§ 312 g Abs. 2 BGB enthält gesetzliche Ausnahmen vom Widerrufsrecht. Ein Widerrufsrecht besteht, unbeschadet anderer Vorschriften[1] und soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben, nicht

  • bei Lieferung von Waren, die nach Verbraucherspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind,[2]
  • bei Waren, die schnell verderben (Einzelfallentscheidung)[3] oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde,
  • für versiegelt gelieferte Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, sofern deren Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,[4]
  • bei Ton- und Videoaufnahmen und Computersoftware, die auf einem versiegelten körperlichen Datenträger, wie z. B. CD-ROM oder DVD, geliefert werden und vom Verbraucher entsiegelt worden sind,
  • bei der die Anmietung von Hotelzimmern und Mietwagen sowie die Bestellung von Catering etc.,
  • wenn die Willenserklärung des Verbrauchers von einem Notar beurkundet worden ist.
 
Wichtig

Bestellung zwecks dringender Reparatur-/Instandhaltungsarbeiten

Kein Widerrufsrecht gibt es für Verträge, bei denen der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hat, ihn aufzusuchen, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen; dies gilt nicht hinsichtlich weiterer bei dem Besuch erbrachter Dienstleistungen, die der Verbraucher nicht ausdrücklich verlangt hat, oder hinsichtlich solcher bei dem Besuch gelieferter Waren, die bei der Instandhaltung oder Reparatur nicht unbedingt als Ersatzteile benötigt werden.[5]

Ein Vertrag über die Lieferung und Montage eines Kurventreppenlifts mit einer individuell erstellten, an die Wohnverhältnisse des Kunden angepassten Laufschiene ist ein Werkvertrag. Wird ein solcher Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen mit einem Verbraucher geschlossen, steht diesem ein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB zu, weil der in § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB vorgesehene Ausschluss dieses Rechts Werkverträge nicht erfasst.[6]

[2] OLG Koblenz, Hinweisbeschluss v. 4.6.2013, 3 U 1521/12: Nach Maß gefertigte Vorhänge; OLG Schleswig, Urteil v. 25.3.2021, 6 U 48/20: Verkauf von Wintergartenbausätzen zur Selbstmontage, die nach den individuellen Maßen und Besonderheiten des Aufstellorts gefertigt und dadurch nicht für andere Gebäude verwendet werden können; EuGH, Urteil v. 21.10.2020, Rs. C-529/19, K & R 2020 S. 819: Herstellung einer Einbauküche bei Kauf auf einer gewerblichen Messe; OLG Köln, Beschluss v. 13.5.2020, 6 U 300/19, MMR 2021 S. 350.
[3] AG Berlin-Schöneberg, Urteil v. 31.7.2017, 5 C 84/17: Frei verkäufliche Arzneimittel, keine Verderblichkeit bei Mindesthaltbarkeit über 6 Monate.
[4] Siehe aber BGH, Urteil v. 3.7.2019, VIII ZR 194/16, NJW 2019 S. 2842: Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Online-Kauf einer versiegelten Matratze.
[5] § 312 g Abs. 2 Nr. 11 BGB; siehe aber AG Bad Segeberg, Urteil v. 13.4.2015, 17 C 230/14: Widerrufsrecht bei einer als Werkvertrag qualifizierten Treppenrenovierung; Bereichsausnahme des § 312 g Abs. 2 Nr. 1 BGB gilt nicht für Werkverträge i. S. d. §§ 631 ff. BGB.

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