Die Ortsverlagerung an den Ort des Leistungsempfängers tritt gem. § 3a Abs. 5 Satz 3 UStG ausnahmsweise nicht ein, wenn der leistende Unternehmer in nur einem EU-Mitgliedstaat ansässig ist und der Gesamtbetrag der Entgelte für elektronisch erbrachte Dienstleistungen an private Endverbraucher mit Wohnsitz oder Sitz in anderen Mitgliedstaaten, einschließlich der innergemeinschaftlichen Fernverkäufe[1], 10.000 EUR nicht überschreitet. Dies stellt eine Vereinfachung für Unternehmer dar, die in nur geringem Maße Leistungen an Empfänger in anderen EU-Mitgliedstaaten erbringen und deren Besteuerung zumindest in einem Mitgliedstaat des europäischen Binnenmarktes gesichert ist. Wenn der Unternehmer daher die benannten Erheblichkeitsschwellen nicht überschreitet, kann er weiterhin seine gesamten Umsätze in seinem Ansässigkeitsstaat versteuern und ist nicht verpflichtet, sich in jedem Mitgliedstaat des jeweiligen Kunden umsatzsteuerlich zu registrieren. Ein Verzicht auf die Ausnahme ist möglich. Ziel des Schwellenwerts ist es, Unternehmen gerade in der Anlaufphase vom bürokratischen Aufwand der Steuerdeklaration in mehreren EU-Staaten zu entlasten.

Für eine Verschonung von diesen Pflichten besteht jedoch danach wiederum kein Bedarf, wenn der Unternehmer sich bereits aufgrund der Höhe seiner innergemeinschaftlichen Fernverkäufe (Versandhandelsumsätze) an Privatpersonen in anderen Mitgliedstaaten umsatzsteuerlich registrieren muss.

 
Wichtig

Bereits unterjährige Überschreitung der Schwelle schädlich

Die Überschreitung der Erheblichkeitsschwellen ist nicht ausschließlich jahresbezogen zu prüfen. Die Ortsverlagerung tritt bereits ab dem Zeitpunkt ein, ab dem der Unternehmer mit der Summe seiner innergemeinschaftlichen Fernverkäufe und/oder elektronischen Dienstleistungen die Erheblichkeitsschwelle von 10.000 EUR überschreitet; dies gilt bereits für den Umsatz, der zur Überschreitung führt.[2]

 
Praxis-Beispiel

App-Download von Website

Blumenhändlerin B aus Frankreich hat eine App entwickelt, mithilfe derer Kunden Wissenswertes zu ihren Pflanzen abrufen können. Der einmalige Download der App auf Bs Website ist kostenpflichtig. Von Januar bis März 2022 hat sie Pflanzen zu einem Gesamtentgelt von 9.000 EUR an Privatkunden in anderen Mitgliedstaaten versendet, während die App bis zum 31.3.2022 einen Gesamtumsatz von 1.000 EUR verbuchte.

Von Januar bis März 2022 tritt noch keine Ortsverlagerung ein. Mit dem nächsten Umsatz, den B ausführt, wird die Erheblichkeitsschwelle jedoch überschritten. B ist daher verpflichtet, diese Umsätze ggf. ab April 2022 in den jeweiligen Empfangsstaaten zu deklarieren und versteuern.

[1] § 3c Abs. 1 UStG.

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