Das Niedersächsische FG vertritt in ständiger Wiederkehr die Auffassung, dass die Rechtsprechung des II. Senats des BFH zum einheitlichen Erwerbsgegenstand gegen

  • das GrEStG,
  • die Einheit der Steuerrechtsordnung,
  • das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot,
  • das Verfahrensgrundrecht des Bürgers auf seinen gesetzlichen Richter und
  • europäisches Gemeinschaftsrecht verstößt.[2]

Im Übrigen weiche – so das Niedersächsische FG – die umsatzsteuerrechtliche Rechtsprechung des V. und XI. BFH-Senats erkennbar von der Rechtsprechung des für Grunderwerbsteuer zuständigen II. Senats des BFH ab. Während nach Auffassung des II. BFH-Senats eine Einheit zwischen dem Grundstückskauf- und Bauerrichtungsvertrag auch angenommen werden könne, wenn auf der Veräußererseite mehrere Personen aufträten, könne umsatzsteuerlich ein einheitliches Vertragswerk nach Auffassung des V. sowie des XI. Senats des BFH nur vorliegen, wenn Personenidentität zwischen dem Veräußerer und dem Bauunternehmer bestehe. Die divergierende BFH-Rechtsprechung führe dazu, dass in sehr vielen Fällen die nachfolgenden Baukosten beim Erwerb eines (noch) unbebauten Grundstücks sowohl mit Umsatzsteuer (zu Recht) und mit Grunderwerbsteuer (zu Unrecht) belastet würden.

Der II. Senat des BFH hat die Kritik des Niedersächsischen FG in der Vergangenheit mehrfach zurückgewiesen. Er vetritt die Auffassung, dass gegen seine ständige Rechtsprechung zum einheitlichen Erwerbsgegenstand im Grunderwerbsteuerrecht keine unionsrechtlichen oder verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen und dass sie nicht im Widerspruch zu der Rechtsprechung der Umsatzsteuersenate des BFH steht.[3] Auch die beiden Umsatzsteuersenate des BFH haben bereits wiederholt entschieden, dass die Bauleistungen, die ein Unternehmer erbringt, der mit dem bisherigen Grundstückseigentümer nicht identisch ist, auch dann nicht nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei sind, wenn das vom Erwerber des Grundstücks für die Bauleistungen zu entrichtende Entgelt in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen ist. Eine den Wertungen des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG widersprechende Doppelbelastung mit Grunderwerbsteuer und Umsatzsteuer läge in diesen Fällen nicht vor.[4]

 
Praxis-Tipp

Vertragsgestaltungen sorgfältig prüfen

Trotz der vom Niedersächsischen FG geäußerten Kritik an der Rechtsprechung des II. Senats des BFH zum sog. einheitlichen Vertragswerk i. S. des GrESt-Rechts sind Grundstückskäufer und Bauherren gut beraten, die BFH-Rechtsprechung zu beachten und zur Vermeidung steuerlicher Mehrbelastungen die zugrundeliegenden Verträge und das eventuelle Zusammenwirken auf der Veräußererseite sorgfältig zu prüfen.[5]

[1] Vgl. auch Manfred Schmid, Aktuelle Entwicklungen im Grunderwerbsteuerrecht, DStR 2018 S. 2058 unter 1.4.
[2] Vgl. Niedersächsisches FG, Beschluss v. 22.3.2018, 7 K 150/17, EFG 2018 S. 1291 m. w. N. In dieser Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache (betreffend eine GrEStG-Festsetzung) hat das Niedersächsische FG die Rechtsprechung des BFH bezüglich des sog. einheitlichen Vertragswerks sehr kritisch betrachtet.
[5] Vgl. VRiFG Ingo Lutter, EFG 2018 S. 1291.

Jörg Ramb, Steuersparende Gestaltungsüberlegungen in der Grunderwerbsteuer, NWB 2019 S. 1996.

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