Entscheidungsstichwort (Thema)

Lohnsteuer

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.06.1997; Aktenzeichen I R 72/96)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, inwieweit eine ausländische Arbeitnehmerverleihfirma zur Anmeldung und Abführung von Lohnsteuer (LSt) auf die an in Deutschland tätige Leiharbeitnehmer gezahlten Löhne verpflichtet ist (§ 38 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 39 d i.V.m. § 39 b, § 41 a Einkommensteuergesetz –EStG–).

Die Klägerin (Klin.) ist eine Gesellschaft mit beschänkter Haftung französischen Rechts (Société à responsabilité limité –S.a.r.l.–) und betreibt mit Geschäftssitz in … (Lothringen) die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung. In Deutschland unterhält sie weder eine Betriebsstätte noch eine sonstige Niederlassung. Ihre – zumeist französischen – Arbeitnehmer werden zum Teil an deutsche Entleiher überlassen und von diesen oder anderen Entleihern in Deutschland innerhalb und außerhalb des Grenzgebiets eingesetzt.

Das Finanzamt (FA) … das damals aufgrund der Tätigkeit der größten Anzahl ausländischer Arbeitnehmer der Klin. in seinem Bezirk für die Verwaltung der von der Klin. etwa abzuführenden LSt zuständig war, forderte die Klin. mit Schreiben vom 22. Mai 1989 auf, für diese Arbeitnehmer LSt-Anmeldungen abzugeben. Mit weiterem Schreiben vom 25. August 1989 wurde die Klin. aufgefordert, für die Monate Januar bis Juni 1989 jeweils monatliche LSt-Anmeldungen nachzureichen. Im Schreiben vom 29. August 1989 vertrat das FA die Meinung, gem. § 39 d EStG sei der Arbeitgeber verpflichtet, beim FA einen Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung über die beschränkte Steuerpflicht derjenigen Arbeitnehmer zu stellen, die im Ausland wohnen und in Deutschland eine nichtselbständige Tätigkeit von begrenzter Dauer ausüben. Diese Bescheinigung müsse für jeden Arbeitnehmer angefordert werden, auch wenn diese an weniger als 183 Tagen am Kalenderjahr in Deutschland beschäftigt seien. Die Klin. wurde aufgefordert, für 1989 diese Anträge für jeden in Deutschland eingesetzten Arbeitnehmer zu stellen. Dagegen wandte die Klin. ein, nach ihrer Auffassung sei sie nicht verpflichtet, für französische Arbeitnehmer, die an deutsche Unternehmer verliehen würden, LSt einzubehalten. Sie beantragte, ihr schriftlich zu bestätigen, daß aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) mit Frankreich künftig auf eine LSt-Anmeldungen und Abführungseitens der Klin. verzichtet werde, sofern die Jeweiligen Arbeitnehmer voraussichtlich nicht mehr als 183 Tage in Deutschland beschäftigt würden. Unabhängig davon beantragte die Klin., entsprechende Freistellungsbescheinigungen für den LSt-Abzug der in Deutschland eingesetzten Arbeitnehmer zu erteilen.

Das Fa. … vertrat mit Schreiben vom 31. Oktober 1989 die Ansicht, unabhängig von der Aufführungsdauer in Deutschland sei die Klin. verpflichtet, für jeden von ihr an ein deutscher Unternehmer verliehenen Arbeitnehmer LSt nach dem deutschen EStG einzubehalten, anzumelden und abzuführen. Die Klin. wurde nochmals aufgefordert, für jeden in Deutschland eingesetzten Arbeitnehmer eine Bescheinigung gem. § 39 d EStG zu beantragen sowie die LSt-Anmeldungen für Januar bis September 1989 abzugeben. Am 18. Mai 1990 gab die Klin. LSt-Anmeldungen für Januar bis Mai 1990 ab.

Mit einer am 11. Mai 1990 gegen das FA … erhobenen Klage machte die Klin. geltend, nach den Vorschriften des französischen Rechts und des DBA sei sie nicht verpflichtet, für diejenigen Arbeitnehmer, die weniger als 183 Tage in Deutschland beschäftigt seien, LSt einzubehalten, anzumelden und abzuführen. Durch die vom FA verlangte Einbehaltung von LSt würde sie gegen französisches Recht verstoßen und sich einer Vielzahl von Prozessen aussetzen. Falls in den Aufforderungsschreiben Verwaltungsakte zu sehen seien, seien diese nichtig, weil damit etwas geboten werden, was gegen geltendes Recht verstieße.

Der 12. Senat des Finanzgerichts (FG) Baden-Württemberg wies die Klage mit Urteil vom 05. Juni 1991 – 12 K 118/90– als unzulässig ab, da die Klin. ihre Rechte durch eine Anfechtungs- bzw. Verpflichtungs- oder Leistungsklage verfolgen könne (§ 41 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO–). In den in den Schreiben des FA vom 22. Mai, 25. August, 31. Oktober und 14. November 1989 enthaltenen Aufforderungen, LSt-Anmeldungen abzugeben, seien Verwaltungsakte i.S. von § 118 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) enthalten. Dagegen sei gem. § 349 AO die Beschwerde statthaft, die die Klin. jedoch nicht eingelegt habe. Die Aufforderungen seien auch nicht nichtig. Auch mit einem Hilfsantrag auf Verpflichtung des FA, über einen Freistellungsantrag zu entscheiden sei die Klage unzulässig, da insoweit ein außergerichtliches Vorverfahren nicht durchgeführt worden sei. Das Urteil ist rechtskräftig.

Nachdem der Beklagte (das FA) durch eine Änderung der Zuständigkeitsverordnung mit Wirkung vom 01. April 1991 für die Verwaltung der von der Klin. abzuführenden LSt zuständig geworden war, wies er m...

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