Leitsatz

Erfolgreich hat sich ein Unternehmer gegen zuviel "Bürokratie" im Besteuerungsverfahren gewehrt: Das FG Münster hat den Bescheid des Finanzamts über die Aufforderung zur Abgabe der Anlage EÜR 2006 zugunsten eines Gewerbetreibenden aufgehoben. Damit hat erstmals ein FG zu der seit dem Jahr 2005 geltenden Neuregelung Stellung genommen.

 

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige betreibt seit 1985 eine Schmiede und ermittelt seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahmen-Überschussrechnung. Am 31.01.2008 reichte er seine Erklärung zur gesonderten Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das Jahr 2006 beim Finanzamt ein und fügte der Erklärung eine Einnahmen-Überschussrechnung nach DATEV-Fassung bei.

Das Finanzamt stellte den Gewinn des Steuerpflichtigen aus Gewerbebetrieb mit (in gewissen Punkten vorläufigem, jedoch nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem) Feststellungsbescheid fest und wies den Steuerpflichtigen unter der Überschrift "Erläuterungen zu den Festsetzungen / Feststellungen" auf die seit dem VZ 2005 bestehende Pflicht zur Abgabe einer Anlage EÜR gemäß § 60 Abs. 4 EStDV) hin und bat ihn, eine solche Anlage für das Jahr 2006 nachzureichen. Der Steuerpflichtige legte Einspruch gegen die Aufforderung zur Abgabe der Anlage EÜR 2006 ein und begründete dies wie folgt:

  • ▹ Für die Regelung des § 60 Abs. 4 EStDV und die daraus abgeleitete Aufforderung zur Abgabe einer Anlage EÜR fehle eine gesetzliche Grundlage. Der Steuerpflichtige sei gesetzlich lediglich verpflichtet, seine steuerbaren und steuerpflichtigen Einkünfte auf amtlichem Vordruck zu deklarieren und die hierzu notwendigen Erläuterungen und Aufklärungen zu geben, was durch Abgabe der Feststellungserklärung 2006 sowie einer Gewinnermittlung nach DATEV-Fassung geschehen sei und im Ergebnis sogar in größerem Umfang als dies durch die Anlage EÜR geschehen könnte.
  • ▹ Die Einnahmenüberschussrechnung nach DATEV-Fassung enthalte wesentlich bessere und detaillierte Informationen und Erläuterungen als eine Anlage EÜR.
  • ▹ Die Anlage EÜR sei eine Arbeitshilfe der Finanzverwaltung, die sich allenfalls an nicht beratene und deshalb nicht mit qualifizierten Auswertungen der getätigten Geschäftsvorfälle ausgestattete Steuerpflichtige richte.
  • ▹ Für Steuerpflichtige, die bereits eine Gewinnermittlung nach DATEV-Grundsätzen erstellt hätten, bedeute das Ausfüllen und Einreichen der Anlage EÜR dagegen einen unverhältnismäßigen Mehraufwand.
  • ▹ Es sei nicht ersichtlich, welchen erkennbaren Mehrwert die Anlage EÜR im Vergleich zu einer DATEV-Gewinnermittlung für die Finanzverwaltung habe. Vielmehr würde die Anlage EÜR in Fällen wie dem Vorliegenden sowohl auf Seiten der Finanzverwaltung als auch auf Seiten des Steuerpflichtigen mehr Fragen aufwerfen als steuerrelevante Sachverhalte aufklären.
  • ▹ Es sei äußerst bürokratisch, im Rahmen einer Gewinnermittlung nach DATEV-Format erst Daten detailliert zu verbuchen, in übersichtlichen Aufstellungen zusammenzufassen und zu erläutern, um die gleichen Daten anschließend in der angeforderten Anlage EÜR wieder komprimieren und dann später auf An- bzw. Nachfrage der Finanzverwaltung möglicherweise erneut aufschlüsseln zu müssen.

Der Einspruch des Steuerpflichtigen blieb erfolglos. Mit der Klage trug er die gleichen Argumente wie im Einspruchsverfahren vor und ergänzte diese wie folgt:

  • ▹ Das Finanzamt habe die gesonderte Gewinnfeststellung 2006 auf der Grundlage der eingereichten Steuererklärungsformulare und der beigefügten Gewinnermittlung nach DATEV-Fassung lediglich unter punktuellen Vorbehalten i.S. des § 165 AO, ansonsten aber endgültig durchgeführt. Zweifel in Bezug auf den Umfang bzw. die Richtigkeit der deklarierten Besteuerungsgrundlagen habe es also offensichtlich nicht gegeben. Ansonsten hätte entweder keine Veranlagung erfolgen dürfen oder die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen hätte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durchgeführt werden müssen (§ 164 Abs. 1 AO). Daraus sei zu folgern, dass der angeforderten Anlage EÜR für die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gar keine Bedeutung mehr zukomme. Auch vor diesem Hintergrund sei die Aufforderung zur Abgabe einer Gewinnermittlung auf dem amtlichen Vordruck Anlage EÜR rechtswidrig.

Soweit die Anlage EÜR nicht der Durchführung der Besteuerung im konkreten Einzelfall diene, sondern lediglich die Speicherung von Daten zum Zwecke externer Betriebsvergleiche mit unbenannten Dritten im Rahmen des sog. Risiko- Management-Systems der Finanzverwaltung erleichtere, fehle es an einer gesetzlichen Grundlage für eine entsprechende Pflicht der Steuerpflichtigen zur Beisteuerung solcher Daten auf amtlichem Vordruck. Soweit sich das Finanzamt auf die Regelung des § 60 Abs. 4 EStDV berufe, sei anzumerken, dass die Durchführungsverordnung über die einfachgesetzlichen Vorgaben hinaus nicht erweiternde Pflichten zu Lasten der Steuerpflichtigen regeln dürfe.

 

Entscheidung

Das FG Münster folgte im Ergebnis den Begründungen des Steuerpflichtigen. Dieser sei in seinen Rech...

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