rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermittlung von Sportwetten ist umsatzsteuerpflichtig

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Veranstalter einer Wette ist, wer der Inhaber der entsprechenden öffentlich-rechtlichen Genehmigung ist und das Spiel- oder Wettgeschehen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht maßgeblich gestaltet; das heißt insbesondere die Wettquoten festsetzt.

2. Lediglich Vermittler einer Wette ist, wer die Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages nachweist, ohne Einfluss auf die Festsetzung der Wettquoten oder die Ausgestaltung der Wettbedingungen zu haben und kein endgültiges Risiko trägt, Gewinne mit einem von ihm zu tragenden Verlust auszuzahlen. Dem steht nicht entgegen, dass der Name des Vermittlers als „Kassierer” auf dem Wettschein angegeben wird.

3. Der Vermittler stellt als unabhängige Zwischenperson keine feste Niederlassung des Leistungsempfängers dar.

4. Die Vermittlung von Sportwetten fällt nicht unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 b UStG und ist daher steuerpflichtig

 

Normenkette

UStG § 3a Abs. 2 Nr. 4, Abs. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 9b

 

Tenor

1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 17. Mai 2011 wird der Umsatzsteuerbescheid 2005, zuletzt vom 18. Juni 2007, geändert. Die Umsatzsteuer wird auf (…) Euro festgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Schuldner kann die Vollstreckung durch einfache Erklärung abwenden, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger Sportwetten selbst oder als Vermittler angeboten hat.

Der Kläger betrieb im Streitjahr ein Café und ein Wettbüro. Am 17. September 2004 schloss er mit der Firma X GmbH mit Sitz in der A Straße 1 in Y (Österreich; nachfolgend: X) einen „Vertrag zur Nutzung von Software-Leistungen (Application Software Providing)” (nachfolgend: Vertrag). Weitere Vereinbarungen bestanden zwischen dem Kläger und X nicht. Nach dem Vertrag erbrachte X als Anbieter an den Kläger als Kunde Software-Leistungen. Diese bestanden darin, dass der Kläger unter Nutzung eines von X zur Verfügung gestellten Computersystems Sportwetten anbieten konnte. Im Vertrag war geregelt, dass das Computersystem die vom Kläger in das System eingegebenen Sportwetten an die Firma Z mit Sitz in der B Straße 3 in Y (Österreich) vermittelte. Aufgrund des Vertrags hatte der Kläger eine einmalige Einrichtungsgebühr in Höhe von 800 EUR und ein monatliches Nutzungsentgelt von 100 EUR pro eingerichteter Kasse zu bezahlen sowie 50 % des sogenannten „Hold” an X abzuführen. Der Hold war im Vertrag definiert als die Summe aller eingezahlten Wetteinsätze abzüglich der Summe aller ausgezahlten Gewinne und wurde jeweils zum 15. und zum Letzten eines Monats ermittelt (§ 7.1 des Vertrags). Überstieg die Summe der eingezahlten Wetteinsätze die Summe der ausgezahlten Gewinne (positiver Hold) so waren 50 % des Überschusses innerhalb von drei Werktagen nach Gutschrifterteilung an X auszuzahlen (§ 7.2 des Vertrags). Einen negativen Hold hatte der Kläger für zwei Stichtage vorzustrecken und konnte diesen mit zukünftigen positiven Holds verrechnen. Sofern ein Ausgleich innerhalb der nächsten sechs Stichtage nicht möglich war, stand dem Kläger ein Kündigungsrecht zu. In diesem Fall wurde ihm von X der gesamte Negativbetrag, d.h. die Summe aller negativen Holds ausgezahlt (§ 7.5 des Vertrags). Gewinne in einer Größenordnung von 5.000 EUR oder mehr durfte der Kläger grundsätzlich nur im Beisein einer Vertrauensperson von X auszahlen. Für den Fall, dass dem Kläger nicht ausreichend Bargeld zur Auszahlung des Gewinns von 5.000 EUR oder mehr zur Verfügung stand, stellte X in Aussicht, ein entsprechendes Darlehen zu gewähren (§ 13 des Vertrags). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den in den Handakten der Betriebsprüfung vorhandenen Vertrag Bezug genommen (Handakten der Betriebsprüfung, Bl. 14-17 und 31-40).

Die vom Kläger ausgestellten Wettscheine wiesen unter einer deutlich hervorgehobenen Überschrift „X” als Adresse die Anschrift des Wettbüros und die Telefonnummer des Klägers aus. Neben verschiedenen Angaben, die abgeschlossenen Wetten betreffend, wurde der Name des Klägers als „Kassierer” angegeben. Wegen der Ausgestaltung des Wettscheins wird auf die in den Akten vorhandene Kopie verwiesen (Handakten der Betriebsprüfung, Bl. 44).

Im Rahmen einer bei dem Kläger durchgeführten Außenprüfung vertrat die Betriebsprüfung die Auffassung, der dem Kläger verbliebene Teil des positiven Holds sei als Entgelt für eine steuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistung anzusehen. Der Beklagte schloss sich dieser Auffassung an und erhöhte mit Bescheiden vom 7. September 2006 die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für das dritte und vierte Quartal 2005 entsprechend. Hiergegen legte der Kläger form- und fristgemäß Einspruch ein. Während des laufenden Einspruchsverfahrens erging am 18. Juni 2007 der Umsatzsteuerbescheid 2005. Dar...

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