Wie weiter oben schon ausgeführt, unterliegt erst der geltend gemachte Pflichtteilsanspruch der Besteuerung (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) bzw. kann vom Erben als Pflichtteilsverbindlichkeit abgezogen werden (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG).

Dem Begriff des Geltendmachens kommt hier also große Bedeutung zu.[1]

Die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs besteht dabei in dem ernstlichen Verlangen des Berechtigten auf Erfüllung des Anspruchs gegenüber dem Erben. Sie setzt nicht die Bezifferung des Pflichtteilsanspruchs voraus.[2]

 
Hinweis

Zinslose Stundung eines nicht geltend gemachten Pflichtteilsanspruch

Nach Auffassung des BFH stellt die zinslose Stundung eines nicht geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs keine der Schenkungsteuer unterliegende freigebige Zuwendung dar.[3]

Auf die schenkungsteuerlichen Folgen, wenn ein bereits geltend gemachter Pflichtteilsanspruch unverzinslich gestundet wird, ist der BFH – da dies im Urteilsfall keiner Entscheidung bedurfte – nicht eingegangen.

Auch eine teilweise Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs kann erbschaftsteuerlich sinnvoll sein, beispielsweise in Höhe des in Betracht kommenden persönlichen Freibetrags gem. § 16 ErbStG.[4]

 
Praxis-Beispiel

Teilweise Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs

Der pflichtteilsberechtigte Enkel E hat einen Pflichtteilsanspruch in Höhe von 500.000 EUR. Die Zwischengeneration ist vorverstorben. E macht hier nur einen Pflichtteilsanspruch in Höhe von 400.000 EUR geltend.

Lösung: Da die Zwischengeneration (Eltern des E) vorverstorben ist, steht dem Enkel E ein persönlicher Freibetrag in Höhe von 400.000 EUR zu. Da E den Pflichtteilsanspruch nur teilweise, d. h. in Höhe von 400.000 EUR geltend macht, kommt es zu keiner erbschaftsteuerlichen Belastung.

[1] Weitere Einzelheiten hierzu auch in Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 18. Aufl. 2021, § 3 ErbStG Anm. 59 und § 9 Anm. 33.
[3] BFH, Urteil v. 31.3.2010, II R 22/09, BFH NV 2010 S. 1564.
[4] Vgl. Halaczinsky, in Halaczinsky/Wochner, Schenken, Erben, Steuern, 11. Aufl. 2017, Rz. 24221.

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