Bei Gebäuden, bei denen mit dem Bau vor dem 11.11.1993 begonnen und die auch vor dem 1.1.1998 fertiggestellt wurden, kann der leistende Unternehmer die in § 9 Abs. 2 UStG aufgeführten Leistungen steuerpflichtig behandeln, wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist und das Grundstück für seine unternehmerischen Zwecke verwendet. Soweit diese Voraussetzungen gegeben sind, kommt es nicht darauf an, ob der Leistungsempfänger zum Vorsteuerabzug bezüglich der ihm in Rechnung gestellten Umsatzsteuer berechtigt ist. Wird das Grundstück aber tatsächlich zu Mietwohnzwecken oder zu anderen nichtunternehmerischen Zwecken verwendet, ist die Optionsmöglichkeit in Abhängigkeit vom Baubeginn eingeschränkt. Es kommt bei dieser Betrachtung auf die Endnutzung des Grundstücks an.[1]

 
Praxis-Beispiel

Vermietung in Altobjekt

Immobilienbesitzer I vermietet eine Gewerbeeinheit in einem Altbau (Baujahr 1920), das er im Jahr 2015 erworben hatte, an den Versicherungsvertreter V. Der Mietvertrag wurde im Januar 2023 abgeschlossen.

Obwohl V wegen seiner nach § 4 Nr. 11 UStG steuerfreien Ausgangsumsätze nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, kann I bei der Vermietung der Gewerbeeinheit zur Steuerpflicht optieren, da wegen des Baujahrs des Hauses § 9 Abs. 2 UStG nach der Übergangsregelung des § 27 Abs. 2 UStG nicht anzuwenden ist. Ob die Option wirtschaftlich sinnvoll ist, kann wegen der Nichtüberwälzbarkeit der Umsatzsteuer aber bezweifelt werden.

2.2.1 Nutzung des Objekts zu Mietwohnzwecken

Wird das Objekt in der Endnutzung zu Mietwohnzwecken genutzt, kann der leistende Unternehmer dann nicht zur Steuerpflicht optieren, wenn mit dem Bau ab dem 1.6.1984 begonnen oder wenn das Objekt ab dem 1.4.1985 fertiggestellt wurde. Auch in diesen Fällen ist nicht entscheidend, wann der Mietvertrag abgeschlossen wurde, wann die Vermietung durchgeführt wird oder wann der leistende Unternehmer das Gebäude erworben hatte.

 
Praxis-Beispiel

Endnutzung zu Mietwohnzwecken

Vermieter V vermietet ein Mietwohnhaus (Baubeginn 1988) insgesamt an die A-AG, welche die Wohnungen an Arbeitnehmer der A-AG vermietet.

Da mit dem Bau ab dem 1.6.1984 begonnen wurde, kann V bei der Vermietung des Gebäudes nicht zur Steuerpflicht optieren, da das Objekt in der tatsächlichen Endnutzung Wohnzwecken dient.

2.2.2 Nutzung des Objekts zu anderen nichtunternehmerischen Zwecken

Bei einer Vermietung eines Objekts, das in der tatsächlichen Nutzung nichtunternehmerischen Zwecken dient und bei dem mit dem Bau des Gebäudes ab dem 1.6.1984 begonnen oder das Gebäude ab dem 1.1.1986 fertiggestellt wurde, kann der leistende Unternehmer gegenüber dem Leistungsempfänger nicht zur Umsatzsteuer optieren. Solche nichtunternehmerischen Zwecke liegen insbesondere dann vor, wenn die Nutzung des Objekts durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts in ihrem hoheitlichen Bereich oder von einem Verein im ideellen Bereich erfolgt.

 
Praxis-Beispiel

Endnutzung für andere nichtunternehmerische Zwecke

Immobilienbesitzer I hatte 1992 ein Bürogebäude in Leipzig errichtet und insgesamt an den Gewerbetreibenden G vermietet. Bei der Vermietung an G hatte I nach § 9 UStG zur Steuerpflicht der Vermietungsumsätze optiert. Ab 2023 vermietet G von ihm selbst nicht mehr genutzte Räume dieses Gebäudes an die Stadt Leipzig, die darin eine Bürgerberatungsstelle einrichtet.

Die Untervermietung von G an die Stadt Leipzig ist zwingend steuerfrei, da eine Option schon an der Unternehmereigenschaft der Stadt nach § 9 Abs. 1 UStG scheitert. Da die Räume in der tatsächlichen Endnutzung nichtunternehmerischen Zwecken dienen und mit dem Bau des Gebäudes ab dem 1.6.1984 begonnen wurde, ist jetzt auch die Option zur Steuerpflicht bezüglich der untervermieteten Räume von I an G nach § 9 Abs. 2 UStG i. V. m. § 27 Abs. 2 UStG ausgeschlossen.

2.2.3 Gestaltungsüberlegungen

Für den leistenden Unternehmer stellt sich bei den Objekten, bei denen der Bau vor dem 11.11.1993 begann und die auch vor dem 1.1.1998 fertiggestellt wurden, die Frage, ob eine Option bei der Vermietung sinnvoll ist. Dabei müssen jeweils die Besonderheiten des Einzelfalls beachtet werden, es lassen sich jedoch folgende allgemeine Grundsätze feststellen:

Prüfung der Vorteilhaftigkeit einer Option

  • Die Leistung nach § 9 Abs. 2 UStG wird an einen Unternehmer erbracht, der zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. In diesem Fall ist eine Option zur Steuerpflicht grundsätzlich wirtschaftlich sinnvoll, da die entstehende Umsatzsteuer auf den Nutzer (Mieter) überwälzt werden kann. Der leistende Unternehmer hat aus allen Kosten den Vorsteuerabzug. Auch für den Mieter ist die Option sinnvoll, da der Nettobetrag der Nebenkosten an ihn mit Umsatzsteuer weiterbelastet wird und er dann die Vorsteuer aus diesen Nebenkosten hat. Würde nicht mit Option vermietet, müsste er den Bruttobetrag der Nebenkosten ohne Vorsteuerabzugsberechtigung bezahlen.
  • Die Leistung nach § 9 Abs. 2 UStG wird an einen Unternehmer erbracht, der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, und seit erstmaliger Nutzung des Gebäudes nach steuerpflichtigem Erwerb sind noch nicht mehr als 10 Jahre vergang...

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