Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Steuerwesen. Mehrwertsteuer. Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Mitgliedstaat der Erstattung ansässige Steuerpflichtige. Anforderung zusätzlicher Informationen durch den Mitgliedstaat der Erstattung. Angaben, die Gegenstand eines Ersuchens um zusätzliche Informationen sein können. Unstimmigkeit zwischen dem im Erstattungsantrag genannten und dem in den vorgelegten Rechnungen ausgewiesenen Betrag. Grundsatz der guten Verwaltung. Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer. Ausschlussfrist. Auswirkungen auf die Berichtigung des Fehlers des Steuerpflichtigen

 

Normenkette

EGRL 8/2009 Art. 20

 

Beteiligte

CHEP Equipment Pooling

CHEP Equipment Pooling NV

Nemzeti Adó- és Vámhivatal Fellebbviteli Igazgatósága

 

Verfahrensgang

Kúria (Ungarn) (Beschluss vom 02.07.2020; ABl. EU 2020, Nr. C 423/24)

 

Tenor

Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie 2008/9/EG des Rates vom 12. Februar 2008 zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer gemäß der Richtlinie 2006/112/EG an nicht im Mitgliedstaat der Erstattung, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige ist im Licht der Grundsätze der steuerlichen Neutralität und der guten Verwaltung dahin auszulegen, dass er dem entgegensteht, dass die Steuerverwaltung des Mitgliedstaats der Erstattung, wenn sie, gegebenenfalls anhand vom Steuerpflichtigen vorgelegter zusätzlicher Informationen, die Gewissheit erlangt hat, dass der Betrag der tatsächlich entrichteten Vorsteuer, wie er in der dem Erstattungsantrag beigefügten Rechnung ausgewiesen ist, höher ist als der in diesem Antrag genannte Betrag, die Mehrwertsteuererstattung lediglich in Höhe des letztgenannten Betrags bewilligt, ohne den Steuerpflichtigen vorher zügig und mit den ihr am besten geeignet erscheinenden Mitteln aufgefordert zu haben, seinen Erstattungsantrag durch einen Antrag zu berichtigen, der als zum Zeitpunkt des ursprünglichen Antrags eingereicht gilt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Kúria (Oberster Gerichtshof, Ungarn) mit Entscheidung vom 2. Juli 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 30. Juli 2020, in dem Verfahren

CHEP Equipment Pooling NV

gegen

Nemzeti Adó- és Vámhivatal Fellebbviteli Igazgatósága

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin der Zweiten Kammer A. Prechal in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Dritten Kammer, der Richter J. Passer und F. Biltgen, der Richterin L. S. Rossi und des Richters N. Wahl (Berichterstatter),

Generalanwalt: G. Hogan,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen:

  • der CHEP Equipment Pooling NV, vertreten durch Sz. Vámosi-Nagy, ügyvéd,
  • der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér und R. Kissné Berta als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Jokubauskaite und Zs. Teleki als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie 2008/9/EG des Rates vom 12. Februar 2008 zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer gemäß der Richtlinie 2006/112/EG an nicht im Mitgliedstaat der Erstattung, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige (ABl. 2008, L 44, S. 23).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der CHEP Equipment Pooling NV und der Nemzeti Adó- és Vámhivatal Fellebbviteli Igazgatósága (Rechtsbehelfsdirektion der nationalen Steuer- und Zollverwaltung, Ungarn), dessen Gegenstand die Entscheidung der Rechtsbehelfsdirektion ist, einem Antrag auf Erstattung der Mehrwertsteuer nur teilweise stattzugeben.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 2008/9

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 1 und 2 der Richtlinie 2008/9 lauten:

„(1) Sowohl die Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten als auch Unternehmen haben erhebliche Probleme mit den Durchführungsbestimmungen, die in der Richtlinie 79/1072/EWG des Rates vom 6. Dezember 1979 [(ABl. 1979, L 331, S. 11)] zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige festgelegt sind.

(2) Die Regelungen jener Richtlinie sollten hinsichtlich der Frist, innerhalb deren die Entscheidungen über die Erstattungsanträge den Unternehmen mitzuteilen sind, geändert werden. Gleichzeitig sollte vorgesehen werden, dass auch die Unternehmen innerhalb bestimmter Fristen antworten müssen. Außerdem sollte das Verfahren vereinfacht und durch den Einsatz fortschrittlicher Technologien modernisiert werden.”

Rz. 4

Art. 2 der Richtlinie 2008/9 lautet:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1. „nicht im Mitgliedstaat der Erstattung ansässiger Steuerpflichtiger” jeden Steuerpflichtigen im Sinne von Artikel 9 Absatz 1 der Rich...

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