Rz. 38

Gem. § 272 Abs. 1b HGB entfällt nach der Veräußerung der eigenen Anteile der nach § 272 Abs. 1a Satz 1 HGB erforderliche offene Ausweis in einer Vorspalte vom gezeichneten Kapital. Bei der Veräußerung der eigenen Anteile handelt es sich wirtschaftlich um eine Kapitalerhöhung und nicht um einen Veräußerungsvorgang (entsprechend der Regelung beim Erwerb eigener Anteile; vgl. hierzu Rz. 18).[1] In Abhängigkeit von der Höhe des Veräußerungspreises aus dem Verkauf der eigenen Aktien sind die folgenden Situationen denkbar:

  • Der Veräußerungspreis ist geringer als der Nennbetrag der veräußerten und zuvor offen abgesetzten eigenen Aktien (Rz. 39).
  • Der Veräußerungspreis entspricht genau dem Nennbetrag der veräußerten und zuvor offen abgesetzten eigenen Aktien (Rz. 40).
  • Der Veräußerungspreis übersteigt den Nennbetrag der veräußerten und zuvor offen abgesetzten eigenen Aktien (Rz. 41).

Gem. § 272 Abs. 1b Satz 4 HGB stellen die Nebenkosten der Veräußerung – korrespondierend zur Behandlung beim Erwerb – Aufwand des Geschäftsjahrs dar. Die Veräußerung eigener Aktien ist somit ebenfalls – bis auf ggf. anfallende Nebenkosten der Veräußerung – erfolgsneutral.[2]

 

Rz. 39

Der – eher unwahrscheinliche – Fall, dass der Veräußerungspreis den Nennbetrag der veräußerten eigenen Aktien nicht deckt, führt dazu, dass die offene Absetzung nicht in vollem Umfang rückgängig gemacht werden kann. Eine gesetzliche Regelung – und auch eine einheitliche Meinung in der Literatur – über das weitere Vorgehen gibt es nicht, was vor dem Hintergrund, dass ein unter dem Veräußerungspreis liegender Nennbetrag eher unwahrscheinlich ist, auch nicht so schwer wiegt.

  • Veräußerungspreis liegt unter den Anschaffungskosten: Denkbar wären hier eine dauerhafte Verminderung des gezeichneten Kapitals[3] oder die – wohl unproblematischere – aufwandswirksame Berücksichtigung des Fehlbetrags.[4] Sachgerecht wäre aber wohl – in Anlehnung an § 272 Abs. 1a Satz 2 HGB und dem damit einhergehenden erfolgsneutralen Erwerb – eine erfolgsneutrale Verrechnung des Fehlbetrags mit den frei verfügbaren Rücklagen.[5] Im 1. Schritt wird also die aus dem Erwerbsvorgang resultierende Verrechnung mit den frei verfügbaren Rücklagen vollständig zurückgenommen. In Schritt 2 ist dann der aus dem unter den Anschaffungskosten liegenden Veräußerungspreis resultierende Verlust aus der Veräußerung reduzierend in die frei verfügbaren Rücklagen einzustellen. Zusammenfassend reduzieren sich die frei verfügbaren Rücklagen also um die Differenz zwischen Nennbetrag und Veräußerungspreis.
  • Veräußerungspreis liegt über den Anschaffungskosten: In diesem Fall ist im 1. Schritt die aus dem Erwerbsvorgang resultierende Verrechnung mit den freien Rücklagen vollständig rückgängig zu machen. Im 2. Schritt ist der Veräußerungserlös aus dem über den Anschaffungskosten liegenden Veräußerungspreis – wie ein Agio – in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB einzustellen.[6]
 

Rz. 40

Sofern sich Veräußerungspreis und Nennbetrag der veräußerten und zuvor offen abgesetzten eigenen Aktien genau entsprechen, entfällt nach der Veräußerung der eigenen Aktien deren offener Ausweis. Ein Fehlbetrag oder ein den Nennbetrag übersteigender Veräußerungspreis ist folglich auch nicht zu berücksichtigen.

 

Rz. 41

Wenn der Veräußerungspreis den Nennbetrag der veräußerten und zuvor offen abgesetzten eigenen Aktien übersteigt, ist der über dem Nennbetrag liegende Differenzbetrag bis zur Höhe des mit den frei verfügbaren Rücklagen verrechneten Betrags in die jeweiligen Rücklagen einzustellen (§ 272 Abs. 1b Satz 2 HGB). Dieses Vorgehen soll sicherstellen, dass die Verfügungskompetenzen der Gesellschaftsorgane letztlich unberührt bleiben.

  • Veräußerungspreis liegt unter den Anschaffungskosten: Die bei Erwerb verrechneten jeweiligen frei verfügbaren Rücklagen sind sachgerechterweise proportional nur um den entsprechend geminderten Betrag zurückzunehmen.[7] Bei der Veräußerung sind also solche Rücklagen zu berücksichtigen, mit denen ursprünglich beim Erwerb verrechnet wurde. Ein unter den Anschaffungskosten – aber über dem Nennbetrag – liegender Veräußerungspreis führt bei einer kumulierten Betrachtung von Erwerbs- und Veräußerungsvorgang zu einer Reduzierung der frei verfügbaren Rücklagen und nicht zu einem aufwandswirksam zu erfassenden Veräußerungsverlust. Die Veräußerung der eigenen Aktien ist somit im Ergebnis ebenso erfolgsneutral wie deren vorheriger Erwerb.
  • Veräußerungspreis liegt über den Anschaffungskosten: Im 1. Schritt wird die aus dem Erwerbsvorgang resultierende Verrechnung mit den frei verfügbaren Rücklagen vollständig zurückgenommen. Im 2. Schritt ist der über die Anschaffungskosten hinausgehende Veräußerungserlös – wie ein Agio – in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB einzustellen (§ 272 Abs. 1b Satz 3 HGB).

Abb. 4: Veräußerung eigener Aktien oberhalb der Anschaffungskosten[8]

 

Rz. 42

 
Praxis-Beispiel

Veräußerung der eigenen Aktien

Das Beispiel in Rz. 24 hat die Behandlung des Erwerbs eigener Aktien verdeut...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge