Zusammenfassung

 
Überblick

Wird ein Grundstück geschenkt oder vererbt, muss es nach den Vorgaben des BVerfG für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer mit dem Verkehrswert bewertet werden. Da aus systematischen Gründen keine individuelle Bewertung des Einzelgrundstücks durch einen Gutachter erfolgen kann, hat der Gesetzgeber typisierende Bewertungsverfahren gesetzlich geregelt, deren Ziel es ist, den gemeinen Wert (Verkehrswert) des Grundstücks im Rahmen dieser Bewertungsverfahren zu ermitteln. Das Bewertungsverfahren ist dabei wesentlich von der Art der zu bewertenden wirtschaftlichen Einheit abhängig. Grundsätzlich hat der Steuerpflichtige aber immer die Möglichkeit, auch einen niedrigeren gemeinen Wert für das Grundstück gegenüber der Finanzbehörde nachzuweisen. Die Bewertungsvorschriften für die bebauten Grundstücke sind in den vergangenen Jahren mehrfach modifiziert worden, um dem Ziel der Bewertung mit einem Verkehrswert nahe zu kommen. Nachdem sich zum 1.1.2016 Veränderungen im Sachwertverfahren ergeben hatten, ergaben sich zuletzt für alle Erwerbe (Bewertungsstichtage) ab dem 1.1.2023 erhebliche Anpassungen der Vorschriften für die bebauten Grundstücke.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die Bewertung von Grundbesitz für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer richtet sich nach § 12 Abs. 3 ErbStG, wonach der gesondert festzustellende Wert der wirtschaftlichen Einheit anzusetzen ist. Die Bewertung von Grundbesitz für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer richtet sich nach §§ 157 ff. BewG. Die Finanzverwaltung hat darüber hinaus ausführliche Erläuterungen zu den Bewertungsverfahren in den ErbStR und den ErbStH aufgenommen. Aufgrund der umfassenden Änderungen bei der Bewertung der bebauten Grundstücke zum 1.1.2023 sind die Vorschriften der ErbStR durch den AEBewG JStG 2022 durch gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 20.3.2023 angepasst worden.

1 Gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts

Ist der Grundbesitzwert des Grundvermögens für erbschaft- oder schenkungsteuerrechtliche Zwecke zu ermitteln, wird dieser Wert gem. § 179 AO gesondert festgestellt.[1] In dem Feststellungsbescheid sind nach § 151 Abs. 2 BewG auch folgende Feststellungen zu treffen:

  • Art der wirtschaftlichen Einheit (hier also darüber, ob es sich z. B. um ein bebautes oder ein unbebautes Grundstück handelt, ob ein Mietwohngrundstück oder ein Geschäftsgrundstück vorliegt).
  • Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit (hier also, wem das Grundstück nach der Übertragung gehört). Bei mehreren Beteiligten muss auch eine Feststellung über die Höhe des Anteils, der für die Besteuerung oder eine andere Feststellung von Bedeutung ist, getroffen werden. Beim Erwerb durch eine Erbengemeinschaft erfolgt die Zurechnung in Vertretung der Miterben auf die Erbengemeinschaft.
 
Praxis-Tipp

Einheitliche Feststellung bei mehreren Beteiligten

Sind mehrere Personen an einer wirtschaftlichen Einheit beteiligt, erfolgt eine einheitliche und gesonderte Feststellung nach § 179 Abs. 2 Satz 2 AO.[2]

Ein einmal gesondert festgestellter Grundbesitzwert ist für innerhalb einer Jahresfrist folgende weitere Feststellungen für dieselbe wirtschaftliche Einheit unverändert zugrunde zu legen[3], wenn sich die für die erste Bewertung maßgeblichen Stichtagsverhältnisse nicht wesentlich verändert haben. Mit dieser Regelung wird vermieden, umfangreiche neue Ermittlungen der gesondert festzustellenden Werte vorzunehmen, wenn innerhalb einer kurzen Frist die wirtschaftliche Einheit erneut für steuerliche Zwecke heranzuziehen ist.

 
Praxis-Beispiel

Mehrfache Berücksichtigung eines einmal festgestellten Grundbesitzwerts

Am 15.3.2022 ist Ehemann M verstorben und hat als Alleinerbin seine Ehefrau F eingesetzt. Zum Vermögen gehört auch ein Mietwohnhaus, dessen Grundbesitzwert im Rahmen des Ertragswertverfahrens nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG zum 15.9.2016 mit 2 Mio. EUR gesondert festgestellt wird. Am 27.12.2022 verstirbt auch die F und hinterlässt ihr Vermögen ihrer Tochter T.

Da seit der erstmaligen Bewertung des Gebäudes nicht mehr als ein Jahr vergangen ist, kann der zum 15.3.2022 gesondert festgestellte Grundbesitzwert auch für den Erwerb vom 27.12.2022 durch die T zugrunde gelegt werden. Voraussetzung ist, dass sich der Wert der wirtschaftlichen Einheit nicht wesentlich geändert hat.

Nicht näher gesetzlich bestimmt ist, wann eine solche wesentliche Veränderung für die wirtschaftliche Einheit gegeben ist. Bei dem Grundvermögen wird dies wohl nur dann anzunehmen sein, wenn bauliche Veränderungen an dem Gebäude vorgenommen worden sind oder andere wesentliche nicht regulär auftretende Ereignisse eingetreten sind. Im Regelfall wird bei Grundvermögen innerhalb eines Jahres ohne solche außergewöhnlichen Ereignisse keine wesentliche Wertveränderung eintreten. Eine Besonderheit ergibt sich 2023 aufgrund der zum 1.1.2023 erheblich modifizierten Bewertungsvorschriften; ein in 2022 nach den bisherigen Vorschriften festgestellter Grundbesitzwert wird wohl nicht für Bewertungsstichtage in 2023 herangezogen werden können.

 
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