Entscheidungsstichwort (Thema)

Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Jahr der Eheschließung (bis zur Heirat) bei Durchführung der besonderen Veranlagung nach § 26c EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach § 24b EStG kann auch im Jahr der Eheschließung für den Zeitraum bis zur Heirat beansprucht werden, wenn zwischen den Eheleuten bis zu diesem Zeitpunkt keine Haushaltsgemeinschaft bestand und die besondere Veranlagung nach § 26c EStG durchgeführt wird.

 

Normenkette

EStG 2012 §§ 26c, 24b

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.11.2015; Aktenzeichen III R 17/14)

BFH (Urteil vom 05.11.2015; Aktenzeichen III R 17/14)

 

Tenor

1. Der Einkommensteuerbescheid vom 22. Mai 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. August 2013 wird in der Weise geändert, dass die Einkommensteuer für 2012 auf 1.052 EUR herabgesetzt wird.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Die Entscheidung ist wegen der der Klägerin zu erstattenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Betragen diese nicht mehr als 1.500 EUR, ist die Entscheidung hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann in diesem Fall die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des mit Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Kostenerstattungsbetrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Übersteigt der Kostenerstattungsanspruch den Betrag von 1.500 EUR, ist die Entscheidung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Erstattungsbetrages vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Alleinerziehender im Jahr der Eheschließung durch Wahl der besonderen Veranlagung (§ 26c des EinkommensteuergesetzesEStG –, hier in der bis zum Veranlagungszeitraum 2012 geltenden Fassung) für den Zeitraum bis zur Heirat den Entlastungsbetrag nach § 24b EStG in Anspruch nehmen kann.

Die Klägerin ist Mutter einer im Juni 2001 geborenen Tochter, von deren Vater sie zuletzt getrennt lebte. In den ersten neun Monaten des Jahres 2012 (des Streitjahres) bewohnte die Klägerin ihre Wohnung in X nur gemeinsam mit ihrer Tochter. Ihr neuer Lebensgefährte wohnte in dieser Zeit allein in einer eigenen Wohnung, die sich ebenfalls in X befand. Am 29. Oktober 2012 heiratete die Klägerin ihren Lebensgefährten. Erst unmittelbar vor der Eheschließung war der Lebensgefährte – der künftige Stiefvater der Tochter – am 27. Oktober 2012 unter Mithilfe dreier Umzugshelfer aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis aus seiner bisherigen Wohnung in die Wohnung der Klägerin umgezogen.

Die Klägerin erzielte im Streitjahr ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In ihrer Einkommensteuererklärung beantragte sie für das Jahr der Eheschließung die besondere Veranlagung. Außerdem machte sie für den Zeitraum bis zur Eheschließung den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende geltend. Dafür berief sie sich auf das Urteil des Finanzgerichts (FG) Berlin-Brandenburg vom 20. Juli 2011 – 1 K 2232/06 (Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2012, 326).

Im Einkommensteuerbescheid vom 22. Mai 2013 ließ das beklagte Finanzamt (der Beklagte) den Entlastungsbetrag unter Hinweis auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 29. Oktober 2004 – IV C 4 – S 2281 – 515/04 (BStBl I 2004, 1042) außer Ansatz, weil die Klägerin die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens erfüllt habe. Die Einkommensteuer wurde nach dem Grundtarif berechnet und auf 1.290 EUR festgesetzt. Den dagegen erhobenen Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 26. Juli 2013 als unbegründet zurück.

Mit ihrer Klage vom 29. August 2013 verfolgt die Klägerin ihr Anliegen für den Zeitraum von Januar bis September des Streitjahrs weiter. Es sei unstreitig, dass sie aufgrund ihrer Heirat im Streitjahr die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung erfüllt habe. Da sie jedoch die besondere Veranlagung gewählt habe, sei sie so zu behandeln, als sei die Ehe nicht geschlossen worden. Da der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zum Ausgleich der höheren Kosten bestimmt sei, die Alleinerziehende gegenüber Elternteilen mit einem gemeinschaftlich mit einem Partner geführten Haushalt hätten, sei seine Berücksichtigung aufgrund dieser Mehrkosten zumindest für den Zeitraum bis zur Eheschließung, in dem die künftigen Eheleute noch nicht zusammen gewohnt hätten, auch geboten.

Die Klägerin beantragt,

den Einkommensteuerbescheid vom 22. Mai 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. August 2013 in der Weise zu ändern, dass die Einkommensteuer für 2012 – unter Abzug eines Entlastungsbetrags für Alleinerziehende von 981 EUR von der Summe der Einkünfte – auf 1.052 EUR herabgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er führt aus, dass die von der Klägerin gezogene Schlussfolgerung dem Gesetz nicht entnommen werden könne. Zwar werde sie als Ehegatte im Rahmen der besonderen Veran...

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