Wird ein Anteil an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft (beispielsweise von einer Grundstücksgesellschaft in Form einer GbR oder KG) erworben, dann gelten folgende Grundsätze (vgl. auch § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG).[1]

  1. Die Besitzposten und Gesellschaftsschulden der Gesamthandsgemeinschaft können nicht zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst werden.
  2. Den Gesellschaftern sind die einzelnen Wirtschaftsgüter und sonstigen Besitzposten des Gesamthandsvermögens und die Gesellschaftsschulden anteilig als Bruchteilseigentum zuzurechnen.
  3. Der unmittelbare oder mittelbare Erwerb eines solchen Gesellschaftsanteils gilt als Erwerb der Miteigentumsanteile an den zum Gesamthandsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern und sonstigen Besitzposten. Daneben tritt die mit dem Übergang des Gesellschaftsanteils verbundene Verpflichtung des Erwerbers, für die Gesellschaftsschulden einzustehen.
  4. Die Verpflichtung kann aber nicht unmittelbar abgezogen werden, sondern wird nur im Rahmen der Ermittlung der Bereicherung berücksichtigt. In Abhängigkeit, ob ein Erwerb von Todes wegen oder eine Schenkung unter Lebenden gegeben ist, muss vielmehr wie folgt vorgegangen werden:

    a) Erwerb von Todes wegen

    Bei einem Erwerb von Todes wegen kann der Erwerber die anteiligen Gesellschaftsschulden als Nachlassverbindlichkeiten abziehen.

     
    Hinweis

    Jahressteuergesetz 2020

    Hier müssen die Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2020 beachtet werden. Dieses ist auf Erwerbe anzuwenden, für die die Erbschaft- oder Schenkungsteuer nach dem 28.12.2020 entsteht.[2]

    Weitere Einzelheiten zu den Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2020 können Abschnitt 3.2 und 5.2 entnommen werden.

    b) Schenkung unter Lebenden

    Liegt eine Schenkung unter Lebenden vor, so sind die Grundsätze der gemischten Schenkung bzw. Schenkung unter Auflage heranzuziehen. Dabei wird der Erwerb der anteiligen Gesellschaftsschulden als Gegenleistung behandelt.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 1

Onkel O besitzt einen 50 %igen Anteil an der vermögensverwaltenden OB-GbR. Im Gesellschaftsvermögen befindet sich ein nicht zu Wohnzwecken vermietetes Grundstück. Des Weiteren sind noch Gesellschaftsschulden i. H. v. 220.000 EUR vorhanden. Der Verkehrswert des Grundstücks beträgt 660.000 EUR und der Steuerwert 612.000 EUR. O wendet im September 2023 seinem Neffen N den Anteil an der OB-GbR zu.

Lösung:

Die Zuwendung des Anteils an der vermögensverwaltenden GbR gilt für N nach § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG als Erwerb der anteiligen Wirtschaftsgüter.

Das heißt, N hat hier zum einen die Hälfte des Grundstücks geschenkt bekommen. Als Gegenleistung musste N aber die anteiligen Verbindlichkeiten i. H. v. 110.000 EUR (1/2 von 220.000 EUR) übernehmen.

Die Folge ist, dass eine gemischte Schenkung vorliegt. Die weitere Berechnung für N sieht damit wie folgt aus:

Die Bereicherung des Neffen N beträgt 196.000 EUR (Steuerwert Leistung des Vaters in Form des hälftigen Grundstücks 306.000 EUR ./. Steuerwert Gegenleistung des Beschenkten in Form der Übernahme der hälftigen Verbindlichkeiten 110.000 EUR).

Die weitere Berechnung der Schenkungsteuer sieht damit wie folgt aus:

 
Bereicherung 196.000 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG) ./. 20.000 EUR
steuerpflichtiger Erwerb (Abrundung entfällt) 176.000 EUR
Schenkungsteuer (Steuersatz 20 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 35.200 EUR

Die Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG findet aber keine Anwendung für den Erwerb von Todes wegen, mit der Folge, dass die Gesellschaftsschulden als Nachlassverbindlichkeiten gem. § 10 Abs. 5 ErbStG abgezogen werden können.[3]

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 2

Onkel O besitzt einen 50 % -igen Anteil an der vermögensverwaltenden OB-GbR. Im Gesellschaftsvermögen befindet sich ein nicht zu Wohnzwecken vermietetes Grundstück. Des Weiteren sind noch Gesellschaftsschulden i. H. v. 220.000 EUR vorhanden. Der Verkehrswert des Grundstücks beträgt 660.000 EUR und der Steuerwert 612.000 EUR. O verstirbt im September 2023 und wird von seinem Neffen N beerbt. Anderes Vermögen ist nicht vorhanden.

Lösung

Die Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG findet hier keine Anwendung. Die anteiligen Gesellschaftsschulden sind als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig.

Es ergibt sich die folgende Berechnung:

 
anteiliger Steuerwert am Grundstück (50 % von 612.000 EUR) 306.000 EUR

abzüglich anteilige Nachlassverbindlichkeiten

(50 % von 220.000 EUR); § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG
./. 110.000 EUR
steuerliche Bereicherung 196.000 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG) ./. 20.000 EUR
steuerpflichtiger Erwerb (Abrundung entfällt) 176.000 EUR
Schenkungsteuer (Steuersatz 20 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 35.200 EUR
 
Hinweis

Identische steuerliche Belastung

Im Ergebnis ergibt sich nun die gleiche steuerliche Belastung, unabhängig davon, ob der Erwerb zu Lebzeiten stattfindet oder beim Erwerb von Todes wegen.[4]

Zu beachten ist, dass durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz[5] in § 10 Abs. Satz 4 ErbStG die Wörter "Personengesellschaft oder einer anderen Gesamthandsgemeinsc...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge