Leitsatz

Die Rechtmäßigkeit eines Erbschaftsteuerbescheids ist ernstlich zweifelhaft, wenn ein Anteil an einer gewerblich tätigen oder geprägten Personengesellschaft mit Grundbesitz vererbt wurde und die Grundbesitzwerte für die Gesellschaftsgrundstücke wegen R 124 Abs. 6 Satz 1 ErbStR 1999/2003 nicht gem. § 138 Abs. 5 Satz 1 BewG gesondert festgestellt, sondern von den Lage-FÄ im Weg der Amtshilfe lediglich formlos ermittelt worden sind.

 

Normenkette

§ 12 Abs. 3 ErbStG , § 138 Abs. 5 Satz 1 BewG

 

Sachverhalt

Der Antragsteller und seine Ehefrau waren Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Zum Gesellschaftsvermögen gehörten Grundstücke, die im Rahmen einer Betriebsaufspaltung vermietet waren. Mit dem Tod der Ehefrau ging deren Gesellschaftsanteil auf den Antragsteller als Alleinerben über. Im Zug der Bewertung dieses Anteils waren auch die Grundstücke zu bewerten. Dies geschah zwar nach den Regeln des § 146 BewG, jedoch wegen R 124 Abs. 6 Satz 1 ErbStR 2003 nicht durch gesonderte Feststellung gem. § 138 Abs. 5 Satz 1 BewG, sondern im Weg der Amtshilfe formlos durch das Lage-FA.

Der Antragsteller legte aus materiell-rechtlichen Gründen Einspruch ein und beantragte die AdV. Erst das FG gab dem Antrag aus dem formellen Grund statt, dass ernstlich zweifelhaft sei, ob auf eine gesonderte Feststellung verzichtet werden durfte. Die vom FG zugelassene Beschwerde des FA wies der BFH als unbegründet zurück.

 

Entscheidung

Es ist nahe liegend, das Tatbestandsmerkmal des § 138 Abs. 5 Satz 1 BewG, wonach die Grundbesitzwerte für die Erbschaftsteuer erforderlich sein müssen, so zu verstehen, dass die Grundstückswerte immer dann gesondert festgestellt werden müssen, wenn sie im Rahmen einer Veranlagung zur Erbschaft- und Schenkungsteuer von Bedeutung sind. Denn die Wendung von dem Erforderlichsein bezieht sich nicht auf das Verfahren einer gesonderten Feststellung, sondern auf die Grundbesitzwerte als solche. Von Bedeutung sind die Grundbesitzwerte aber auch dann, wenn die Grundstücke über den Anteil an einer Personengesellschaft erworben wurden. Daher sind die ernstlichen Zweifel des FG berechtigt, ob eine gesonderte Feststellung der Werte entbehrlich war.

 

Hinweis

Die Finanzverwaltung unterscheidet bei der Frage, ob eine gesonderte Feststellung der Grundbesitzwerte erforderlich ist, gem. § 124 Abs. 5 und 6 ErbStR 2003 zwischen einerseits vermögensverwaltenden und andererseits gewerblich tätigen oder geprägten Personengesellschaften. Der Grund für diese Unterscheidung liegt in § 10 Abs. 1 Satz 3 ErbStG.

Obwohl das Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft den Saldo aus Aktiv- und Passivposten darstellt, bestimmt § 10 Abs. 1 Satz 3 ErbStG, dass der Erwerb einer Beteiligung an einer lediglich vermögensverwaltenden Personengesellschaft, deren Vermögen kein Betriebsvermögen darstellt, als Erwerb der anteiligen einzelnen aktiven und passiven Wirtschaftsgüter gilt. Im Hinblick darauf geht die Finanzverwaltung bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften von einem unmittelbaren (anteiligen) Grundstückserwerb und ansonsten nur von einem mittelbaren Grundstückserwerb aus. Nur bei einem unmittelbaren Grundstückserwerb hält sie nach § 138 Abs. 5 BewG eine gesonderte Feststellung für erforderlich.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 02.12.2003, II B 76/03

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