Leitsatz

Die pauschale Besteuerung von Erträgen aus im Inland nicht registrierten ausländischen Investmentfonds (sog. "schwarzen" Fonds) gem. § 18 Abs. 3 AuslInvestmG verstößt offensichtlich gegen europäisches Gemeinschaftsrecht (Art. 73b EGV). Einer Vorlage an den EuGH bedarf es insoweit nicht.

 

Normenkette

§ 18 Abs. 1 und 3 AuslInvestmG, § 20 Abs. 1 EStG, Art. 73b, 73d EGV, Art. 67, 69 EWG-Vertrag, Richtlinie 88/361/EWG, Richtlinie 77/799/EWG

 

Sachverhalt

Die Kläger bezogen Erträge aus "schwarzen" Fonds und wandten sich gegen die Pauschalbesteuerung nach § 18 AuslInvestmG, die sie im Vergleich zu den tatsächlich entstandenen Kapitaleinkünften als unzumutbar überhöht ansahen.

Das FG gab ihnen recht und verpflichtete das FA, der Besteuerung die tatsächlich erzielten Kapitalerträge zugrunde zu legen; über deren Höhe war eine tatsächliche Verständigung erzielt worden.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Entscheidung des FG (FG Köln, Urteil vom 19.04.2007, 6 K 5714/02, Haufe-Index 1770804, EFG 2007, 1670). Angesichts der Eindeutigkeit der Rechtslage, und weil der Gesetzgeber selbst das Gesetz als gemeinschaftsrechtswidrig erachtet hatte, bedurfte es auch keiner Anrufung des EuGH.

 

Hinweis

Die Entscheidung ist keineswegs so revolutionär, wie man bei flüchtiger Lektüre des Leitsatzes meinen könnte. Zwar kommt es beim BFH nicht oft vor, dass eine Norm als offensichtlich europarechtswidrig außer Anwendung gelassen wird, ohne zuvor den EuGH anzurufen. Hier ging es aber um ausgelaufenes Recht, das der Gesetzgeber selbst als europarechtswidrig erachtet und deshalb das Gesetz entsprechend geändert hatte.

Das Auslandsinvestment-Gesetz unterscheidet zwischen "weißen", "grauen" und "schwarzen" Fonds. Während die Erträge ausländischer Fonds, die im Inland registriert sind, einen inländischen Vertreter bestellt haben und die in §§ 15ff., 17 Abs. 3 AuslInvestmG genannten Nachweis-, Bekanntgabe- und Veröffentlichungspflichten erfüllen (sog. "weiße" Fonds) weitgehend wie die Erträge aus inländischen Fonds besteuert werden (vgl. § 39 KAGG), gelten für nicht registrierte Fonds die Sonderregelungen des § 18 AuslInvestmG. Erträge dieser ("grauen" und "schwarzen") Fonds unterliegen nach § 18 Abs. 1 AuslInvestmG insofern einer schärferen Besteuerung beim Anleger, als alle ausgeschütteten und thesaurierten Veräußerungsgewinne aus dem Verkauf von Wertpapieren und Bezugsrechten durch den Fonds nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu versteuern sind.

Eine weitere Verschärfung sieht § 18 Abs. 3 AuslInvestmG für sog. "schwarze" Fonds vor, d.h. für solche, die der Verpflichtung des § 18 Abs. 2 AuslInvestmG zur Bestellung eines inländischen Vertreters und/oder zum Nachweis der in § 18 Abs. 1 AuslInvestmG genannten Besteuerungsgrundlagen nicht oder nicht vollständig nachgekommen sind. Für diese "schwarzen" Fonds schreibt § 18 Abs. 3 AuslInvestmG zwingend eine Pauschalbesteuerung der laufenden Erträge und des bei der Veräußerung oder Rückgabe der Anteile erzielten Zwischengewinns vor.

Damit wird dem Anleger der Nachweis der tatsächlich erzielten Erträge abgeschnitten.

Dies bedeutet offensichtlich eine Beschränkung der gemeinschaftsrechtlich verbürgten Kapitalverkehrsfreiheit. Diese Beschränkung ist nicht durch das Erfordernis der Missbrauchsabwehr zu rechtfertigen und überdies unverhältnismäßig, weil die pauschale Besteuerung zwingend auch dann gilt, wenn der Anleger die tatsächlich erzielten Erträge nachweisen kann.

Auch der Gesetzgeber hatte, wie aus den Gesetzesmaterialien zum Investmentsteuergesetz zu entnehmen ist, erkannt, dass diese Rechtslage gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt. Deshalb ist durch das Investmentsteuergesetz mit Wirkung ab 2005 die Ungleichbehandlung der Erträge aus inländischem und ausländischem Investmentvermögen beseitigt worden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.11.2008 – VIII R 24/07

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