Leitsatz

Es ist höchstrichterlich zu klären, unter welchen Umständen eine Vereinbarung über eine → Erbauseinandersetzung , nach der die Gewinne eines Gewerbebetriebs in Erfüllung einer Teilungsanordnung einem der Erben vom Zeitpunkt des Erbfalls an zustehen sollen, auch steuerlich anzuerkennen ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 04.11.1998, IV B 136/98

Anmerkung:

Hinterläßt ein Erblasser mehrere Erben, geht sein Vermögen im ganzen auf die Erben über und wird bei ihnen zu gemeinschaftlichem (Gesamthands-)Vermögen (§ 1922 Abs. 1, § 2032 Abs. 1 BGB; → Erbe/Erbfall ). Das gilt auch für ein zum Nachlaß gehörendes gewerbliches Unternehmen. Nach dem Erbfall wird die → Erbengemeinschaft Träger des Unternehmens; die Erben werden Mitunternehmer i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG; → Mitunternehmerschaft . Das hat zur Folge, daß ihnen die Gewinne und Verluste des Unternehmens steuerlich anteilig zugerechnet werden. Dieser Zustand endet erst, wenn sich die Miterben hinsichtlich ihres gemeinsamen Vermögens auseinandersetzen.

Werden bei einer solchen Auseinandersetzung Vereinbarungen mit zivilrechtlicher Rückwirkung getroffen, hat das im allgemeinen auf die steuerliche Beurteilung – insbesondere hinsichtlich der Gewinn- und Verlustverteilung in der Vergangenheit – keinen Einfluß. Denn grundsätzlich besteht ein steuerliches Rückwirkungsverbot. Hiervon gibt es allerdings Ausnahmen: Eine Rückwirkung hat der BFH für den Fall zugelassen, daß sich die Rückwirkung nur über eine kurze Zeit erstreckt (BFH, Beschluß v. 5. 7. 1990, GrS 2/89, BStBl 1990 II S. 837); im Hinblick hierauf erkennt die Finanzverwaltung eine rückwirkende Auseinandersetzungsvereinbarung in der Regel als steuerlich unschädlich an, wenn sie innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall erfolgt (BMF, Schreiben v. 11. 1. 1993, BStBl 1993 I S. 62, Tz. 9).

Auch ein Vergleich, mit dem sich nach einer Testamentsanfechtung die Testamentserben und die Anfechtenden darauf einigen, daß jedem von ihnen vom Tage des Erbfalls an ein Teil der Erbmasse (nebst Einkünften) zustehen soll, kann einkommensteuerlich zu beachten sein, selbst wenn zwischen Erbfall und Erbauseinandersetzung mehr als vier Jahre liegen (BFH, Urteil v. 14. 10. 1966, IV 61/64, BStBl 1967 III S.175). – Nicht geklärt ist bisher die Frage, ob eine steuerlich zu beachtende Rückwirkung auch dann in Betracht kommt, wenn sich die Erbauseinandersetzung deshalb verzögert, weil zwischen den Beteiligten Meinungsverschiedenheiten bestehen, die zwar nicht zu einem Gerichtsverfahren führen, dennoch aber erst nach längeren Verhandlungen durch einen Auseinandersetzungsvertrag beseitigt werden können. Der BFH sieht insoweit Klärungsbedarf, weil die Finanzämter die Anweisung in Tz. 9 des BMF-Schreibens v. 11. 1. 1993, BStBl 1993 I S. 62, dahingehend verstehen könnten, daß eine steuerliche Anerkennung derartiger Rückwirkungen nach dem Ablauf von sechs Monaten seit Eintritt des Erbfalls nicht zulässig sei.

Zur Klärung dieser Frage hat der BFH die Revision in einem Fall zugelassen, der die steuerlichen Folgen einer Erbauseinandersetzung betrifft. Es ging um ein in der Rechtsform einer GmbH & Co KG betriebenes Unternehmen, dessen einzige Kommanditisten die Brüder A und B waren. A verstarb und wurde zu gleichen Teilen von seiner Ehefrau und seinem Bruder beerbt. Nach einer im Testament des A enthaltenen Teilungsanordnung sollte B den Kommanditanteil des A sowie dessen Anteil an der Komplementär-GmbH erhalten. Zwei Jahre nach dem Erbfall trat Frau A im Rahmen eines Erbauseinandersetzungsvertrags ihre Erbansprüche an dem Kommanditanteil und dem GmbH-Anteil ihres verstorbenen Mannes an B ab; das variable Kapitalkonto des A sollte mit Wirkung vom Todestag übergehen. Das FA war der Auffassung, Frau A sei bis zum Zeitpunkt der Auseinandersetzung Mitunternehmerin der KG gewesen. Frau A bestreitet dies im Hinblick auf die vereinbarte Rückwirkung des Auseinandersetzungsvertrags; ihr könnten deshalb auch keine Gewinnanteile zugerechnet werden.

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