Leitsatz

Hat der Leistende nicht die Möglichkeit, durch seine Leistung das Entstehen des Anspruchs auf die Leistung des Vertragspartners positiv zu beeinflussen, genügt die Annahme der Leistung der Gegenseite nicht, um den fehlenden besteuerungsrelevanten Veranlassungszusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung herzustellen.

 

Normenkette

§ 22 Nr. 3 Satz 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG

 

Sachverhalt

Eine Gruppe von Aktionären, darunter der Kläger, bot eine Mehrheitsbeteiligung an einer börsennotierten Aktiengesellschaft öffentlich zum Kauf an. Mehrere Interessenten boten mit. Das höchste in Aussicht gestellte Angebot war an den Abschluss eines "Exclusivity Agreements" und eine vorherige erweiterte "Due Diligence" Prüfung geknüpft. Für den Fall der Nichtabgabe des Angebots war eine Entschädigung ("Break Fee") vereinbart. Die Aktionäre schlossen den Vertrag ab und kassierten die "Break Fee". Das FA nahm eine sonstige Leistung an. Die Klage (FG Nürnberg, Urteil vom 26.10.2016, 5 K 490/15, Haufe-Index 10180234, EFG 2017, 291) hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Die Revision der Kläger führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage. Der Kläger und seine Mitstreiter konnten die "Break Fee" steuerfrei vereinnahmen.

 

Hinweis

Die Besprechungsentscheidung ist im Zusammenhang zu sehen mit der prominenten "Big-Brother"-Entscheidung (BFH, Urteil vom 24.4.2012, IX R 6/10, BFH/NV 2012, 1244, m. Anm. HeuermannBFH/PR 2012, 268, BStBl. II 2012, 581). Sie betrifft zwar einen anderen Sachverhalt, bespielt aber ebenfalls den äußersten Rand der Steuerbarkeit bei § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG, allerdings mit anderem Ausgang (Abgrenzung):

1. Eine Leistung i.S.v. § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein kann und eine Gegenleistung auslöst.

a) Erforderlich ist nur ein entgeltlicher, kein synallagmatischer Vertrag. Leistung und Gegenleistung müssen nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis (do ut des) stehen. Der Steuerpflichtige muss die Gegenleistung bei Erbringung seiner Leistung nicht einmal erwarten. Es genügt, wenn er sie als solche annimmt.

b) Wie muss aber das Verhältnis zwischen Leistung und "Gegenleistung" nach diesem Verständnis genau beschaffen sein? Wann hat die Leistung die "Gegenleistung" nicht mehr "ausgelöst"? Auf wessen Perspektive kommt es an?

  • Das Besprechungsurteil interpretiert die Senatsrechtsprechung so, dass es in erster Linie auf die (objektive) Perspektive des Leistenden ankommt. Das wird z.B. deutlich, wenn der BFH formuliert, der Steuerpflichtige müsse die Leistung "um des Entgelts willen" erbracht haben. Das ist die Sichtweise der "Big-Brother"-Entscheidung: Der Steuerpflichtige nimmt das Preisgeld als (verdienten) "Lohn" für seine Mühen entgegen und ordnet es damit der Erwerbssphäre zu. Für ihn ist die Zahlung Entgelt, nicht Spielgewinn.
  • Entscheidend ist eine objektivierte Sicht. Welche Motive der einzelne Teilnehmer an einer Fernsehshow wirklich verfolgt, ob er nach dem Preisgeld strebt oder ob er nur die maximale Aufmerksamkeit sucht, ist unerheblich. Motivforschung findet nicht statt. Ein gedachter Teilnehmer würde zumindest auch nach dem Preisgeld streben. Darauf kommt es an.

c) Daran hält der BFH fest; darüber geht er auch nicht hinaus. Neue Grundsätze enthält das Besprechungsurteil deshalb nicht. Der BFH wendet die bekannten Grundsätze aber auf den Streitfall an und kommt dabei zu einem anderen Ergebnis als im "Big-Brother"-Fall.

2. Dadurch kann die (kritisierte) Rechtsprechung an Kontur gewinnen:

Eine "Break Fee" ist danach kein Entgelt für die Verpflichtung des Anbieters, die Aktien vorübergehend nicht zu veräußern und im Rahmen einer erweiterten "Due Diligence" mit dem potenziellen Erwerber zu kooperieren. Zwar erbringt der Anbieter insofern Leistungen. Er erbringt sie aber nicht um des Entgelts ("Break Fee") willen, sondern vor allem um einen besseren Kaufpreis für die Aktien zu realisieren. Dieses Motiv prägt das Geschehen. Das zugrunde liegende "Exclusivity Agreement" ist aus Sicht des Anbieters kein Geschäft, sondern eine Störung (Verzögerung) des Geschäfts. Die "Break Fee" wird im Fall des "Break" nicht als Entgelt, sondern als Entschädigung entgegengenommen, wenn der in Aussicht gestellte gute "Deal" nicht zustande kommt. Der Anbieter hat außerdem keine Möglichkeit, durch seine Leistung zu beeinflussen, ob er die "Break Fee" erhält. Er muss das "Exclusivity Agreement" gleichermaßen erfüllen, um den in Aussicht gestellten Verkauf zu realisieren und um die "Break Fee" zu erhalten. Er erbringt seine Leistung jedenfalls nicht in erster Linie um der Entschädigung willen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 13.3.2018 – IX R 18/17

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