Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkünfte aus Rentensparplänen, Steuerermäßigung, Beschränkung auf inländische Fonds, Belgien

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Königreich Belgien hat dadurch gegen seine Pflichten aus Art. 56 AEUV verstoßen, dass es eine Steuerermäßigung im Rahmen von Rentensparplänen eingeführt und beibehalten hat, die nur auf Zahlungen an in Belgien ansässige Einrichtungen und Fonds anwendbar ist.

2. Das Königreich Belgien trägt die Kosten.

 

Normenkette

AEUV Art. 56

 

Beteiligte

Kommission / Belgien

EU-Kommission

Königreich Belgien

 

Tatbestand

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats ‐ Freier Dienstleistungsverkehr ‐ Freier Kapitalverkehr ‐ Einkommensteuer ‐ Zahlungen im Rahmen von Rentensparplänen ‐ Steuerermäßigung für Zahlungen nur an Einrichtungen und Fonds, die im selben Mitgliedstaat ansässig sind ‐ Kohärenz des Steuersystems ‐ Wirksamkeit der steuerlichen Kontrollen“

In der Rechtssache C-296/12

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 14. Juni 2012,

Europäische Kommission, vertreten durch R. Lyal und W. Roels als Bevollmächtigte,

Klägerin,

gegen

Königreich Belgien, vertreten durch J.-C. Halleux und M. Jacobs als Bevollmächtigte,

Beklagter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Juhász sowie der Richter D. Šváby und C. Vajda (Berichterstatter),

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass das Königreich Belgien dadurch gegen seine Pflichten aus den Art. 56 AEUV und 63 AEUV verstoßen hat, dass es eine Steuerermäßigung im Rahmen von Rentensparplänen eingeführt und beibehalten hat, die nur auf Zahlungen an in Belgien ansässige Einrichtungen und Fonds anwendbar ist.

Belgisches Recht

Rz. 2

Art. 34 §§ 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzbuchs 1992 (Code des impôts, im Folgenden: CIR 1992) sieht vor:

„§ 1 Zu Pensionen, Renten und an deren Stelle tretende Leistungen gehören, unabhängig von ihrem Schuldner, dem durch sie Begünstigten, ihrer Einstufung und der Einzelheiten ihrer Festsetzung und ihrer Gewährung:

3. Einkünfte aus Rentensparplänen nach Art. 145/8.

§ 2 Zu den Einkünften aus Rentensparplänen gehören:

1. Sparguthaben auf einem kollektiven oder einzelnen Sparkonto;

2. Pensionen, Renten, Kapitalbeträge und Rückkaufwerte einer Sparversicherung;

§ 3 Der steuerpflichtige Betrag der in § 2 Nr. 1 erwähnten Sparguthaben entspricht dem Betrag der Kapitalisierung zu einem Zinssatz von 4,75 Prozent pro Jahr des Gesamtbetrags der Nettosummen auf dem Sparkonto, die für die Steuerermäßigung berücksichtigt werden.

…“

Rz. 3

Art. 39 § 2 Nr. 3 CIR 1992 sieht vor, dass Pensionen, ergänzende Pensionen, Renten, Kapitalien, Sparguthaben und Rückkaufswerte steuerfrei sind, sofern sie aus einem Sparkonto oder einem Sparversicherungsvertrag resultieren, für das bzw. für den die Steuerermäßigung nach Art. 145/1 Nr. 5 CIR 1992 nicht gewährt wurde.

Rz. 4

In Art. 145/1 CIR 1992 heißt es:

„In den Grenzen und unter den Voraussetzungen, die in den Art. 145/2 bis 145/16 festgelegt sind, wird eine Steuerermäßigung gewährt, die anhand der folgenden Ausgaben berechnet wird …:

5. Einzahlungen im Rahmen von Rentensparplänen;

…“

Rz. 5

Art. 145/8 Abs. 1 CIR 1992 lautet:

„Für eine Ermäßigung im Rahmen von Rentensparplänen werden gemäß Art. 145/1 Nr. 5 folgende in Belgien endgültig eingezahlte Beträge angerechnet:

1. Einzahlungen auf ein kollektives Sparkonto;

2. Einzahlungen auf ein einzelnes Sparkonto;

3. Einzahlungen zugunsten einer Sparversicherung.“

Rz. 6

Art. 145/11 CIR 1992 bestimmt, dass die Verwaltungsgesellschaft eines nach Art. 145/16 CIR 1992 anerkannten Pensionsfonds die Aktiva dieses Fonds und die mit diesen Aktiva erzielten Einkünfte nach Abzug der Kosten ausschließlich für Anlagen im Sinne von Art. 145/11 und innerhalb der in dieser Vorschrift festgelegten Grenzen verwenden muss.

Rz. 7

Art. 145/11 gilt gemäß den Art. 145/12 und 145/13 CIR 1992 auch für einzelne Sparkonten und Sparversicherungen.

Rz. 8

Art. 145/15 CIR 1992 bestimmt:

„Die Eröffnung eines kollektiven oder eines einzelnen Sparkontos ist allein den Einrichtungen im Sinne von Art. 56 § 1 vorbehalten. Der König kann jedoch in einer vom Ministerrat zu erlassenden Verordnung Börsengesellschaften belgischen Rechts gemäß den von Ihm festgelegten Bedingungen dasselbe Recht einräumen.

Der Abschluss von Sparversicherungsverträgen ist allein Versicherungsgesellschaften vorbehalten, die gemäß dem Gesetz vom 9. Juli 1975 über die Aufsicht über die Versicherungsunternehmen auf dem Gebiet der Lebensversicherung tätig sind.“

Rz. 9

Ein kollektives Sparkonto ist in Art. 145/16 Nr. 1 CIR 1992 definiert als die Anteile der vom Finanzminister nach den vom König festgelegten Bedingungen anerkannten Pensionsfonds zur Bildung einer Rücklage für den Erlebensfall oder den Todesfall.

Rz. 10

Art. 63...

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