Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Auswirkungen der Rspr. des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit der rückwirkenden Herabsetzung der Beteiligungsquote in § 17 EStG durch das StEntlG 1999/2000/2002 bei Beteiligung von mehr als 25 % in den letzten fünf Jahren vor der Veräußerung im Jahr 2008. Beteiligungshöhe im Zeitpunkt der Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002 und im Zeitpunkt der Veräußerung für die verfassungsrechtliche Beurteilung maßgebend

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Überschreitung der Beteiligungsgrenze im Rahmen des § 17 EStG kommt es nicht darauf an, wie lange der Steuerpflichtige maßgeblich beteiligt war; es reicht bereits ein kurzfristiges Innehaben einer relevanten Beteiligung innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung der Beteiligung aus.

2. Veräußert der Steuerpflichtige im Jahr 2008 eine Beteiligung an einer GmbH, an der er vor 1999 mit weniger als 25 %, innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung aber einmal mit mehr als 25 % beteiligt war, so ist der Veräußerungsgewinn nicht aufgrund des Beschlusses des BVerfG v. 7.7.2010 (Az.: BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05), wonach die rückwirkende Absenkung der Beteiligungsquote bei der Besteuerung privater Veräußerungen von Kapitalanteilen durch § 17 Abs. 1 in Verbindung mit § 52 Abs. 1 S. 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 teilweise verfassungswidrig ist, steuerfrei zu stellen, sondern unterliegt in vollem Umfang unter Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens der Einkommensteuer. Da der Steuerpflichtige in den letzten fünf Jahren vor Veräußerung zu mehr als 25 % beteiligt war, wäre der Veräußerungsgewinn auch nach der vor dem StEntlG 1999/2000/2002 gültigen Rechtslage steuerbar gewesen, so dass die Entscheidung des BVerfG keine Auswirkungen auf die steuerrechtliche Beurteilung des Veräußerungsgewinns hat. Das gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige den Hinzuerwerb der zur Überschreitung der 25 %-Grenze führenden Anteile bei Kenntnis der erst später ergangenen Rspr. des BVerfG unterlassen hätte.

3. Das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 ist nach dem BVerfG-Beschluss vom 7.7.2010 (Az.: 2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05) nur insoweit partiell nichtig, als „in einem Veräußerungsgewinn Wertsteigerungen steuerlich erfasst werden, die bis zur Verkündung des StEntlG 1999/2000/ 2002 am 31.3.1999 entstanden sind und die entweder – bei einer Veräußerung bis zu diesem Zeitpunkt – nach der zuvor geltenden Rechtslage steuerfrei realisiert worden sind oder – bei einer Veräußerung nach Verkündung des Gesetzes – sowohl zum Zeitpunkt der Verkündung als auch zum Zeitpunkt der Veräußerung nach der zuvor geltenden Rechtslage steuerfrei hätten realisiert werden können”.

4. Die vom Kläger eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BFH mit Beschluss v. 2.6.2016 (Az.: IX B 10/16) als unbegründet zurückgewiesen.

 

Normenkette

EStG 2007 § 17 Abs. 1 Sätze 1, 4, Abs. 2, § 3 Nr. 40; EStG 1999 i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 § 17 Abs. 1 S. 1; EStG 1999 i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 § 52 Abs. 1 S. 1; GG Art. 20 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 02.06.2016; Aktenzeichen IX B 10/16)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist der Ansatz eines Veräußerungsgewinns im Sinne des § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) im Jahr 2008.

Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie waren beide bis zum Streitjahr an der A Vertriebs-GmbH beteiligt. Diese wurde 1983 gegründet und war als Vertriebsgesellschaft des ausländischen Unternehmens „A” tätig. Der Vertriebsvertrag endete am 31.12.2008.

Der Kläger erwarb zunächst Anfang der 1990er einen Anteil an der A Vertriebs-GmbH in Höhe von 19,5 % und zum 23.7.1996 weitere 4,5 %. Ebenfalls mit Datum vom 23.7.1996 erwarb die Klägerin einen Anteil in Höhe von 4 %.

Mit Vertrag vom 6.12.2004 übertrug die Klägerin einen Teilanteil von 2 % mit Wirkung zum 31.10.2004 unentgeltlich an den Kläger, sodass dieser nunmehr zu 26 % an der GmbH beteiligt war.

Der Kläger übertrug anschließend mit Vertrag vom 27.12.2004, auf den verwiesen wird, zwei Teilanteile in Höhe von jeweils 10 % an seine beiden Töchter rückwirkend zum 30.11.2004. Als Gegenleistung behielt sich der Kläger in Abschnitt II § 2 des Vertrages den vollumfänglichen Nießbrauch an den jeweils überlassenen Geschäftsanteilen sowie näher bezeichnete Rückforderungsrechte vor; darüber hinaus sind in Abschnitt III Nr. 2 Fälle aufschiebend bedingter Rückabtretung geregelt. Schenkungsteuerrechtlich wurden die Anteile mit jeweils xxx.xxx EUR bewertet.

Der Nießbrauch wurde mit Vertrag vom 24.10.2008 ohne Gegenleistung aufgehoben; die vereinbarten Rückforderungsrechte und die aufschiebend bedingte Rückabtretung blieben unberührt.

Zuletzt betrug somit der Anteil des Klägers an der A Vertriebs-GmbH 6 % und der Anteil der Klägerin 2 %.

Mit notariellem Vertrag vom 3.12.2008 wurden im Wesentlichen sämtliche Anteile an der...

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