite und auf allen Seiten mit dem Rot-Kreuz-Symbol und der Aufschrift „Deutsches Rotes Kreuz” versehene, an der Seite mit dem Wort „Rettungsdienst” beschriftete, über eine Blaulichtanlage und Martinshorn verfügende Fahrzeuge) sowie nach ihrer Bauart und Einrichtung den bezeichneten Verwendungszwecken angepasst (im Streitfall: über eine für Bluttransporte ausreichende Ladekapazität verfügende, bauartbedingt für zügige Transportfahrten ausgelegte Fahrzeuge), und werden sie ausschließlich für eilige Bluttransporte genutzt, so sind sie nach § 3 Nr. 5 KraftStG steuerbefreit. Nicht steuerbefreit wäre der „Regeltransport” von Blut zur Versorgung von Einrichtungen mit einem Grundvorrat.

3. Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 KraftStG setzt nicht Umbau- und Anpassungsmaßnahmen voraus, die eine erhebliche Änderung der Konzeption des Fahrzeugs bewirken, eine sinnvolle Nutzung des Fahrzeugs für andere als steuerbegünstigte Zwecke ausschließen, somit dauerhaft sind und nicht mit geringem Aufwand wieder rückgängig gemacht werden können (gegen Finanzgericht Neustadt, Urteil v. 24.4.2009,4 K 2597/08, EFG 2009 S. 1338).

 

Normenkette

KraftStG § 3 Nr. 5 Sätze 1-3, § 2 Abs. 2 Nr. 1; StVO § 35 Abs. 5a

 

Tenor

1. Die Kraftfahrzeugsteuerbescheide des Beklagten vom 12. Dezember 2016 in Form der Einspruchsentscheidung vom 4. August 2017 für die Kraftfahrzeuge mit den amtlichen Kennzeichen xx-xx x, xx-xx yy und xx-yy yy werden dahingehend geändert, dass die Fahrzeuge von der Kraftfahrzeugsteuer befreit werden und die Kraftfahrzeugsteuer jeweils auf 0 EUR festgesetzt wird.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, haben die Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet haben.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Fahrzeuge, die die Klägerin ausschließlich zur Durchführung eiliger Bluttransporte benutzt, gemäß § 3 Nr. 5 Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) von der Steuer befreit sind.

In X befindet sich eine Blutzentrale. In dieser Blutzentrale werden große Mengen an Blut vorrätig gehalten, insbesondere auch seltene Blutgruppen, die regelmäßig anderen Orts nicht vorrätig gehalten werden. Die Klägerin, die Rettungsdienst GmbH, führt für diese Blutzentrale den Transport der Blutkonserven durch. Für den Transport von eilig benötigten Blutkonserven (zum Beispiel bei Unfällen und ähnlichen Akutsituationen) hielt die Klägerin im Streitzeitraum drei Kraftfahrzeuge vor, die unstreitig ausschließlich zum Transport von Blutkonserven bei akuten Notfällen genutzt wurden. Die Eiltransporte erfolgten bundesweit sowie nach Österreich und in die Schweiz. Im Einzelnen handelte es sich hierbei um Fahrzeuge des Typs VW Passat Variant mit den amtlichen Kennzeichen xx-xx x, xx-xx yy und xx-yy yy.

Die Fahrzeuge waren jeweils rot/weiß lackiert mit reflektierenden Streifen an der Seite und auf allen Seiten mit dem Rot-Kreuz-Symbol und der Aufschrift „Deutsches Rotes Kreuz” versehen. An der Seite befand sich zudem der Schriftzug „Rettungsdienst”. Zusätzlich waren die Fahrzeuge mit einer Blaulichtanlage und Martinshorn versehen, welche auf der Dachreling der Fahrzeuge angebracht und über eine Verkabelung in den hierfür angebohrten B-Säulen der Fahrzeuge mit Strom versorgt und angesteuert werden konnten. Ferner verfügten die Fahrzeuge über ein analoges Funkgerät, das in der Reserveradmulde im Kofferraum verbaut und über eine Verkabelung mit dem Fahrerraum verbunden war.

Mit Schreiben vom 11. Oktober 2016 beantragte die Klägerin für die...

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