Entscheidungsstichwort (Thema)

Staatshaftung, Äquivalenzgrundsatz, Haftungsklage aufgrund eines EuGH-Urteils, kein Erfordernis der Ausschöpfung innerstaatlicher Rechtsmittel

 

Leitsatz (amtlich)

Das Unionsrecht steht der Anwendung einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, wonach eine Staatshaftungsklage, die auf eine in einem Urteil des Gerichtshofs gemäß Art. 226 EG festgestellte Verletzung des Unionsrechts durch ein nationales Gesetz gestützt wird, nur Erfolg haben kann, wenn der Kläger zuvor alle innerstaatlichen Rechtsbehelfe ausgeschöpft hat, die auf die Anfechtung der Gültigkeit des auf der Grundlage dieses Gesetzes erlassenen beschwerenden Verwaltungsakts gerichtet sind, während eine solche Regelung nicht für eine Staatshaftungsklage gilt, die darauf gestützt wird, dass das zuständige Gericht das betreffende Gesetz für verfassungswidrig erklärt hat.

 

Normenkette

EGVtr

 

Beteiligte

Transportes Urbanos y Servicios Generales

Transportes Urbanos y Servicios Generales SAL

Administración del Estado

 

Verfahrensgang

Tribunal Supremo (Spanien) (Urteil vom 01.02.2008; Abl.EU 2008, Nr. C 128/24)

 

Tatbestand

„Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten ‐ Äquivalenzgrundsatz ‐ Staatshaftungsklage ‐ Verstoß gegen das Unionsrecht ‐ Verstoß gegen die nationale Verfassung“

In der Rechtssache C-118/08

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Tribunal Supremo (Spanien) mit Entscheidung vom 1. Februar 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 18. März 2008, in dem Verfahren

Transportes Urbanos y Servicios Generales SAL

gegen

Administración del Estado

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten A. Tizzano (Berichterstatter), J. N. Cunha Rodrigues, K. Lenaerts und J.-C. Bonichot, der Kammerpräsidentinnen R. Silva de Lapuerta und C. Toader sowie der Richter C. W. A. Timmermans, A. Rosas, K. Schiemann, T. von Danwitz, A. Arabadjiev und J.-J. Kasel,

Generalanwalt: M. Poiares Maduro,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 2009,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Transportes Urbanos y Servicios Generales SAL, vertreten durch C. Esquerrá Andreu, abogado,

‐ der spanischen Regierung, vertreten durch J. López-Medel Báscones als Bevollmächtigten,

‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Vidal Puig und M. Afonso als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 9. Juli 2009

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Grundsätze der Effektivität und der Äquivalenz in Bezug auf die in der spanischen Rechtsordnung geltenden Regeln für Staatshaftungsklagen wegen Verletzung des Unionsrechts.

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Transportes Urbanos y Servicios Generales SAL (im Folgenden: Transportes Urbanos) und der Administración del Estado wegen der Abweisung der von diesem Unternehmen erhobenen Klage auf Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der Staatshaftung wegen Verletzung des Unionsrechts.

Rechtlicher Rahmen

Sechste Richtlinie

Rz. 3

Die Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 95/7/EG des Rates vom 10. April 1995 (ABl. L 102, S. 18) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie) bestimmt in ihrem Art. 17 Abs. 2 und 5 in seiner Fassung aufgrund ihres Art. 28f:

„(2) Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a) die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden;

b) die Mehrwertsteuer, die für eingeführte Gegenstände im Inland geschuldet wird oder entrichtet worden ist;

c) die Mehrwertsteuer, die nach Artikel 5 Absatz 7 Buchstabe a), Artikel 6 Absatz 3 und Artikel 28a Absatz 6 geschuldet wird;

(5) Soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die nach den Absätzen 2 und 3 ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, ist der Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt.

Dieser Pro-rata-Satz wird nach Artikel 19 für die Gesamtheit der vom Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze festgelegt.

…“

Rz. 4

Art. 19 der Sechsten Richtlinie nennt die Kriterien für die in ihrem Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 vorgesehene Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs.

Nationales Recht

Rz. 5

Art. 163 der spanischen Verfassung...

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