vorläufig nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenentscheidung: Grunderwerbsteuer beim „fiktiven einheitlichen Leistungsgegenstand”

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach übereinstimmender Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ist nach § 138 FGO durch Beschluss über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.

Danach sind die Kosten sind dem beklagten FA aufzuerlegen, wenn dem Begehren der Kl. durch Änderungsbescheide bei der gütlichen Belegung des Rechtsstreits in vollem Umfang stattgegeben worden ist.

Demgemäß hat das FA auch die Koten des Rechtsstreits wegen versuchter Besteuerung einer Fiktion bei der GrESt zu tragen.

Die vom Finanzgericht festgestellte divergierende BFH-Rechtsprechung führt dazu, dass in vielen Fällen die nachfolgenden Baukosten beim Erwerb eines (noch) unbebauten Grundstücks sowohl mit USt (zu Recht) und mit GrESt (zu Unrecht) belastet werden. Demgemäß folgt das FG der Rechtsprechung des V. und des XI. BFH-Senats, nicht aber der höchstrichterlichen Rechtsprechung des II. BFH-Senats, welche die grunderwerbsteuerliche Besteuerung einer Fiktion („fiktiver einheitlicher Leistungsgegenstand”) zulässt und die dazu abweichende höchstrichterliche Rechtsprechung der ebenfalls mit der hier einschlägigen Rechtsfrage befassten USt-Senate unzutreffend darstellt.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 138; UStG § 4 Nr. 9a

 

Gründe

Die Beteiligten haben übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Deshalb war nunmehr gemäß § 138 der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Beschluss über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.

Die Kosten waren gemäß § 138 Absatz 2 FGO dem beklagten Finanzamt aufzuerlegen, da dem Begehren der Kläger durch die Änderungsbescheide vom 3.11.2017 mit Festsetzung auf jeweils 1.911 Euro (statt jeweils 4.723 Euro), in denen die Baukosten eines Gebäudes, die zur Verbreiterung der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer zunächst vom beklagten Finanzamt herangezogen worden waren (angeblicher einheitlicher Leistungsgegenstand), bei der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits in vollem Umfang stattgegeben worden ist.

Die Kosten waren auch nicht nach § 138 Absatz 2 Satz 2, § 137 FGO den Klägern aufzuerlegen. Die Kostenfolge aus diesen Normen trifft die Steuerpflichtigen dann, wenn sie letztlich das Klagebegehren erreichen, obwohl sie die zur Abhilfe durch das beklagte Finanzamt führenden Tatsachen früher hätten geltend machen oder beweisen können und sollen. Nach Ansicht des beklagten Finanzamts habe die Klägerseite erstmals mit Klageerhebung am 10.7.2017 den Sachverhalt offengelegt und in diesem Zusammenhang insbesondere Angaben zum tatsächlichen Ablauf des Grundstückskaufs gemacht. Erst hierdurch sei das beklagte Finanzamt in die Lage versetzt worden, das vormalige Einspruchs- und jetzige Klageverfahren sachgerecht zu bewerten und mit objektiv nachvollziehbaren Unterlagen abzugleichen. Dagegen sei - so die Klägerseite - den Klägern die beantragte Akteneinsicht im Vorverfahren nicht gewährt worden, so dass sie nicht im Stande gewesen seien, substantiiert vorzutragen.

Wie auch immer - letztlich kann der Streit um angebliches verspätetes Vorbringen der Kläger dahinstehen. Denn nach den gesetzlichen Vorschriften hätte das beklagte Finanzamt den Einsprüchen der Kläger in den Vorverfahren folgen und die Grunderwerbsteuer - wie im Klageverfahren erfolgt - herabsetzen müssen.

Nach § 1 Absatz 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Kaufvertrag, der sich auf ein inländisches Grundstück bezieht und der den Anspruch auf Übereignung begründet. Als Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer ist nach § 8 Absatz 1 GrEStG der Wert der Gegenleistung maßgeblich; danach gilt bei einem Kauf als Gegenleistung der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen (vgl. § 9 Absatz 1 Nr. 1 GrEStG). Dazu gehören nicht künftige Baukosten für ein unbebautes Grundstück; ein Bauvertrag vermittelt keinen „Anspruch auf Übereignung” im Sinne des § 1 Absatz 1 Nr. 1 GrEStG. Das beklagte Finanzamt hatte zu Unrecht die Kosten für das nach Erwerb des unbebauten Grundstücks hergestellte Wohngebäude in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einbezogen. Schon deshalb waren die von den Klägern angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheide rechtswidrig.

Dass das beklagte Finanzamt bei der Grunderwerbsteuerfestsetzung der Rechtsprechung des für Grunderwerbsteuer zuständigen II. Senats des Bundesfinanzhofs zum so genannten „fiktiven einheitlichen Leistungsgegenstand” (auch „einheitliches Vertragswerk” oder „einheitlicher Erwerbsgegenstand” genannt) gefolgt ist, ändert daran nichts. Denn das Gericht ist nach Art. 20 Absatz 3 des Grundgesetzes (GG) an „Gesetz und Recht” gebunden, nicht aber an die gesetzes- und rechtswidrige Rechtsprechung des II. Senats des Bundesfinanzhofs, die in dem Auslegungsergebnis eines „fiktiven einheitlichen Erwerbsgegenstands” gipfelt. Das Gericht vertritt die Auffassung, da...

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