Entscheidungsstichwort (Thema)

Vereinbarkeit einer besonderen Vergnügungsteuer mit dem Gemeinschaftsrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

In dem Verfahren ging es um die Frage, ob eine 25 %ige Vergnügungsteuer einer belgischen Gemeinde, erhoben auf den Bruttobetrag sämtlicher Einnahmen bei öffentlichen Darbietungen oder Vergnügungen im Gemeindegebiet gegen Artikel 33 der 6. EG-Richtline verstößt.

Nach dem Urteil ist diese Steuer zulässig, weil sie keine Umsatzsteuer im Sinne des Artikels 33 der 6. EG-Richtline darstellt.

 

Beteiligte

Giant NV

Commune d' Overijse

 

Gründe

Urteil des Gerichtshofes

(Vierte Kammer)

In der Rechtssache C-109/90

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EWG-Vertrag von der Bestendige Deputatie van de Provincieraad van Brabant (Belgien) in dem bei diesem Gericht anhängigen Rechtsstreit

NV Giant[1]

gegen

Gemeente Overijse

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 33 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S.1)

erläßt

Der Gerichtshof

(Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Díez de Valesco, der Richter C. N. Kakouris und P. J. Kapteyn,

Generalanwalt: F. G. Jacobs

Kanzler: D. Louterman, Hauptverwaltungsrätin,

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. F. Buhl und B. J. Drijber, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der Kommission in der Sitzung vom 15. Januar 1991,

nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. Februar 1991,

folgendes

Urteil

1 Die Bestendige Deputatie van de Provincieraad van Brabant (Belgien) hat mit Beschluß vom 23. Januar 1990, beim Gerichtshof eingegangen am 19. April 1990, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung von Artikel 33 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S.1; nachstehend: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen der Firma Giant und der Gemeinde Overijse über die Erhebung von Vergnügungssteuer durch diese Gemeinde.

3 Aus den Akten ergibt sich, daß die Gemeinde Overijse am 2. März 1983 eine Steuerordnung erließ, wonach jeder, der gewöhnlich oder gelegentlich im Gemeindegebiet öffentliche Darbietungen oder Vergnügungen veranstaltet und von den Besuchern oder Teilnehmern dafür ein Eintrittsgeld verlangt, eine besondere Steuer auf den Bruttobetrag aller Einnahmen schuldet (Artikel 2 der Steuerordnung). Gemäß Artikel 3 der Steuerordnung wird die Steuer auf den Gesamtbetrag der Eintritts-, Miet- und Garderobengelder, der Einnahmen aus dem Verkauf von Programmen oder Tanzkarten, des Ertrags aus sämtlichem Konsum usw. erhoben. Gemäß Artikel 4 Absatz 1 Teil B Buchstabe c der Steuerordnung beträgt der Steuersatz für Tanzlokale und die damit verbundenen Restaurants 25 %. Die Steuer wird jährlich erhoben. Die Steuerordnung war für einen Zeitraum von sechs Jahren, das heißt bis Ende des Jahres 1988, erlassen worden.

4 Am 28. Juni 1989 legte die Firma Giant bei der Bestendige Deputatie van de Provincieraad van Brabant Einspruch gegen die für das Jahr 1988 auferlegte Steuer ein. Sie machte geltend, daß diese Steuer den Charakter einer Umsatzsteuer habe und gegen Artikel 33 der Sechsten Richtlinie verstoße, der die Einführung anderer Steuern auf den Umsatz als Mehrwertsteuer untersage.

5 Das angerufene nationale Gericht war der Auffassung, daß die Entscheidung des Rechtsstreits von der Auslegung der Sechsten Richtlinie abhänge. Es hat daher beschlossen, folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Verstößt die Steuerordnung der Gemeinde Overijse vom 2. März 1983, wonach derjenige, der gewöhnlich oder gelegentlich öffentliche Darbietungen oder Vergnügungen im Gemeindegebiet veranstaltet und von Besuchern oder Teilnehmern ein Eintrittsgeld dafür verlangt, eine besondere Steuer auf den Bruttobetrag aller Einnahmen schuldet und wonach insbesondere für Tanzlokale und die damit verbundenen Restaurants eine jährliche Steuer in Höhe von 25 % auf den Gesamtbetrag der Eintritts-, Miet- und Garderobengelder, der Einnahmen aus dem Verkauf von Programmen oder Tanzkarten, des Ertrags aus sämtlichem Konsum und der Beiträge oder Vergütungen, die diese Gelder oder Preise ersetzen oder ergänzen können, sowie anderer Einnahmen gleich welcher Art eingeführt wird, gegen das Verbot des Artikels 33 der Richtlinie 77/388/EWG, auf den Umsatz andere Steuern als die Mehrwertsteuer zu erheben?

6 Wegen weiterer Einzelheiten des rechtlichen Rahmens und des Sachverhalts des Ausgangsverfahren sowie der beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklär...

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