Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuerrechtliche Beurteilung des sogenannten Bondstripping von im Privatvermögen gehaltenen Bundesanleihen mit anschließender Veräußerung der Zinsscheine an eine Bank und der Anleihemäntel an eine vom Veräußerer beherrschte Kapitalgesellschaft unter Geltung der Abgeltungsteuer im Streitjahr 2013 (vor Einfügung von § 20 Abs. 2 Satz 4 EStG und § 20 Abs. 2 Satz 5 EStG sowie § 20 Abs. 4 Satz 8 EStG und § 20 Abs. 4 Satz 9 EStG durch das Investmentsteuerreformgesetz vom 19.7.2016)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Werden nach dem Kauf von Bundesanleihen im Privatvermögen die Zinsscheine vom Anleihemantel der Bundesanleihe getrennt (sogenanntes Bondstripping), so sind die ursprünglichen Anschaffungskosten der ungetrennten Anleihe im Verhältnis der jeweiligen Marktwerte auf das Stammrecht einerseits und die Zinsscheine andererseits aufzuteilen (Anschluss an FG Düsseldorf, Urteil v. 29.3.2019, 1 K 2163/16 E, F, EFG 2019 S. 1389; gegen FG Düsseldorf, Zwischenurteil v. 17.12.2018, 2 K 3874/15 F, EFG 2019 S. 505).

2. Die isolierte Veräußerung der Zinsscheine führt zu – der Abgeltungsteuer unterliegenden – Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG. Die Veräußerung des Anleihemantels an eine GmbH, an der der Steuerpflichtige mit mindestens 10 % beteiligt ist, führt zu – dem allgemeinen Steuertarif unterliegenden – Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG.

 

Normenkette

EStG 2013 § 32d Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. b, § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Buchst. b, Nr. 7, Abs. 6, 4 S. 1; HGB § 255 Abs. 1; AO § 42

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.06.2023; Aktenzeichen VIII R 17/22)

 

Tenor

1) Die Klage wird abgewiesen.

2) Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3) Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob beim sog. Bondstripping bei Bundesanleihen die Anschaffungskosten auf die Zinsscheine (Bonds) einerseits und den Anleihemantel (Stammrecht) andererseits aufzuteilen sind bzw. – wenn eine solche Aufteilung nicht vorzunehmen ist – ob die vom Kläger gewählte steuerliche Gestaltung wegen Missbrauchs von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des (i.S.d.) § 42 der Abgabenordnung (AO) unbeachtlich ist.

Die Kläger sind seit dem XX.XX.XXXX miteinander verheiratet und wurden im Streitjahr antragsgemäß zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt.

Am 15. November 2013 erwarb der Kläger eine deutsche Bundesanleihe im Nominalwert von … EUR zu einem Kaufpreis von … EUR zzgl. Stückzinsen in Höhe von (i.H.v.) … EUR. Die Bundesanleihen wurden in der Folge in einem Depot der Bank in A verwahrt. Noch am selben Tag erteilte der Kläger seiner Bank den Auftrag, die Zinsscheine vom Anleihemantel der Bundesanleihe zu trennen (sog. Bondstripping).

Am 21. November 2013 verkaufte er dann die Zinsscheine, wobei er einen Verkaufserlös von … EUR erzielte.

Am 28. November 2013 verkaufte er das Stammrecht für … EUR an die B GmbH, deren Anteile er zu diesem Zeitpunkt zu 50% hielt.

Am 23. März 2015 reichten die Kläger ihre ESt-Erklärung für das Jahr 2013 beim Beklagten ein. Dabei erklärten sie für den Kläger den Erlös aus dem Verkauf der Zinsscheine i.H.v. … EUR als inländischen Gewinn aus der Veräußerung von Kapitalanlagen i.S.d. § 20 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Aus dem Verkauf des Anleihemantels erklärten sie einen Veräußerungsverlust i.H.v. … EUR. Dabei zogen sie vom Veräußerungspreis i.H.v. … EUR die gesamten Anschaffungskosten der Bundesanleihe von … EUR ab.

In der von den Klägern ihrer ESt-Erklärung für das Streitjahr beigefügten „Anlage zu Zeile 26 der Anlage KAP” führten diese das Folgende aus:

„Der Kläger hat am 28. November 2013 eine Bundesanleihe mit der ISIN … aus steuerlichen Gründen an die B GmbH veräußert. Diese Veräußerung konnte von der Bank nicht bewertet werden (…), sodass das Ergebnis dieses Veräußerungsgeschäfts in der Bankbescheinigung nicht berücksichtigt worden ist:

Die Anschaffungskosten der Bundesanleihe mit der ISIN … ermitteln sich wie folgt:

Kaufpreis Bundesanleihe (vgl. Wertpapierabrechnung) EUR …

./. darin enthaltene Stückzinsen: EUR …

= Anschaffungskosten: EUR …

Veräußerungspreis: EUR …

./. Anschaffungskosten: EUR …

= Veräußerungsergebnis: EUR ./. ….

Den Veräußerungspreis hat die B GmbH an den Kläger gezahlt, an der er zu 50% beteiligt ist. Das Veräußerungsergebnis unterliegt deshalb nicht dem Abgeltungsteuersatz im Sinne von § 32d Abs. 1 EStG, sondern der tariflichen Einkommensteuer (§ 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG).”

Mit Bescheid vom 26. Oktober 2015, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (VdN) gemäß § 164 AO erlassen wurde, setzte der Beklagte die ESt der Kläger für das Jahr 2013 fest. Dabei folgte er bezüglich des Ansatzes der Einkünfte aus Kapitalvermögen im Zusammenhang mit dem Verkauf des Zinskupons bzw. des Anleihemantels der Bundesanleihe der von der Klägerseite in der ESt-Erklärung vertretenen Rechtsauffassung und verrechnete den Verlust aus dem Verkauf des Anleihemantels mit den übrigen tariflich best...

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