Entscheidungsstichwort (Thema)

Konversion militärischer Liegenschaften durch einen Zweckverband als hoheitliche oder als unternehmerische Tätigkeit. Umsatzsteuer-Vorauszahlung März 2000

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Zweckverband, der als Körperschaft des öffentlichen Rechts die Konversion militärischer Liegenschaften betreibt und dem durch seine Mitglieder hoheitliche Befugnisse übertragen worden sind, kann neben dem hoheitlichen Bereich je nach Tätigkeitsbereich auch einen oder mehrere Betrieb(e) gewerblicher Art unterhalten und insoweit als Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt sein. Er ist also nicht etwa steuerlich zwingend entweder vollständig als Hoheitsbetrieb oder vollständig als Unternehmer zu behandeln.

2. Der tatsächlich im Rahmen des allgemeinen wirtschaftlichen Marktgeschehens in den dafür in der Rechtsordnung bereitstehenden Rechtsformen des Zivilrechts abgewickelte An- und Verkauf von Grundstücken auf dem Gelände bildet auch dann einen Betrieb gewerblicher Art des Zweckverbands, wenn er der Boden- und Siedlungspolitik des Verbands und seiner Trägerkörperschaften dient.

3. Dagegen werden die dem Verband als öffentliche Aufgabe übertragenen, von ihm auf eigene Rechnung durchgeführten Erschließungsmaßnahmen (Planung, Bau und Unterhalt von Straßen, Be- und Entwässerung) auch dann hoheitlich und nicht unternehmerisch ausgeübt, wenn der Verband dabei ausschließlich auf eigenem Gelände tätig wird und deswegen nicht auf hoheitliche Machtmittel gegenüber gewaltunterworfenen Bürgern angewiesen ist. Dass der erschlossene Grundbesitz anschließend vermarktet werden soll, ändert daran nichts, der Betrieb gewerblicher Art „An- und Verkauf von Grundstücken” ist insbesondere nicht zu einem Vorsteuerabzug aus den Erschließungsmaßnahmen berechtigt.

 

Normenkette

UStG 1999 § 2 Abs. 3 S. 1, Abs. 1, § 15 Abs. 1-2; KStG § 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 01.07.2004; Aktenzeichen V R 64/02)

BFH (Urteil vom 01.07.2004; Aktenzeichen V R 64/02)

 

Tenor

1. Der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid vom 9. Oktober 2000 wird geändert: Für März 2000 wird eine Umsatzsteuer-Vergütung in Höhe von … DM = … EUR festgesetzt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger 3/5 und der Beklagte 2/5.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, falls der Kläger nicht seinerseits Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, inwieweit der klagende Zweckverband, der als Körperschaft des öffentlichen Rechts die Konversion militärischer Liegenschaften betreibt, als Unternehmer tätig und somit zum Vorsteuerabzug berechtigt ist (§ 2 Abs. 1, 3 Satz 1, § 15 UmsatzsteuergesetzUStG –).

Der Kläger wurde als Zweckverband nach dem einschlägigen Landesrecht als Körperschaft des öffentlichen Rechts am 1. Oktober 1994 durch verschiedene kommunale Körperschaften gegründet. Mitglieder sind neben dem Landkreis … (Landkreis) mehrere kreisangehörige Gemeinden und ein Gemeindeverwaltungsverband, auf deren Gemarkung bzw. in deren Nähe das früher militärisch genutzte Flugplatzgelände … (B.) liegt, sowie die Stadt … (F.). Als Verbandsgebiet ist in § 1 Abs. 3 der Verbandssatzung das Gebiet des früheren Militärflugplatzes definiert. Die Aufgaben des Zweckverbands ergeben sich aus § 2 der Verbandssatzung wie folgt:

„(1) Der Zweckverband plant und erschließt das Verbandsgebiet, erwirbt und veräußert dort Grundstücke, siedelt Betriebe an, errichtet, unterhält und betreibt die im Verbandsgebiet erforderlichen kommunalen Einrichtungen.

(2) Der Zweckverband übernimmt für das Verbandsgebiet die Aufgaben eines Planungsverbandes im Sinne des § 205 Abs. 1 BauGB. …

(3) Der Zweckverband übernimmt für das Verbandsgebiet von den Gemeinden … die Verpflichtung zur Aufstellung von Grünordnungsplänen nach § 9 des Naturschutzgesetzes für Baden-Württemberg.

(4) Die Gemeinden … übertragen dem Zweckverband das Recht, im Verbandsgebiet die Gas-, Strom-, Wasser- und sonstigen Versorgungseinrichtungen sowie die Entwässerungs- und sonstigen Erschließungsanlagen zu schaffen. Sie übertragen dem Zweckverband ferner die mit diesen Anlagen und Einrichtungen zusammenhängenden Rechte und Pflichten, insbesondere das Recht zum Abschluß von Konzessionsverträgen, zur Ausübung des Anschluß- und Benutzungzwangs, zur Erhebung von Kommunalabgaben … sowie die Aufgaben des Trägers der Straßenbaulast nach den §§ 43 Abs. 4 und 44 StrG ….

(5) Die Gemeinde E. überträgt dem Zweckverband die Aufgabe der Abwasserentsorgung für das Schmutzwasser auf dem Grundstück … der Gemarkung E.. Die Gemeinde Ha. überträgt dem Zweckverband die Aufgabe der Abwasserentsorgung für das Schmutzwasser auf den Grundstücken … der Gemarkung B.. Die Übertragung umfaßt auch das Recht zum Erlaß der entsprechenden Satzungen und zur Erhebung von Gebühren und Beiträgen.

(6)….

(7)….”

Die Verbandsverwaltung wird nach § 9 der Satzung durch einen Verbandsdirektor und weitere Bedienstete geführt. Organe des Z...

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