Entscheidungsstichwort (Thema)

Mindestbemessungsgrundlage beim Verkauf von Gebrauchtwagen

 

Leitsatz (redaktionell)

In dem Verfahren ging es um die Frage, ob eine belgische Regelung, nach der beim Verkauf von Gebrauchtwagen eine Mindestbemessungsgrundlage zugrundezulegen ist, gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt. Die Regelung sah vor, beim Verkauf eines gebrauchten Pkw eine höhere Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer zugrundezulegen, als der tatsächlich in Rechnung gestellte Nettoverkaufspreis.

Nach dem Urteil ist dies unzulässig. Die Mindestbemessungsgrundlage muß sich aus Artikel 11 der 6. EG-Richtline unmittelbar ergeben. Das Urteil bestätigt die bisherige Rechtsprechung, daß nationale Maßnahmen nur soweit von den Regeln des Gemeinschaftsrechts abweichen dürfen, als dies zur Vermeidung von Steuerumgehungen unvermeidbar ist.

 

Beteiligte

„K” Line Air Service Europe BV

Belgischer Staat

Eulaerts NV

 

Gründe

Urteil des Gerichtshofes

(Sechste Kammer)

In der Rechtssache C-131/91,

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EWG-Vertrag von der Rechtbank van eerste aanleg Brüssel in dem bei diesem Gericht anhängigen Rechtsstreit

„K” Line Air Service Europe BV[1]

gegen

Eulaerts NV,

Belgischer Staat

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 11 und 27 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (77/388/EWG; ABI. L 145, S.1) sowie der Artikel 9 bis 11 EWG-Vertrag,

erläßt

Der Gerichtshof

(Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten F. A. Schockweiler, der Richter G. F. Mancini, C. N. Kakouris, M. Díez de Velasco und J. L. Murray,

Generalanwalt: M. Darmon,

Kanzler: D. Triantafyllou, Verwaltungsrat,

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

der Eulaerts NV, vertreten durch Rechtsanwalt H. Van den Keybus, Brüssel,

des Belgischen Staates, vertreten durch Rechtsanwalt I. Maeslis, Brüssel,

der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch ihren Rechtsberater J. Føns Buhl und Pieter van Nuffel, Juristischer Dienst der Kommission als Bevollmächtigte,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Eulaerts NV, vertreten durch die Rechtsanwälte H. van den Keybus und M. Eulaerts, Brüssel, des Belgischen Staates und der Kommission in der mündlichen Verhandlung vom 7. Mai 1992,

nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 24. Juni 1992,

folgendes

Urteil

1 Die Rechtbank van eerste aanleg Brüssel hat mit Entscheidung vom 2. Mai 1991, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Mai 1991, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung der Artikel 11 und 27 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzssteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (77/388/EWG; ABI. L 145, S.1; im folgenden: Sechste Richtlinie) – sowie der Artikel 9 bis 11 EWG-Vertrag zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen der „K” Line Air Service Europe BV (im folgenden: „K” Line) und der Eulaerts NV sowie dem Belgischen Staat über die Festsetzung der Grundlage für die Belastung von Gebrauchtfahrzeugen mit Mehrwertsteuer in Belgien.

3 Artikel 35 Absatz 1 des belgischen Gesetzbuchs über die Mehrwertsteuer vom 3. Juli 1969 sieht die Möglichkeit vor, eine Mindestbesteuerungsgrundlage für Kraftfahrzeuge festzusetzen. Als Durchführungsvorschrift zu diesem Artikel war die königliche Verordnung Nr.17 vom 20. Juli 1970 erlassen worden, die für die Erhebung von Mehrwertsteuer auf Neu- und Gebrauchtfahrzeuge eine Mindestbesteuerungsgrundlage festgelegt hatte. Diese Verordnung wurde durch die königliche Verordnung Nr.17 vom 20. Dezember 1984 aufgehoben; die Mindestbesteuerungsgrundlage wurde lediglich für Gebrauchtfahrzeuge aufrechterhalten.

4 Gemäß Artikel 1 der königlichen Verordnung Nr.17 vom 20. Dezember 1984 wird eine Mindestbesteuerungsgrundlage für an Benutzer gelieferte oder durch Benutzer eingeführte Gebrauchtfahrzeuge festgesetzt. Nach Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung darf die Grundlage einen bestimmten Prozentsatz des Katalogpreises nicht unterschreiten. Der anwendbare Prozentsatz hängt von dem Zeitraum ab, der zwischen der Erstzulassung des Fahrzeugs zum Verkehr und der Lieferung oder der Einfuhr liegt.

5 Aus den Akten geht hervor, daß die Klägerin des Ausgangsverfahrens im Jahre 1988 an die Beklagte zu 1 des Ausgangsverfahrens ein Gebrauchtfahrzeug verkaufte. Beide Gesellschaften unterliegen der Mehrwertsteuer.

6 Die Klägerin stellte eine Rechnung über den Preis des Fahrzeugs, d. h. über denzwischen Verkäufer und Käufer vereinbarten Preis, sowie auf der Grundlage dieses Preises berechnete Mehrwertsteuer aus. Diese Rechnung wurde beglichen. Bei einer Kontrolle stellte die Finanzverwaltung fest, daß die Mehrwertsteue...

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