Entscheidungsstichwort (Thema)

Verdeckte Einlage einer Muttergesellschaft in die Tochtergesellschaft bei unentgeltlicher Verlagerung von Zinseinnahmen aus von der Muttergesellschaft abgeschlossenen Wertpapierpensionsgeschäften in die Tochtergesellschaft zur Nutzung von deren Verlustvorträgen. Bilanzierbarkeit von Zinsforderungen. wirtschaftliches Eigentum des Pensionsgebers an Wertpapieren bei Wertpapierpensionsgeschäften

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Hat eine Muttergesellschaft echte Wertpapierpensionsgeschäfte im Sinne des § 340b HGB über festverzinsliche Wertpapiere abgeschlossen und gibt sie nunmehr einer Tochtergesellschaft bezüglich derselben Wertpapiere „ Wertpapierdarlehen” mit dem wirtschaftlichen Inhalt, dass die Tochtergesellschaft die bis zur jeweiligen Beendigung der Wertpapierdarlehen an den jeweiligen Zinsterminen anfallenden Zinserträge der Wertpapiere vereinnahmen kann und für das „Darlehen” kein Darlehensentgelt oder sonstige Zahlungen an die Muttergesellschaft leisten muss, so stellen die Zuwendungen der Zinsforderungen aus den Wertpapieren ohne Kompensationszahlungen verdeckte Einlagen der Muttergesellschaft in ihre Tochtergesellschaft dar; die für die Annahme einer verdeckten Einlage erforderliche gesellschaftsrechtliche Veranlassung liegt vor, wenn kein Organschaftsverhältnis mit der Tochtergesellschaft besteht, diese über erhebliche, ansonsten nicht mehr nutzbare Verlustvorträge verfügt, durch die Zinseinahmen diese Verlustvorträge verwertet werden können und das Eigenkapital der Tochtergesellschaft gestärkt wird.

2. Ungeachtet dessen, dass Zinsen bürgerlich-rechtlich zu den Früchten und damit den Nutzungen eines Rechts zählen, handelt es sich steuerrechtlich bei einer Zinsforderung um ein einlagefähiges Wirtschaftsgut. Kapital- und Zinsforderung sind auch grundsätzlich zwei getrennte Wirtschaftsgüter und steuerbilanziell nicht zu einer Einheit verklammert. Für den Begriff des Wirtschaftsguts ist die Einzelveräußerbarkeit keine Voraussetzung. Es reicht vielmehr aus, dass die Zinsforderung selbständig bewertbar und damit bilanzierbar ist. Ob die Zinsforderung getrennt von der Inhaberschaft an den Rechten übertragen werden kann oder dies aus rechtsgeschäftlichen Gründen ausgeschlossen ist, ist für die Bilanzierbarkeit unerheblich.

3. Bei Wertpapierpensionsgeschäften ist das wirtschaftliche Eigentum an den Wertpapieren auf Basis der handelsrechtlichen Zurechnung gem. § 340b Abs. 4 HGB dem Pensionsgeber zuzuordnen. Die handelsrechtliche Zuordnung entspricht einem allgemeinen Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung und gilt daher auch für die Steuerbilanz.

 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 1, 3 S. 4; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 5, § 20 Abs. 1, 8; HGB § 340b Abs. 2, 3 S. 3, Abs. 4 Sätze 1-2; BGB § 99 Abs. 2, § 100; AO § 39

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin in ihre Tochtergesellschaft Wirtschaftsgüter verdeckt eingelegt hat.

Die Klägerin ist die Konzernmutter des X-Konzerns. Die Klägerin war zu 100 Prozent an der XA.. GmbH (vormals Y GmbH; im Folgenden Y GmbH) beteiligt. Zwischen beiden Gesellschaften bestand kein Organschaftsverhältnis.

Die Y GmbH entwickelte und betrieb ein Vorteils- und Kundenbindungsprogramm. Die Geschäftstätigkeit wurde zum 31. Dezember 2009 eingestellt. Die Y GmbH verfügte über erhebliche Verlustvorträge, während die Klägerin erhebliche operative Gewinne erzielte. Es war seinerzeit absehbar, dass die Y GmbH die durch eigenes operatives Geschäft aufgebauten Verlustvorträge nicht mehr mittelfristig durch eigene operative Gewinne würde „aufzehren” können.

Am 21. Dezember 2006 schloss die Klägerin mit der C…-Bank (im Folgenden: „C-Bank”) den „Rahmenvertrag für Wertpapierpensionsgeschäfte (Repos)” (im Folgenden: „Rahmenvertrag Wertpapierpensionsgeschäft”) ab. Der Rahmenvertrag enthielt auszugsweise folgende Regelungen:

„1. Vertragsgegenstand

(1) Die Parteien beabsichtigen, auf der Grundlage dieses Rahmenvertrages Wertpapierpensionsgeschäfte abzuschließen. Der Pensionsgeber wird dem Pensionsnehmer Wertpapiere gegen Zahlung eines Kaufpreises liefern. Der Pensionsnehmer verpflichtet sich gleichzeitig, dem Pensionsgeber Wertpapiere gleicher Art und Menge entweder zu einem zuvor vereinbarten oder einem nachträglich zu bestimmenden Zeitpunkt gegen Zahlung des Rückkaufpreises zurückzuliefern. Jede der Parteien kann sowohl Pensionsgeber als auch Pensionsnehmer sein.

(2) Die nachfolgenden Bestimmungen gelten für jedes Wertpapierpensionsgeschäft (nachstehend „Einzelabschluss” genannt), das zwischen den Parteien abgeschlossen wird, unabhängig von einer Bezugnahme im Einzelabschluss auf den Rahmenvertrag. Alle Einzelabschlüsse bilden untereinander und zusammen mit diesem Rahmenvertrag einen einheitlichen Vertrag (nachfolgend „Vertrag” genannt); sie werden im Sinne einer einheitlichen Risikobetrachtung und Vertrauen darauf getätigt. […]

3. Einzelabschlüsse

(1) Haben sich die Parteien üb...

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