vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [III R 17/20)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitanteiliger Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Trennungsjahr bei Wahl der Einzelveranlagung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende gem. § 24b EStG kann bei Wahl der Einzelveranlagung gem. § 26a EStG im Trennungsjahr nach dem Monatsprinzip (§ 24b Abs. 4 EStG) zeitanteilig für die Monate des Alleinstehens gewährt werden.
  2. Die Auslegung des Wortlauts des § 24b Abs. 3 S. 1 EStG, dass die ”Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens“ erst dann erfüllt sind, wenn das Wahlrecht zugunsten der Zusammenveranlagung und des Splittingverfahrens ausgeübt worden ist, beseitigt Wertungswidersprüche. Denn im Trennungsjahr haben die Steuerpflichtigen die Wahl zwischen der Zusammenveranlagung und keinem Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und der Einzelveranlagung und einem anteiligen Entlastungsbetrag. Es kommt zu keiner Lücke bei der Gewährung des Entlastungsbetrags im Trennungsjahr. Vielmehr wird dieser genau für die Monate gewährt, in denen der Steuerpflichtige tatsächlich alleinerziehend ist.
 

Normenkette

EStG §§ 24b, 24b Abs. 3 S. 1, Abs. 4, § § 24b, 26a, 31, 32 Abs. 6, § 32a Abs. 1, 5

 

Streitjahr(e)

2017

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.10.2021; Aktenzeichen III R 17/20)

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Berücksichtigung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende im Jahr der Trennung von seiner damaligen Ehefrau.

Der Kläger beantragte in seiner Einkommensteuererklärung 2017 die Berücksichtigung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende in Höhe von 1.908 € + 240 € für das zweite Kind anteilig für 8 Monate, mithin in Höhe von 1.432 €.

Der Kläger ist Vater von zwei Töchtern, die im Jahr 2006 und 2008 geboren wurden. Die damalige Ehefrau des Klägers und Mutter der gemeinsamen Kinder ist am 30. April 2017 aus dem gemeinsamen Haushalt ausgezogen. Beide Töchter lebten vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2017 im Haushalt des Klägers.

Der Kläger wurde einzeln veranlagt. Die Einkommensteuer wurde nach dem Grundtarif berechnet. Das Finanzamt berücksichtigte u. a. den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nicht. Gegen den Einkommensteuerbescheid vom 08. November 2018 legte der Kläger Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren wurde der Einkommensteuerbescheid aus anderen unstreitigen Gründen am 06. Februar 2019 und am 15. Mai 2019 gem. § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO geändert. Am 01. Juli 2019, 02. Juli 2019 und 18. Juli 2019 wurden wegen Berücksichtigung von geänderten Beteiligungseinkünften gem. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO weitere Änderungsbescheide erlassen. Mit der Einspruchsentscheidung vom 1. Juli 2019 lehnte der Beklagte die Berücksichtigung des Entlastungsbetrags nach § 24b EStG im Jahr der Trennung der Eheleute ab.

Seine Klage vom 24. Juli 2019 begründet der Kläger wie bereits im Vorverfahren damit, dass der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zeitanteilig für den Zeitraum 1. Mai 2017 bis 31. Dezember 2017 zu gewähren sei. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende solle die Mehrkosten der alleinigen Haushaltsführung teilweise kompensieren. Eine unterschiedliche Behandlung und Berechnung des Entlastungsbetrages bei Ehepartnern im Fall des Auszugs des Partners, - nämlich kein, nicht einmal ein zeitanteiliger Entlastungsbetrag - und bei dem unterjährigen Auszug des weiteren Haushaltserwachsenen – sehr wohl ein zeitanteiliger Entlastungsbetrag – sei nicht nachvollziehbar und benachteilige die verheirateten Steuerpflichtigen, die getrennt leben. Der mögliche Splittingtarif, der gerade bei getrennt Lebenden häufig nicht gewählt werde, sondern die Einzelveranlagung, sei nicht geeignet und insbesondere nicht dazu bestimmt, Mehrkosten des Alleinlebens zu kompensieren. Die Unterscheidung bei der zeitanteiligen Gewährung des Entlastungsbetrags zwischen dem Jahr des Beginns des Alleinerziehens – kein Entlastungsbetrag – sowie des Jahres des Endes des Allein-Erziehens – Entlastungsbetrag zeitanteilig – sowie die Ausnahme alleinerziehend wegen Todes des Ehepartners – zeitanteiliger Entlastungsbetrag – stelle eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Alleinerziehenden dar.

Der Steuerpflichtige wende weder das Splittingverfahren noch irgendein anderes Verfahren an. Die Anwendung des Splittingverfahrens werde vom Finanzamt durchgeführt. Dabei habe das Finanzamt keinerlei Ermessen bei der Anwendung. Wenn nur ein Steuerpflichtiger den Antrag auf Einzelveranlagung wähle, lägen die Voraussetzungen für die Anwendung des Splittingverfahrens durch das Finanzamt nicht mehr vor. Der Gesetzeswortlaut stelle nicht darauf ab, ob die Voraussetzungen für die Wahl der Zusammenveranlagung vorlägen, sondern darauf, ob die Voraussetzungen für die Anwendung des Splittingverfahrens vorlägen. Der Gesetzgeber habe zudem durch § 24b Abs. 4 EStG zu erkennen gegeben, dass der Entlastungsbetrag zeitanteilig zu gewähren sei.

Es könne zum Beispiel eine Hochzeit und Einz...

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