Zur Verhinderung von Umgehungsgestaltungen werden der Veräußerung von sperrfristbehafteten Anteilen durch § 22 Abs. 1 Satz 6 UmwStG weitere Vorgänge gleichgestellt. Damit wird sichergestellt, dass die Versteuerung des zum Veräußerungszeitpunkt maßgebenden Einbringungsgewinns I auch dann erfolgt, wenn anstelle einer Veräußerung ein veräußerungsgleicher Vorgang vorliegt. Dazu gehören auch Tatbestände, die nicht von dem ursprünglich Einbringenden verwirklicht werden, sondern von einem Rechtsnachfolger. Für diese Fälle werden umfangreiche vertragliche Absicherungen erforderlich.

Zu den Ersatzrealisationstatbeständen gehören nach § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 1 – 6 UmwStG u. a. Vorgänge wie die unentgeltliche unmittelbare oder mittelbare Übertragung der erhaltenen Anteile auf eine Kapitalgesellschaft, die Einbringung in eine weitere Kapitalgesellschaft und die anschließende mittelbare oder unmittelbare Weiterveräußerung oder Weitereinbringung zu einem Wertansatz oberhalb des Buchwerts (Ketteneinbringung). Für Zwecke des § 22 Abs. 1 und Abs. 2 UmwStG differenziert die Finanzverwaltung zwischen unentgeltlichen und entgeltlichen Übertragungen, die die rückwirkende Einbringungsgewinnbesteuerung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 Satz 1 UmwStG beim Einbringenden auslösen. Dazu gehören

  • nach Rdnr. 22.20 UmwSt-Erlass: die unmittelbare oder mittelbare unentgeltliche Übertragung der sperrfristbehafteten Anteile durch den Einbringenden (z. B. im Wege der verdeckten Einlage, der verdeckten Gewinnausschüttung, der Realteilung oder die unentgeltliche Übertragung nach § 6 Abs. 3 und 5 EStG) auf eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft gem. § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 1 UmwStG.
  • nach Rdnr. 22.21 UmwSt-Erlass: die entgeltliche Übertragung der sperrfristbehafteten Anteile nach § 22 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 Satz 1 UmwStG, wozu nach Rdnr. 22.22 i. V. m. 22.07 und 00.02 UmwSt-Erlass auch Umwandlungen und Einbringungen gehören. Mit Urteil vom 18.11.2020[1] hat der BFH im Einklang mit der bisherigen BFH-Rechtsprechung im Fall des Anteilstauschs i. S. von § 21 UmwStG entschieden, dass der Formwechsel der Kapitalgesellschaft zu einer Veräußerung der eingebrachten Anteile führt und einen Einbringungsgewinn II auslöst. Obwohl grundsätzlich auch bei einer Umwandlung bzw. Einbringung eine Veräußerung vorliegt, unterbleibt in den vorgenannten Fällen nach § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 2 UmwStG eine Besteuerung des Einbringungsgewinns, wenn der Einbringende oder dessen unentgeltlicher Rechtsnachfolger nachweist, dass die sperrfristbehafteten Anteile im Wege der Sacheinlage nach § 20 Abs. 1 UmwStG oder des qualifizierten Anteilstauschs nach § 21 Abs. 1 UmwStG bzw. auf Grund eines mit diesen Vorgängen vergleichbaren ausländischen Vorgangs zum Buchwert übertragen wurden. Eine Übertragung zu Buchwerten liegt vor, wenn beim Einbringenden stille Reserven nicht aufzudecken sind.
[1] Vgl. BFH, Urteil v. 18.11.2020, I R 25/18, DStR 2021 S. 1349, mit Anm. von Wacker, wonach eine teleologische Reduktion des § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG möglicherweise bei der Umwandlung auf eine Einpersonengesellschaft denkbar wäre, bei der es – anders als im Streitfall – nicht zu einer interpersonellen Verlagerung von stillen Reserven kommt.

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