Zivilrechtlich gehört beim Tod eines anteilsberechtigten Abkömmlings der Anteil am Gesamtgut nicht zu seinem Nachlass (siehe Tz. 2.1.5). Davon abweichend sieht das Erbschaftsteuerrecht dagegen vor, dass der Anteil zu seinem Nachlass gehört (§ 4 Abs. 2 Satz 1 ErbStG). Dies hat zur Folge, dass der Erwerber seinen Erwerb der Erbschaftsteuer zu unterwerfen hat (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG).

Als Erwerber in diesem Sinne sind die folgenden Personen anzusehen:

  1. die anteilsberechtigten Abkömmlinge (§ 1490 Satz 2 BGB);
  2. die Abkömmlinge, die mit ihm gemeinsam in den Anteil des verstorbenen Ehegatten eingetreten sind (§ 1490 Satz 3 BGB);
  3. der überlebende Ehegatte (§ 1490 Satz 3 BGB).

Unter welchen Voraussetzungen die vorgenannten Erwerber zur Besteuerung herangezogen werden, ergibt sich aus Tz. 2.1.5 zum Zivilrecht.

Die entsprechende Steuerklasse ist abhängig vom Verhältnis des Erwerbers und dem verstorbenen Abkömmling.[1]

 
Praxis-Beispiel

Tod eines anteilsberechtigten Abkömmlings

Die Ehegatten EM und EF leben seit ihrer Eheschließung im Güterstand der Gütergemeinschaft. Sie haben 2 gemeinsame Kinder, die Tochter T und den Sohn S. Die Ehegatten haben zudem die fortgesetzte Gütergemeinschaft vereinbart. Das Gesamtgut hat einen gemeinen Wert in Höhe von 4.800.0000 EUR. Vorbehaltsgut oder Sondergut ist nicht vorhanden. Die Ehefrau EF verstirbt am 1.11.2023. Zu einem späteren Zeitpunkt verstirbt auch die Tochter T. Die ledige Tochter T hinterlässt als Abkömmlinge den Sohn F und den Sohn G. Der Steuerwert des Gesamtguts hat sich bis zu diesem Zeitpunkt nicht verändert.

Lösung:

a) Tod der Ehefrau EF

Aufgrund der von den Ehegatten getroffenen Vereinbarung wird die Gütergemeinschaft mit den gemeinschaftlichen Abkömmlingen fortgesetzt, welche bei gesetzlicher Erbfolge Erben wären. Dies sind hier die Tochter T und der Sohn S. Zivilrechtlich fällt der Anteil der verstorbenen EF nicht in den Nachlass. Erbschaftsteuerlich haben die anteilsberechtigten Abkömmlinge S und T ihren Erwerb jedoch nach § 4 Abs. 1 ErbStG i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Erbschaftsteuer zu unterwerfen.

Der Anteil von EF beläuft sich hier auf 2.400.000 EUR (½ von 4.800.000 EUR).

Hiervon sind S und T jeweils ½ zuzurechnen, d. h. S und T haben jeweils 1.200.000 EUR zu versteuern.

Die Berechnung der Erbschaftsteuer sieht für S und T jeweils wie folgt aus:

 
anteiliger Vermögensanfall 1.200.000 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) ./. 400.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb (Abrundung entfällt) 800.000 EUR
Erbschaftsteuer (Steuersatz 19 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 152.000 EUR

S und T haben für ihren Erwerb also jeweils eine Erbschaftsteuer i. H. von 152.000 EUR zu entrichten.

b) Tod der Tochter T

Mit dem Tod von Tochter T treten ihre Söhne F und G an deren Stelle in die Gütergemeinschaft ein. Zivilrechtlich gehört der Anteil der T nicht zu ihrem Nachlass. Anders ist dies wiederum im Erbschaftsteuerrecht. Hier bestimmt § 4 Abs. 2 Satz 1 ErbStG, dass ihr Anteil am Gesamtgut zum Nachlass gehört. Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 ErbStG sind als Erwerber die Söhne F und G anzusehen, da ihnen gemäß § 1490 Satz 2 BGB der Anteil zufällt. Diese Personen haben ihren Anfall daher der Erbschaftsteuer zu unterwerfen. Als Anteil am Gesamtgut ist F und G jeweils ein Betrag i. H. von 600.000 EUR (½ des Anteils der T i. H. von 1.200.000 EUR) zuzurechnen.

Die Berechnung der Erbschaftsteuer sieht für F und G jeweils wie folgt aus:

 
anteiliger Vermögensanfall 600.000 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) ./. 400.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb (Abrundung entfällt) 200.000 EUR
Erbschaftsteuer (Steuersatz 11 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 22.000 EUR[2]

F und G haben für ihren Erwerb also jeweils eine Erbschaftsteuer i. H. von 22.000 EUR zu entrichten.

 
Praxis-Beispiel

Tod eines anteilsberechtigten Abkömmlings

Die Ehegatten EM und EF leben seit ihrer Eheschließung im Güterstand der Gütergemeinschaft. Sie haben 2 gemeinsame Kinder, die Tochter T und den Sohn S. Die Ehegatten haben zudem die fortgesetzte Gütergemeinschaft vereinbart. Das Gesamtgut hat einen gemeinen Wert in Höhe von 4.500.0000 EUR. Vorbehaltsgut oder Sondergut ist nicht vorhanden. Der Ehemann EM verstirbt am 15.10.2023. Zu einem späteren Zeitpunkt verstirbt auch die Tochter T. Tochter T hinterlässt keine anteilsberechtigten Abkömmlinge. Der gemeine Wert des Gesamtguts hat sich bis zu diesem Zeitpunkt nicht verändert.

Lösung:

a) Tod des Ehemannes EM

Aufgrund der von den Ehegatten getroffenen Vereinbarung wird die Gütergemeinschaft mit den gemeinschaftlichen Abkömmlingen fortgesetzt, welche bei gesetzlicher Erbfolge Erben wären. Dies sind hier die Tochter T und der Sohn S. Zivilrechtlich fällt der Anteil des EM nicht in den Nachlass. Erbschaftsteuerlich haben die anteilsberechtigten Abkömmlinge S und T ihren Erwerb jedoch nach § 4 Abs. 1 ErbStG i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Erbschaftsteuer zu unterwerfen.

Der Anteil von EM beläuft sich auf 2.250.000 EUR (½ von 4.500.000 EUR).

Hiervon sind S und T jeweils ½ zu...

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