Leitsatz

Ein Verlust aus der Veräußerung einer GmbH-Beteiligung ist auch dann nur hälftig zu berücksichtigen, wenn zwar ein Veräußerungsentgelt von 1 EUR vereinbart wird, die Geschäftsanteilsübertragung aber im Rahmen einer Gesamtauseinandersetzung des Veräußernden mit seinen Mitgesellschaftern erfolgt.

 

Sachverhalt

Im vorliegenden Fall war streitig, ob der Verlust aus der Veräußerung einer GmbH-Beteiligung in voller Höhe zu berücksichtigen ist oder dem Halbabzugsverbot unterliegt. Der Kläger war zu 50 % an einer GmbH beteiligt. Es gab Unstimmigkeiten und der Kläger verkaufte seine Anteile an die Mitgesellschafter. In der notariellen Vereinbarung wurde der Kläger als Geschäftsführer abberufen und ihm wurde Entlastung erteilt. Die Mitgesellschafter verzichteten auf die Geltendmachung jeglicher Ansprüche (Schadenersatzansprüche), ferner wurde der Kaufpreis für den veräußerten Geschäftsanteil von 198.000 DM auf 1 EUR wegen ‚nicht realisierter Werthaltigkeit’ reduziert. In Umsetzung dieser Vereinbarung veräußerte der Kläger am selben Tag seine Geschäftsanteile an der GmbH zu einem Kaufpreis von jeweils 1 EUR. In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit als Werbungskosten ‚Schadensersatz lt. Notarvertrag’ und ‚Rechtsanwaltskosten wegen Schadensersatz’ geltend, die das Finanzamt mangels erkennbaren Zusammenhangs mit Einnahmen unberücksichtigt ließ.

 

Entscheidung

Vor Gericht hatte der Kläger keinen Erfolg. Die Richter waren nicht davon überzeugt, dass der Kläger wertlose Anteile zu einem symbolischen Kaufpreis übertragen hat und das Halbabzugsverbot deshalb nicht anzuwenden sei. Der Kläger habe für seine Beteiligung mehr als nur den jeweiligen symbolischen 1 EUR erhalten. In der notariellen Urkunde ist als Gegenleistung für die Übertragung zwar lediglich ein Kaufpreis von jeweils 1 EUR vereinbart worden. Als Veräußerungsentgelt i. S. v. § 17 Abs. 2 EStG sei jedoch alles anzusehen, was der Veräußerer aus dem Veräußerungsgeschäft als Gegenleistung erlangt (BFH, Urteil v. 7.3.1995 VIII R 29/93, BStBl 1995 II S. 693 m. w. N.). Deshalb könne im Streitfall nicht allein auf den ‚notariellen’ Kaufpreis abgestellt werden. Als Gegenleistung für die Anteilsübertragung seien die weiteren Absprachen einzubeziehen, z. B. der Verzicht auf diverse Schadensersatzansprüche gegen den Kläger i. H. v. 288.662,12 EUR.

 

Hinweis

Keine Einnahmen erzielt derjenige, der objektiv wertlose Anteile zu einem symbolischen Kaufpreis (z. B. von 1 EUR) veräußert. In diesem Fall vereinbaren die Vertragsparteien kein Entgelt für die Werthaltigkeit der übertragenen Anteile, sondern wählen diese Gestaltung regelmäßig aus buchungstechnischen Gründen. Von einem bloß symbolisch angesetzten Kaufpreis zu unterscheiden sind Fälle, in denen Veräußerungseinnahmen erzielt werden, auch wenn diese von geringer Höhe sind und der Veräußerer insgesamt einen Verlust erleidet. Hier sind Halbeinkünfteverfahren und Halbabzugsverbot anzuwenden. Damit wird nicht etwa eine Geringfügigkeitsgrenze für die Anwendung des Halbabzugsverbots eingeführt. Es geht nicht darum, ab welcher Höhe ein Veräußerungspreis als für die Anwendung des Halbabzugsverbots erheblich zu erachten wäre, sondern darum, ob ein einem Veräußerungspreis von 0 EUR gleichzusetzender Kaufpreis für die Übernahme wertloser Anteile im Rechtsverkehr aus buchungstechnischen Gründen lediglich symbolische Bedeutung zukommt (BFH, Urteil v. 6.4.2011, IX R 61/10, BFH/NV 2011 S. 1575; BFH, Urteil v. 6.4.2012, IX R 40/10, BStBl 2011 II S. 785; BFH, Urteil v. 6.4.2012, IX R 31/10 n. v.).

 

Link zur Entscheidung

FG Hamburg, Urteil vom 10.10.2012, 2 K 158/11

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