Leitsatz

1. § 1 Abs. 1 des Außensteuergesetzes (AStG) tritt gegenüber anderen Einkünftekorrekturvorschriften (hier: § 8 Abs. 3 Satz 2 des KörperschaftsteuergesetzesKStG –) grundsätzlich zurück und kommt nur dann und insoweit zur Anwendung, als die andere Norm in geringerem Umfang Einkünftekorrekturen anordnet (§ 1 Abs. 1 Satz 3 beziehungsweise 4 AStG).

2. Eine Gesamtbetrachtung einzelner Geschäftsvorfälle (hier: Materiallieferungen sowie rückläufige Erwerbe des bearbeiteten Materials) ist möglich, wenn eine Trennung der Vorgänge dem wirtschaftlichen Gehalt des Geschehens nicht gerecht würde.

3. Zur Berücksichtigung von Materialkosten eines Produktionsunternehmens im Rahmen der Kostenaufschlagsmethode, wenn der Auftraggeber die zu bearbeitenden Materialien zum Einstandspreis an das Produktionsunternehmen verkauft und nach Bearbeitung zurückkauft.

4. § 1 Abs. 1 Satz 2 der Funktionsverlagerungsverordnung (FVerlV) setzt voraus, dass die Funktion ein organischer Teil eines Unternehmens ist, ohne dass ein Teilbetrieb im steuerlichen Sinn vorliegen muss. Dies setzt voraus, dass die Produktion für einen Kunden als eigenständige Produktion im Unternehmen und damit als organischer Teil des Unternehmens angesehen werden kann.

5. Der Einbezug von Plankosten ist am ehesten geeignet, der bei der Ermittlung von Verrechnungspreisen anzuwendenden sogenannten ex-ante-Betrachtung (s.a. § 1 Abs. 3 Satz 4 AStG) Rechnung zu tragen.

6. Zur Berücksichtigung von Standortvorteilen ist zunächst der Umfang der Standortvorteile zu bestimmen und anhand der jeweiligen Funktionen, Risiken, eingesetzten Wirtschaftsgüter und realistisch verfügbaren Handlungsalternativen eine Aufteilung vorzunehmen.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 bzw. 4, Abs. 3 Sätze 4, 5 und 9 AStG, § 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 FVerlV, § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, vertreibt Produkte auf dem Gebiet der Trenn‐ und Zerspantechnik. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin ist K.

Im Jahr 2007 gründete K als Alleingesellschafter in der Föderation von Bosnien und Herzegowina (BIH) die C-D.o.o. (C), eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Geschäftsführer er wurde. C ist ausschließlich auf dem Gebiet der Trenn‐, Schleif‐ und Zerspantechnik (Drehen/Fräsen) tätig und stellt auch Fertig‐ und Halbfertigprodukte her (Aufnahme der Produktion im Jahr 2008). Für den Zeitraum von fünf Jahren erhielt C in BIH eine "Tax Holiday". Die Finanzierung der Standortgründung erfolgte durch die Klägerin. Diese entsandte zudem zwei Mitarbeiter, die das Personal der C in BIH schulten. Ab April 2012 arbeitete ein Mitarbeiter der Klägerin in BIH, der die Fertigung der C leitete; die Personalkosten trug C.

Die Gründung der C war nach der Darlegung der Klägerin eine Reaktion auf die wirtschaftliche Situation als Automobilzulieferer im Jahr 2006 am Standort Deutschland. Der überwiegende Teil ihrer Verkaufsartikel unterlag einer mehrstufigen Fertigung, die verschiedene Kombinationen von Fertigungsverfahren umfassen konnte. Insbesondere bei den arbeitszeitintensiven Fertigungsverfahren (Trennschleifen, Drehen, Fräsen) sei man aufgrund des hohen Lohnniveaus nicht mehr wettbewerbsfähig gewesen. Gute Deckungsbeiträge aus den Hightech-Verfahren (adiabatisches Trennen, Doppelplanschleifen) mussten in zunehmendem Maße die Verluste der lohnintensiven Verfahren subventionieren. Einzelne Fertigungsstufen konnten aus Zertifizierungs‐ und Geheimhaltungsgründen indes nicht an externe Produzenten vergeben werden. Zudem hätte bei einer Fremdvergabe auch die Gefahr bestanden, dass eine Drittfirma das Know‐how der Klägerin abschöpft und sodann das Geschäft mit dem Kunden der Klägerin übernimmt. Außerdem mussten die lohnkostenintensiven Arbeiten zum Teil auch eine oder mehrere Fertigungsstufen der Hightech-Verfahren abdecken, sodass bei einer Fremdvergabe auch dieses Geschäft gefährdet gewesen wäre. Daher habe man die lohnintensiven Fertigungsprozesse nach BIH ausgegliedert. Dort habe es unter anderem deutschsprachiges Personal mit der nötigen Fachkunde, geringe Zölle und ein geringes Wechselkursrisiko gegeben. C übernahm in diesem Zusammenhang Funktionen in den Prozessen Produktion, Qualitätssicherung und unterhielt eine kleine Verwaltungseinheit.

Die Klägerin belieferte C mit dem zur Produktion benötigten Material. Die Lieferungen wurden zivilrechtlich als Materialverkäufe abgewickelt. Die Klägerin erhielt als Gegenleistung ihre Einstandspreise ohne Verrechnung von Gewinnzuschlägen beziehungsweise Handling Fees/Provisionen. Diese Abwicklung (Materialeinkauf und Lieferung an C) beruhte darauf, dass die Klägerin günstigere Einkaufspreise als C erzielen konnte.

Die von der Klägerin in Auftrag gegebenen Arbeiten führte C mit dem gekauften Material und ihrem Personal aus. Alsdann verkaufte C die Produkte an die Klägerin; zum Teil wurden die Produkte unmittelbar von C an die Endkunden der Klägerin geliefert, zum Teil wurden sie von der Klägerin oder von Drittfirmen weite...

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