Entscheidungsstichwort (Thema)

Zollbefreiungsverordnung, Befreiung von den Eingangsabgaben, als Sammelsendung versandte Waren von geringem Wert, Versand unmittelbar von einem Drittstaat aus an einen Empfänger in der Gemeinschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 27 der Verordnung (EWG) Nr. 918/83 des Rates vom 28. März 1983 über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen in durch die Verordnung (EWG) Nr. 3357/91 vom 7. November 1991 geänderter Fassung ist dahin auszulegen, dass er der Befreiung von Sammelsendungen von Waren, deren Gesamtwert die in Art. 27 vorgesehene Grenze übersteigt, die jedoch einzeln betrachtet von geringem Wert sind, von Eingangsabgaben nicht entgegensteht, vorausgesetzt, dass jedes Päckchen der Sammelsendung einzeln an einen Empfänger in der Europäischen Gemeinschaft adressiert ist. In diesem Zusammenhang ist der Umstand, dass der Vertragspartner dieser Empfänger selbst in der Europäischen Gemeinschaft niedergelassen ist, unerheblich, wenn die Waren unmittelbar von einem Drittstaat an diese Empfänger versandt werden.

 

Normenkette

EWGV 918/83 Art. 27

 

Beteiligte

Har Vaessen Douane Service

Har Vaessen Douane Service BV

Staatssecretaris van Financiën

 

Verfahrensgang

Hoge Raad (Niederlande) (Urteil vom 07.12.2007; Abl.EU 2008, Nr. C 285/25)

 

Tatbestand

„Befreiung von den Eingangsabgaben ‐ Verordnung (EWG) Nr. 918/83 ‐ Art. 27 ‐ Als Sammelsendung versandte Waren, die einzeln von geringem Wert sind ‐ Versand der Sendungen unmittelbar von einem Drittstaat aus an einen Empfänger in der Gemeinschaft“

In der Rechtssache C-7/08

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) mit Entscheidung vom 7. Dezember 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 9. Januar 2008, in dem Verfahren

Har Vaessen Douane Service BV

gegen

Staatssecretaris van Financiën

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter M. Ilešič, A. Tizzano, E. Levits (Berichterstatter) und J.-J. Kasel,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: R. şereŞ, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. März 2009,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Har Vaessen Douane Service BV, vertreten durch R. N. van der Paardt und C. Bouwmeester, advocaten,

‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels und M. de Mol als Bevollmächtigte,

‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch S. Schønberg und M. van Beek als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 23. April 2009

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 27 der Verordnung (EWG) Nr. 918/83 des Rates vom 28. März 1983 über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen (ABl. L 105, S. 1) in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 3357/91 vom 7. November 1991 (ABl. L 318, S. 3) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 918/83 in geänderter Fassung).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits der Har Vaessen Douane Service BV (im Folgenden: Har Vaessen), einer Gesellschaft niederländischen Rechts mit Sitz in den Niederlanden, gegen den Staatssecretaris van Financiën wegen dessen Weigerung, der Har Vaessen die Befreiung im Sinne von Art. 27 der Verordnung Nr. 918/83 in geänderter Fassung für die Einfuhr von Compact Discs und Magnetbändern zu gewähren.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 3

Kapitel I der Verordnung Nr. 918/83 („Befreiung von den Eingangsabgaben“) enthält einen Art. 27, der in seiner ursprünglichen Fassung wie folgt lautete:

„Von den Eingangsabgaben befreit sind vorbehaltlich des Artikels 28 Sendungen, die von der Post in Paketen, Päckchen oder Briefen zum Empfänger befördert werden und deren Gesamtwert 10 [Euro] nicht übersteigt.“

Rz. 4

Diese Bestimmung wurde durch die Verordnung (EWG) Nr. 2287/83 der Kommission vom 29. Juli 1983 zur Durchführung des Artikels 127 der Verordnung Nr. 918/83 (ABl. L 220, S. 12) in folgendem Sinne geändert:

„Die Zollbefreiung im Sinne von Artikel 27 der Verordnung (EWG) Nr. 918/83 gilt nur für Sendungen, die von der Post in Paketen, Päckchen oder Briefen befördert werden und die von einem Drittland aus direkt an eine natürliche oder juristische Person in der Gemeinschaft befördert werden.“

Rz. 5

Der Grund für die Änderung von Art. 27 der Verordnung Nr. 918/83 geht aus dem dritten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 2287/83 hervor:

„Es sollte vermieden werden, dass Wirtschaftsunternehmen durch Schaffung von speziell hierfür vorgesehenen Tätigkeiten oder künstlicher Verlagerung bestehender Tätigkeiten [die in Art. 27 der Verordnung Nr. 918/83 vorgesehene Befreiung] nützen und somit Wettbewerbsverzerrungen im Gemeinsamen Markt verursachen würden. Um diese Verzerrungen zu vermeiden, erscheint es zweckmäßig, vorstehend erwähnte Sendungen, die vor ihrer Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr einem anderen Zollverfahren unterworfen wurden, von der Befreiung von den Eingangsabgaben auszuschlie...

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