Leitsatz

Eine Körperschaftsteuer ist auch dann i.S.d. § 11 Abs. 2 AStG a.F. "für die vergangenen vier Kalenderjahre auf Hinzurechnungsbeträge entrichtet", wenn für jene Jahre wegen eines bestehenden Verlustabzugs keine Steuer zu zahlen war, die Hinzurechnungsbeträge gem. §§ 7 ff. AStG aber den verbleibenden Verlustabzug vermindert haben und deshalb im Folgejahr außerhalb des Vierjahreszeitraums eine zu zahlende KSt angefallen ist (Abgrenzung von dem BMF-Schreiben vom 2.12.1994, BStBl I Sondernr. 1/1995, Tz. 11.2.5).

 

Normenkette

§ 11 Abs. 2 AStG a.F.

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine im Inland ansässige GmbH, war u.a. in 1991 bis 1993 und 1995 Alleingesellschafterin zweier in der Schweiz ansässiger Kapitalgesellschaften schweizerischen Rechts. Die beiden Schweizer Gesellschaften erzielten als sog. Zwischengesellschaften i.S.v. § 8 AStG a.F. passive Einkünfte, die bei der Klägerin zur Hinzurechnungsbesteuerung gem. §§ 7 bis 14 AStG a.F. führten. Wegen der Ausnutzung eigener Verlustvor- und -rückträge erzielte die Klägerin zwischen 1988 und 1994 allerdings kein positives zu versteuerndes Einkommen. In den jeweiligen Jahren betrug die KSt-Tarifbelastung 0 DM. Die Hinzurechnungsbeträge minderten daher nur die Verlustabzüge, zogen aber bis 1995 keine KSt-Zahlungen nach sich.

Infolge von Gewinnausschüttungen der Zwischengesellschaften ergaben sich für die Jahre 1992, 1993 und 1995 jeweils Ausschüttungsüberschüsse i.S.v. § 11 Abs. 2 AStG a.F. Die Klägerin beantragte deshalb, diese Überschüsse in 1995 zu berücksichtigen, für die jeweils vier vorangegangenen Jahre die Hinzurechnungsbeträge nach § 11 Abs. 2 AStG a.F. in entsprechendem Umfang zu vermindern und die darauf entfallenden Steuern zu erstatten.

Das FA lehnte dies ab und setzte die Erstattungen für die Jahre 1992, 1993 und 1995 jeweils mit 0 DM fest. Es vertrat die Auffassung, nur tatsächlich in dem jeweiligen Vierjahreszeitraum des § 11 Abs. 2 AStG a.F. auf Hinzurechnungsbeträge gezahlte Steuern könnten erstattet werden. In dem Vierjahreszeitraum von 1991 bis 1994 seien indes keine verrechenbaren Steuern festgesetzt worden und stehe kein Verrechnungspotenzial zur Verfügung. Eine betragliche steuerliche Auswirkung träte erst nach Verbrauch des Verlustpotenzials im Jahr 1995 ein.

Die anschließende Klage richtete sich im Ergebnis auf Aufhebung des Erstattungsbescheids sowie auf Erstattung der KSt 1995. Die Klage wurde abgewiesen (EFG 2004, 1573).

 

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil des FG auf und gab der Argumentation der Klägerin im Ergebnis (und abgesehen von einigen, hier irrelevanten verfahrensrechtlichen Feinheiten) Recht. Die Gründe hierfür entnehmen Sie den Praxis-Hinweisen.

 

Hinweis

Der Urteilsfall betraf die zwischenzeitlich längst abgeschaffte Regelung des § 11 Abs. 2 AStG a.F. Ihr kommt für offene Fälle aber gleichwohl beträchtliche Wirkung zu:

1. Zunächst zu den – mit einiger Gewissheit nicht allseits und allerorten geläufigen – Regelungsinhalten: Bei Zwischenschaltung einer passiv tätigen Zwischengesellschaft im niedrig besteuerten Ausland durch einen unbeschränkt Steuerpflichtigen sind die Einkünfte jener Zwischengesellschaft bei dem Inländer nach Maßgabe der §§ 7 bis 14 AStG steuerpflichtig, und zwar durch Ansatz eines entsprechenden Hinzurechnungsbetrags, der wiederum beim Steuerpflichtigen zu dessen Kapitaleinkünften gehört (vgl. § 10 AStG). Die Hinzurechnung wirkt wie eine vorweggenommene Ausschüttung (Quasi-Ausschüttung, s. auch BFH, Urteil vom 7.9.2005, I R 118/04, in diesem Heft S. 83).

Nach § 11 Abs. 1 AStG a.F. war dieser Hinzurechnungsbetrag gem. §§ 7 ff. AStG nun um (spätere) Gewinnanteile zu kürzen, die der unbeschränkt Steuerpflichtige in dem Kalender- oder Wirtschaftsjahr, in dem der Hinzurechnungsbetrag nach § 10 Abs. 2 AStG a.F. anzusetzen ist, von der ausländischen Gesellschaft bezieht. Soweit die Gewinnanteile den Hinzurechnungsbetrag übersteigen, ist nach § 11 Abs. 2 AStG a.F. ein Betrag i.H.d. ESt oder KSt und der GewSt zu erstatten, die für die vorangegangenen vier Kalender- oder Wirtschaftsjahre auf Hinzurechnungsbeträge bis zur Höhe des übersteigenden Betrags "entrichtet und noch nicht erstattet worden sind". Mit anderen Worten: Erstattet werden konnten und mussten Steuerbeträge hiernach, wenn sie zuvor gezahlt worden waren. Das versteht sich von selbst und ergibt sich gleichsam aus der Natur der Sache.

2. Bislang höchstrichterlich nicht abschließend geklärt war indes, wann und unter welchen Umständen denn nun eine "Steuerentrichtung" im vorbezeichneten Sinn gegeben ist. Erfordert das auch einen Zahlungsvorgang und wenn, in welchem Zeitraum? Der BFH bekennt sich hier entgegen der Verwaltungsmeinung (BMF, Schreiben vom 2.12.1994, BStBl I Sondernr. 1/1995, Tz. 11.2.5) zu einem wirtschaftlichen und im Ergebnis steuerpflichtigenfreundlichem Regelungsverständnis:

– "Entrichtet" i.S.d. § 11 Abs. 2 AStG a.F. ist eine Steuer bereits dann, wenn sich infolge der Hinzurechnungsbeträge zwar keine Steuerlast ergibt, jedoch ein verbleibender Verlustabzug ...

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