rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirtschaftlicher Eigentümer eines Betriebsgrundstücks. Buchwertfortführung bei unentgeltlicher Betriebsübergabe. Einkommensteuer 1994

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge ein Unternehmen mit allen Aktiven und Passiven unentgeltlich auf den Sohn übertragen, ist der Sohn bereits mit dem Übergabevertrag und vor der eigentlichen Eigentumsübertragung als wirtschaftlicher Eigentümer des bilanzierten Betriebsgrundstücks anzusehen, wenn mit der Übergabe die Nutzungen, die Lastentragung und die Gefahr für den zufälligen Untergang oder zufällige Verschlechterung sowie die Verkehrssicherungspflichten des Grundstücks auf den Sohn übergegangen sind.

2. Bei der unentgeltlichen Betriebsübergabe werden die Buchwerte vom Erwerber fortgeführt. Dies gilt auch, wenn die Gegenleistung niedriger ist als der Buchwert. Voraussetzung ist, dass mindestens die wesentlichen Betriebsgrundlagen unentgeltlich übertragen worden sind. Werden daneben Wirtschaftsgüter durch den Steuerpflichtigen zurückgehalten und anschließend ins Privatvermögen überführt, so sind die stillen Reserven insoweit nicht steuerbegünstigt aufzudecken.

 

Normenkette

AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 1; EStDV § 7 Abs. 1; EStG § 4 Abs. 1, §§ 5-6, 16 Abs. 3

 

Tenor

1. Der geänderte Einkommensteuerbescheid für 1994 vom 31. Juli 1998 und die bestätigende Einspruchsentscheidung vom 19. November 1999 werden aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des mit Kostenfestsetzungsbeschluss angesetzten Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leisten.

 

Tatbestand

Streitig ist die Erfassung eines Entnahmegewinns für ein (zunächst) nicht übertragenes Flurstück (Flst.) im geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 1994.

Die Kläger wurden für das Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger (Kl.) betrieb bis Ende 1993 das Einzelunternehmen „…-Getränke”. Im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge wurde das Unternehmen durch notariellen Übergabevertrag vom 29. Dezember 1993 mit Wirkung zum 01.02.1994 auf den Sohn zu einem Kaufpreis von DM 150.000,– übertragen. Nach § 1 des Vertrages sollte das „gesamte, als …-Getränke bezeichnete Unternehmen … mit allen Aktiven und Passiven, also dem gesamten Betriebsvermögen, wie es bilanziert ist”, übergeben werden. Im Anschluss daran auf Seite 2 des Vertrages heißt es dann weiter: „Zum Unternehmen gehört der folgende Grundbesitz: das Teileigentum bestehend aus Miteigentumsanteil von 244/1.000 … an dem Grundstück der Gemarkung B, Flst. 2031/12 …-straße, 10,90ar, Gebäude- und Freifläche, verbunden mit dem Sondereigentum an den im Aufteilungsplan mit Nr. 1 bezeichneten gewerblichen Räumen samt Lagerhalle und Abstellraum im Erdgeschoss sowie Kellerraum im Untergeschoss. G., der Eigentümer des Flst. 2031/12 ist, hat durch Teilungserklärung gemäß § 8 WEG dieses neu zu bildende Grundstück aufgeteilt in Wohnungs- und Teileigentum … und das hier veräußerte Teileigentum gebildet. … Das Unternehmen wird übergeben mit allen Aktiven und Passiven mit Wirkung zum 2. Januar 1994 entsprechend der Bilanz zum 31. Dezember 1993”. Bilanziert als Betriebsvermögen waren in der Schlussbilanz auf den 31.12.1993 entsprechend dem Bericht über die Betriebsprüfung für den Zeitraum 1985–1987 vom 26. April 1990 folgende Grundstücke, und zwar jeweils mit einem Anteil von 48 %:

  • • Flst. 2031/9, Weg, 435 m²
  • • Flst. 2031/11, R. platz 9, 206 m²
  • • Flst. 2031/12, …-str. 11 u. Ha, 986 m²

Das Eigenkapitalkonto betrug laut Bilanz zum 31.12.1993 DM 705.889,96.

Die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr wurde am 11. Januar 1996 eingereicht, ebenso die Vermögensteuererklärung auf den 01.01.1995. Der erstmalige Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1994 datiert vom 1. Februar 1996. Der Übertragungsvorgang wurde als unentgeltliche Betriebsübertragung steuerneutral behandelt. Der Sohn führte die Buchwerte der Grundstücke in seiner Bilanz fort. Die Bilanz der Kläger auf den 31.12.1993 enthält neben der Bilanzposition Bebaute Grundstücke folgenden Vermerk des Beklagten (Bekl.): „Lt. tel. Auskunft von Herrn P. wurde das Grundstück in Teileigentum aufgeteilt. Der gewerbliche Anteil wurde mit an den Sohn übertragen”.

Im Rahmen einer bei den Klägern für den Zeitraum 1993 und 1994 durchgeführten Außenprüfung (vgl. insoweit Bericht über die Außenprüfung beim Kl. vom 01. April 1998) stellte der Bekl. fest, dass das Flst. 2031/9 entgegen der Absicht und Annahme der Kläger nicht auf Sohn übertragen worden war und ermittelte hierfür einen Entnahmegewinn in Höhe von DM 45.850. Der Beklagte änderte daraufhin nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr mit Bescheid vom 31. Juli 199...

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