rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhebung von Zoll für einen nach einer Reparatur und Inspektion aus dem Drittland wiedereingeführten Ferrari. Zollschuldner bei vorschriftswidriger Einführung des Ferrari in das Gemeinschaftsgebiet. Verjährung der Zollschuld

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Durch die Ausfuhr in die Schweiz verliert ein Fahrzeug seinen zollrechtlichen Status als Gemeinschaftsware.

2. Bei der Wiedereinfuhr in das Inland ist der Wert des Fahrzeugs insgesamt zu verzollen, wenn die passive Veredelung nicht vor der Ausfuhr der Ware bewilligt worden ist.

3. Eine Befreiung kommt nur dann in Betracht, wenn das Fahrzeug sich bei der Wiedereinfuhr im gleichem Zustand wie bei der Ausfuhr befindet. Dies ist nicht der Fall, wenn das Fahrzeug vor der Wiedereinfuhr repariert wurde.

4. Bei Veredelungsmaßnahmen, die außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft an Waren aus der Europäischen Gemeinschaft durchgeführt werden, ist grundsätzlich von einer Abgabenentstehung auszugehen und zwar entweder durch die Überführung in den zollrechtlichen freien Verkehr nach Bewilligung des Verfahrens der passiven Veredelung oder durch vorschriftswidriges Verbringen.

5. Zollschuldner ist derjenige, der das Fahrzeug persönlich vorschriftswidrig in das Gebiet der Europäischen Gemeinschaft verbringt und dessen Auftraggeber. Subjektiv setzt die Annahme einer Zollschuldnerschaft voraus, dass die Person wusste oder hätte wissen müssen, dass die Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wurde.

6. Der Zollschuldner trägt das Risiko, dass die Zollschuld bei dem Mitschuldner aufgrund Verjährung nicht mehr beigetrieben werden kann.

7. Treu und Glaube steht einer Inanspruchnahme eines Gesamtschuldners bei Verjährung der Zollschuld gegen den Mitschuldner nur dann entgegen, wenn jede andere Entscheidung als die Inanspruchnahme des Mitschuldners rechtsfehlerhaft gewesen wäre.

 

Normenkette

ZK Art. 202 Abs. 3, Art. 4 Nrn. 8, 15, 16a, Art. 48, 59 Abs. 1, Art. 61, 145 Abs. 3, Art. 153, 185 Abs. 1, Art. 186, 212a, 213, 217 Abs. 1, Art. 220-221; ZKDV Art. 230, 232-234; ZKDV Art. 846; UStG § 21 Abs. 2, § 11 Abs. 2 S. 1; FGO § 102; AO §§ 44, 5; BGB § 421

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 09.09.2009; Aktenzeichen VII B 11/09)

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Erhebung von Zoll für einen aus der Schweiz eingeführten Ferrari 456.

Der Kläger ist angestellter Fahrer der … GmbH (X GmbH) mit Sitz in A. Am 28. Mai 2001 erschien der Kläger als Fahrer eines auf seine Arbeitgeberin zugelassenen Pkw Daimler-Chrysler mit Anhänger beim beklagten Hauptzollamt (HZA), Zollamt W (ZA), zur Ausreise in die Schweiz. Auf dem Anhänger befand sich ein Ferrari 456 mit dem deutschen amtlichen Kennzeichen …. Halter des Pkw Ferrari war ebenfalls die X GmbH, Halter des Anhängers war Herr Y, Geschäftsführer der X GmbH.

Im Rahmen der Ausreisekontrolle stellte sich heraus, dass die X GmbH den Ferrari im Oktober 2000 bei einer Schweizer Vertragswerkstatt des Herstellers, der Z-Firma, zur Inspektion gegeben hatte. Dabei waren laut Rechnung vom 30. November 2000 u. a. ein 50.000 km-Wartungsdienst nach Werkvorschrift vorgenommen worden. Zusätzlich hatte die Werkstatt Zahnriemen und Lager von Flachriemenspannrollen ersetzt, die Lenkgeometrie vermessen und komplett eingestellt, zwei neue Reifen montiert und ausgewuchtet, einen Schweinwerfermotor ersetzt und verschiedene Messungen bzw. Kontrollen durchgeführt. Des Weiteren war ein Karosserieschaden behoben worden, der Spengler- und Lackierarbeiten notwendig gemacht hatte. Hierzu waren entsprechende Vor- und Nacharbeiten nötig gewesen wie z. B. das Demontieren und anschließende Montieren der Motorhaube und der Stoßstange etc. Die Rechnung über die durchgeführten Arbeiten belief sich auf insgesamt 14.565,05 Schweizer Franken (SFr) inklusive einer (Schweizer) Mehrwertsteuer (MwSt) von 7,5 %.

Auf Anweisung der X GmbH hatte der Kläger am 26. Oktober 2000 den Ferrari aus der Schweiz abgeholt. Dabei führte er das Fahrzeug über das beklagte HZA in das Gebiet der Europäischen Gemeinschaft ein, ohne eine entsprechende Zollanmeldung abzugeben.

Aufgrund dieses Sachverhalts setzte das beklagte HZA mit Steuerbescheid vom 10. Juli 2001 Einfuhrabgaben i. H. v. insgesamt 31.363,64 DM fest (11.363,64 DM Zoll und 20.000 DM Einfuhrumsatzsteuer – EUSt –) und forderte den Kläger zur Zahlung der Abgaben auf. Der Abgabenberechnung lag ein Zollwert i. H. v. 125.000 DM zugrunde, den das HZA aufgrund von Erkundigungen über den Zeitwert des Fahrzeugs (ohne MwSt) bei einem deutschen Ferrari-Vertragshändler bestimmt hatte. Zur Berechnung der EUSt zog das beklagte HZA ebenfalls den Zeitwert heran, zuzüglich der von ihm berechneten 10% Euro-Zoll. Der Einspruch des Klägers wurde mit Einspruchsentscheidung vom 21. September 2001 als unbegründet zurückgewiesen. Beide Bescheide gingen vom Kläger als alleinigem Abgabenschuldner aus.

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