Entscheidungsstichwort (Thema)

Unregelmäßigkeiten in der Steuererklärung, Verhängung einer zusätzlichen Steuerschuld, Polnische Steuer auf Waren und Dienstleistungen keine unzulässige Steuer mit Umsatzsteuercharakter

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Mitgliedstaat ist durch das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, wie es in Art. 2 Abs. 1 und 2 der Ersten Richtlinie 67/227/EWG des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer sowie den Art. 2 und 10 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 2004/66/EG des Rates vom 26. April 2004 geänderten Fassung definiert worden ist, nicht daran gehindert, in seinem Recht eine verwaltungsrechtliche Sanktion vorzusehen, die gegen Mehrwertsteuerpflichtige verhängt werden kann, wie die „zusätzliche Steuerschuld“ im Sinne von Art. 109 Abs. 5 und 6 des Gesetzes über die Steuer auf Waren und Dienstleistungen (ustawa o podatku od towarów i uslug) vom 11. März 2004.

2. Bestimmungen wie Art. 109 Abs. 5 und 6 des Gesetzes über die Steuer auf Waren und Dienstleistungen vom 11. März 2004 sind keine „abweichenden Sondermaßnahmen“ zur Verhinderung von Steuerhinterziehungen oder -umgehungen im Sinne von Art. 27 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388 in ihrer geänderten Fassung.

3. Art. 33 der Sechsten Richtlinie 77/388 in ihrer geänderten Fassung steht der Beibehaltung von Bestimmungen wie Art. 109 Abs. 5 und 6 des Gesetzes über die Steuer auf Waren und Dienstleistungen vom 11. März 2004 nicht entgegen.

 

Normenkette

EWGRL 388/77 Art. 2, 10 Abs. 1-2, Art. 27 Abs. 1, Art. 33

 

Beteiligte

K-1

K-1 sp. z o.o

Dyrektor Izby Skarbowej w Bydgoszczy

 

Verfahrensgang

Naczelny Sąd Administracyjny (Polen) (Urteil vom 31.10.2007; ABl. EU 2008, Nr. C 22/30)

 

Tatbestand

„Mehrwertsteuer ‐ Unregelmäßigkeiten in der Steuererklärung des Steuerpflichtigen ‐ Zusätzliche Steuerschuld“

In der Rechtssache C-502/07

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Naczelny Sad Administracyjny (Polen) mit Entscheidung vom 31. Oktober 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 16. November 2007, in dem Verfahren

K-1 sp. z o.o.

gegen

Dyrektor Izby Skarbowej w Bydgoszczy

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richter J.-C. Bonichot (Berichterstatter), K. Schiemann und J. Makarczyk sowie der Richterin C. Toader,

Generalanwalt: J. Mazák,

Kanzler: K. Sztranc-Slawiczek, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2008,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der K-1 sp. z o.o., vertreten durch M. Lukasik und M. Zlotopolska-Nowak, radcy prawni,

‐ des Dyrektor Izby Skarbowej w Bydgoszczy, vertreten durch M. Kraus, radca prawny,

‐ der polnischen Regierung, vertreten durch M. Dowgielewicz, M. Jarosz und A. Rutkowska als Bevollmächtigte,

‐ der griechischen Regierung, vertreten durch S. Spyropoulos, I. Bakopoulos und M. Tassopoulou als Bevollmächtigte,

‐ der zyprischen Regierung, vertreten durch I. Neofytou und E. Symeonidou als Bevollmächtigte,

‐ der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch L. Seeboruth und C. Gibbs als Bevollmächtigte,

‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Triantafyllou und K. Herrmann als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 1 und 2 der Ersten Richtlinie 67/227/EWG des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer (ABl. 1967, Nr. 71, S. 1301, im Folgenden: Erste Mehrwertsteuerrichtlinie) und verschiedener Artikel der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 2004/66/EG des Rates vom 26. April 2004 (ABl. L 168, S. 35) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der K-1 sp. z o.o. (im Folgenden: K-1) und dem Dyrektor Izby Skarbowej w Bydgoszczy (Leiter der Finanzkammer Bydgoszcz) wegen der „zusätzlichen Steuerschuld“, die dem Mehrwertsteuerpflichtigen auferlegt wird, wenn er in seiner Steuererklärung einen Betrag als zu erstattende Steuerdifferenz oder als zu erstattende Vorsteuer ausgewiesen hat, der höher ist als der ihm zustehende Betrag.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsecht

3

Art. 2 Abs. 1 und 2 der Ersten Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:

„Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht auf ...

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