2.1.1 Allgemeines

Das Vermächtnis unterliegt beim Vermächtnisnehmer als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer.[1]

Die Erbschaftsteuer für den Vermächtnisanfall entsteht nicht erst mit der Erfüllung durch die beschwerte Person, sondern schon mit dem Tod des Erblassers.[2]

 
Praxis-Beispiel

Erbschaftsteuer

Vater V hat seine Tochter T zur Alleinerbin eingesetzt. Für den Freund F hat V ein Vermächtnis in Form eines Geldbetrags i. H. v. 50.000 EUR ausgesetzt. V verstirbt am 15.1.2023. Am 1.2.2023 erfüllt T als Erbin das Vermächtnis.

Lösung

Die Erbschaftsteuer für das Vermächtnis entsteht schon am 15.1.2023.

Es ergibt sich für F die folgende Erbschaftsteuer:

 
Vermächtnis 50.000 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag[3] ./. 20.000 EUR
steuerpflichtiger Erwerb 30.000 EUR
Erbschaftsteuer[4] 9.000 EUR

F hat eine Erbschaftsteuer i. H. v. 9.000 EUR zu entrichten.

 
Hinweis

Formularhinweis

Das Vermächtnis ist im Erbschaftsteuerformular Mantelbogen der Erbschaftsteuererklärung in den Zeilen 104 bis 109 einzutragen sowie in der Anlage Erwerber zur Erbschaftsteuererklärung in der Zeile 33, 35 und 36.

2.1.2 Ansatz des Vermächtnisses

2.1.2.1 Allgemeines

Auch die Bewertung von Vermächtnissen ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer vorzunehmen.[1] Ändert sich zwischen dem Todestag und dem Tag der Erfüllung des Vermächtnisses der Wert des Vermächtnisses, bleibt dies ohne Auswirkung auf den Ansatz des Vermächtnisses. Dies kann vorteilhaft sein (wenn der Wert des Vermächtnisses zwischenzeitlich steigt) als auch nachteilig (wenn der Wert des Vermächtnisses zwischenzeitlich sinkt).

 
Praxis-Beispiel

Ansatz des Vermächtnisses

Vater V hat seine Tochter T zur Alleinerbin eingesetzt. Für den Freund F hat V ein Vermächtnis in Form eines wertvollen Bildes ausgesetzt (gemeiner Wert 65.000 EUR). V verstirbt am 1.9.2023. Am 15.10.2023 erfüllt T als Erbin das Vermächtnis. Im Zeitpunkt der Erfüllung beläuft sich der gemeine Wert des Bildes auf 70.000 EUR.

Lösung

In die erbschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage fließt der Wert i. H. v. 65.000 EUR ein.

Die Berechnung der Erbschaftsteuer ist wie folgt vorzunehmen:

 
Bereicherung (Vermächtnis) 65.000 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag[2] ./. 20.000 EUR
steuerpflichtiger Erwerb 45.000 EUR
Erbschaftsteuer[3] 13.500 EUR

2.1.2.2 Geldvermächtnis

Beim Geldvermächtnis ist zwischen dem Geldsummenvermächtnis und dem Geldwertvermächtnis zu unterscheiden.[1] Hat der Erblasser ein Geldsummenvermächtnis angeordnet, so ist dieses mit dem Nennbetrag anzusetzen.[2]

Kommen die Parteien überein, dass der Vermächtnisnehmer vom Erben statt dem Geld ein Grundstück aus dem Nachlass erhalten soll, ändert dies nichts daran, dass der Vermächtnisnehmer den Nennbetrag des Geldes zu versteuern hat.[3]

 
Praxis-Beispiel

Geldvermächtnis

Erblasserin E hat im Testament festgelegt, dass ihre Tochter T Alleinerbin sein soll. Ihrem Neffen N hat E ein Geldvermächtnis i. H. v. 580.000 EUR ausgesetzt. Nach dem Tod von E (am 1.10.2023) vereinbaren T und N, dass N statt dem Geld ein Grundstück erhalten soll. Der Verkehrswert des Grundstücks beträgt 580.000 EUR und der nach dem steuerlichen Bewertungsverfahren ermittelte Grundstückswert 550.000 EUR.

N hat 580.000 EUR der Besteuerung zu unterwerfen. Die Übereignung des Grundstücks an Erfüllung statt führt zu keinem anderen Ergebnis.

Infolgedessen sieht die Besteuerung für N wie folgt aus:

 
Bereicherung (Vermächtnis) 580.000 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag[4] ./. 20.000 EUR
steuerpflichtiger Erwerb 560.000 EUR
Erbschaftsteuer[5] 140.000 EUR

N hat Erbschaftsteuer i. H. v. 140.000 EUR zu entrichten.

Anders sieht es dagegen aus, wenn der Begünstigte eines Geldvermächtnisses das Vermächtnis ausschlägt und sich als Abfindung ein Grundstück übertragen lässt.[6] In diesem Fall ist für die Besteuerung nicht der Nennwert maßgebend, sondern der in der Regel niedrigere Steuerwert des Grundstücks.[7]

 
Praxis-Beispiel

Ausschlagung des Geldvermächtnisses gegen Abfindung durch Grundstück

Erblasserin E hat im Testament festgelegt, dass ihre Tochter T Alleinerbin sein soll. Ihrem Neffen N hat E ein Geldvermächtnis i. H. v. 300.000 EUR ausgesetzt. E verstirbt im Oktober 2023. N schlägt das Vermächtnis aus und lässt sich von T als Abfindung ein Einfamilienhaus mit einem Verkehrswert i. H. v. 300.000 EUR und einem nach dem steuerlichen Bewertungsverfahren ermittelten Grundstückswert i. H. v. 280.000 EUR übereignen.

Im Gegensatz zum vorhergehenden Beispiel geht bei N in die erbschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage der Grundstückswert i. H. v. 280.000 EUR ein. Dies führt bei diesem zur folgenden Berechnung:

 
Bereicherung (Vermächtnis) 280.000 EUR
abzüglich persönlicher Freibertrag[8] ./. 20.000 EUR
steuerpflichtiger Er...

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