Mit dem Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften sind bereits mit Wirkung ab 2019 neue umfassende umsatzsteuerliche Aufzeichnungspflichten sowie eine Umsatzsteuerhaftung für die Betreiber der sog. Online-Marktplätze eingeführt worden. Im Kern geht es um die Sicherstellung der deutschen Umsatzsteuereinnahmen für die auf den Marktplätzen registrierten Versandhändler (Fernverkäufer).

3.2.1 Wer ist betroffen?

Die Regelungen richten sich an die Betreiber elektronischer Schnittstellen, mit denen die Lieferung von Gegenständen unterstützt wird. Eine elektronische Schnittstelle ist gem. § 25e Abs. 5 UStG ein elektronischer Marktplatz, eine elektronische Plattform, ein elektronisches Portal o. ä.. Der Betreiber einer elektronischen Schnittstelle muss die Lieferung unmittelbar oder mittelbar unterstützen, d. h. Bedingungen für die Lieferung festlegen, an der Authorisierung der Zahlungen für den Verkäufer oder an der Bestellung oder Lieferung der Gegenstände beteiligt sein. Die Regelung macht keine Einschränkung auf die im Inland ansässigen Marktbetreiber. Betroffen sind alle Online-Marktplätze, auf denen Dritte in Deutschland steuerbare und steuerpflichtige Umsätze anbieten.

3.2.2 Zusätzliche Aufzeichnungspflichten

Der Betreiber eines Online-Marktplatzes hat gem. § 22f UStG zusätzliche Dokumentationspflichten zu erfüllen, wenn Dritte auf den von ihm bereitgestellten Marktplatz Lieferungen rechtlich begründen, bei denen die Beförderung oder Versendung im Inland beginnt oder endet.

 
Praxis-Beispiel

Privatperson bestellt Waren über Handelsplattform bei chinesischem Lieferanten

Ein deutscher Kunde bestellt auf einem Online-Marktplatz Speicherchips, die ihm von einem in China ansässigen Lieferanten direkt zugesandt werden. Das Rechtsgeschäft wird direkt mit dem chinesischen Lieferanten abgeschlossen. Der Marktplatzbetreiber "ermöglicht" lediglich die Anbahnung, den Abschluss und ggf. die technische Abwicklung der Bezahlung des Kaufgeschäfts. Der Umsatz des chinesichen Lieferanten ist zwar wegen der Versendung von China aus in Deutschland nicht steuerbar. Am Ende der Versendung in Deutschland unterliegt aber die Einfuhr der deutschen Einfuhrumsatzsteuer, deren ordnungsgemäße Erhebung durch die zusätzlichen Dokumentationen garantiert werden soll.

Folgende Angaben sind aufzuzeichnen:

  1. der vollständige Name und die vollständige Anschrift des liefernden Unternehmers,
  2. die elektronische Adresse oder Website des liefernden Unternehmers,
  3. die dem liefernden Unternehmer vom BZSt erteilte USt-IdNr.
  4. soweit bekannt, die ihm vom zuständigen inländischen Finanzamt erteilte Steuernummer,
  5. soweit bekannt, die Bankverbindung oder das virtuelle Konto des Verkäufers
  6. der Ort des Beginns der Beförderung oder Versendung sowie der Bestimmungsort des gelieferten Gegenstands
  7. der Zeitpunkt und die Höhe des Umsatzes
  8. eine Beschreibung der Gegenstände und
  9. soweit bekannt, die Bestellnummer oder die eindeutige Transaktionsnummer.

3.2.3 Umsatzsteuerhaftung für elektronische Schnittstellen

Gem. § 25e Abs. 1 UStG haftet der Betreiber eines elektronischen Marktplatzes für die nicht entrichtete Steuer aus der Lieferung eines Unternehmers, die auf dem von ihm bereitgestellten Marktplatz rechtlich begründet worden ist. Die Haftung ist aber ausgeschlossen, wenn der Marktplatzbetreiber die Sonderregelung des § 3 Abs. 3a UStG (Reihengeschäftsfiktion bei Fernverkäufen) nutzt.

In diesen Fällen wird die bewegte Lieferung an den nichtsteuerpflichtigen Abnehmer der Lieferung der elektronischen Schnittstelle zugeordnet, was dazu führt, dass die Lieferung des Onlinehändlers im Gemeinschaftsgebiet nicht steuerbar bzw. steuerbefreit ist und die Umsatzsteuer von der elektronischen Schnittstelle geschuldet wird.[1]

3.2.4 Offline erbrachte Dienstleistungen: herkömmliche Leistungsortbestimmung

Eine im Internet bestellte und bezahlte Reise mit der entsprechenden Bestätigung, die Eintrittskarte zu einer Veranstaltung oder das Ticket für eine Bahnfahrt sind lediglich Ansprüche auf eine vom leistenden Unternehmer noch zu erbringende Leistung. Deren Umsatzbesteuerung muss den "normalen" Ortsbestimmungen für sonstige Leistungen gem. §§ 3 a und 3 b UStG folgen. Die Reise ist am Sitzort des Reiseveranstalters zu besteuern, wenn auf sie die Voraussetzungen für die Anwendung der Differenzbesteuerung gem. § 25 UStG zutreffen. Die Veranstaltung unterliegt am Veranstaltungsort der Besteuerung und die Bahnfahrt ist schließlich mit ihrem inländischen Streckenanteil in Deutschland zu besteuern.

Was gilt aber, wenn der Künstler oder dessen Agent die Leistung im Internet gegen Entgelt anbietet oder wenn Seminare mit Dozenten durch gleichwertige Online-Angebote ersetzt werden? Es käme zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen, wenn diese Leistungen weiterhin am Ort der Tätigkeit des anbietenden Unternehmers der Umsatzbesteuerung unterlägen.

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