Leitsatz

Der Erwerb eines Anspruchs aus einer vom Arbeitgeber zugunsten des Erblassers mit dessen Ein­verständnis abgeschlossenen Direktversicherung unterliegt der Erbschaftsteuer, wenn der Bezugsberechtigte nicht die persönlichen Voraussetzungen für eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung des Erblassers erfüllt.

 

Normenkette

§ 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Alleinerbe seines 2003 verstorbenen Lebensgefährten (L). Er erhielt als Bezugsberechtigter Leistungen aus Lebensversicherungen, die der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer bei einem Versicherungsunternehmen (V) zugunsten des L als Versicherten abgeschlossen hatte. Die Versicherungsbeiträge für diese Direktversicherungen i.S.d. Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) waren im Wege der Entgeltumwandlung durch einvernehmliche Herabsetzung des laufenden Gehalts des L aufgebracht worden.

Das FA sah für den vom Kläger erworbenen Anspruch auf die Versicherungsleistung die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG als erfüllt an und setzte gegen den Kläger Erbschaftsteuer fest. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG war der Auffassung, dass der Erwerb von Hinterbliebenenbezügen, die auf einem Arbeits- oder Dienstverhältnis des Erblassers beruhen, nicht gem. § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG der Erbschaftsteuer unterlägen (FG Hamburg, Urteil vom 31.10.2012, 3 K 24/12, Haufe-Index 3552267, EFG 2013, 378).

 

Entscheidung

Aus den vorstehend erläuterten Gründen hat der BFH das FG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Da der Kläger im Verhältnis zu L nicht die persönlichen Voraussetzungen für einen Rentenanspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt, unterlag der Anspruch auf die vereinbarte Versicherungssumme der Erbschaftsteuer.

 

Hinweis

Der Erwerb privater Versorgungsrenten oder einmaliger Versicherungsleistungen unterliegt unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG der Erbschaftsteuer.

1. Die Anwendung des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG auf den Erwerb eines Anspruchs auf eine Einmalzahlung aus einer vom Arbeitgeber als Versicherungsnehmer zugunsten des Erblassers mit dessen Einverständnis abgeschlossenen Direktversicherung berührt Grundsatzfragen der erbschaftsteuerlichen Behandlung der Versorgungsansprüche Hinterbliebener.

Versorgungsansprüche kraft Gesetzes (z.B. Rentenansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung gem. §§ 46 bis 48 SGB VI; Versorgungsansprüche der Hinterbliebenen von Beamten oder Soldaten) unterliegen nicht der Erbschaftsteuer.

Nach ständiger BFH-Rechtsprechung sind auch Ansprüche auf eine zusätzliche betriebliche Altersversorgung, die Hinterbliebenen eines Arbeitnehmers zustehen, nicht gem. § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG steuerbar. Dies gilt unabhängig davon, ob die Ansprüche durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, eine Ruhegeldordnung, betriebliche Übung, den Gleichbehandlungsgrundsatz oder Einzelvertrag begründet wurden. Für diese Rechtsprechung ist die Erwägung maßgebend, dass Ansprüche auf eine betriebliche Altersversorgung erbschaftsteuerrechtlich nicht anders behandelt werden sollen als die Bezüge, die Hinterbliebene kraft Gesetzes erhalten

2. Diese Einschränkungen des Anwendungsbereichs des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG können nicht auf einen Anspruch aus einer Direktversicherung erstreckt werden, wenn der Bezugsberechtigte die in §§ 46 bis 48 SGB VI bestimmten persönlichen Voraussetzungen für den Bezug einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung des verstorbenen Arbeitnehmers nicht erfüllt.

Bei derartigen Gestaltungen kann der Anspruch aus der Direktversicherung nicht anders behandelt werden als der Anspruch aus einer vom Arbeitnehmer selbst abgeschlossenen – der Besteuerung nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG unterliegenden – Lebensversicherung. Ein berechtigtes Interesse des Erblassers an der Versorgung des Bezugsberechtigten, das zur Nichtanwendung des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG führen könnte, ist nicht ersichtlich.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.12.2013 – II R 55/12

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