Für Controller ist die Auswirkung der Digitalisierung auf die konkrete Zusammenarbeit mit dem Management und damit der Einfluss des Self-Service-BI (auch Self-Service-Reporting oder Self-Controlling bezeichnet) von besonderer Bedeutung. Unter Self-Service-BI wird die direkte Nutzung der Controllingsysteme durch das Management, ohne Einbindung der Controllingabteilung, verstanden. Dies ermöglicht Führungskräften eigenständige, flexiblere und schnellere Analysen, welche im Gegenzug durch unabgestimmte Datenzugriffe und Berechnungen zu "eigenen Realitäten" der jeweiligen Führungskräfte führen können.

Die Frage, wie weit Self-Service BI der Führungskräfte realistische ist, wird kontrovers diskutiert. Die wesentlichen Argumente für bzw. gegen Self-Service BI sind in Abb. 4 angeführt. Die Bandbreite der zukünftigen Entwicklung reicht dabei von "Führungskräfte werden keine Zeit und Lust am Self-Service haben" bis zu "Self-Service BI wird Controller überflüssig machen". Um die zukünftige Zusammenarbeit zwischen Manager und Controller unter dem Blickwinkel von Self-Service-BI zu analysieren, wurden vier Szenarien aus den Erkenntnissen der wissenschaftlichen Literatur gebildet und deren Eintrittswahrscheinlichkeit empirisch abgefragt.

4.1 Szenario 1: Controller nutzen bessere Systeme für höherwertige Tätigkeiten primär selbst

Szenario 1 geht von der Grundüberlegung aus, dass der Druck im Arbeitsalltag von Managern weiterhin steigt, sie einen starken Fokus auf das Geschäft und nicht auf die Controllingsysteme haben und zudem die weiterhin hohe Komplexität und Vielzahl der Systeme, sowie Systembrüche es Führungskräften schwermachen, konsistente Datenstrukturen integriert und einfach zu analysieren. Die Entscheidungsträger werden daher kein bzw. wenig Self-Service betreiben, sondern weiterhin auf die Informationsversorgung durch den Controller vertrauen. Dieser kann sich durch die Automatisierung von Routinetätigkeiten und besseren Controlling-Tools infolge von Big Data, Künstliche Intelligenz, etc. verstärkt auf höherwertige Tätigkeiten konzentrieren. Dies führt zu einem Kompetenz- und Rollenwandel des Berufsbildes. Das Self-Controlling wird durch technische Entwicklungen wie Dashboards für Führungskräfte attraktiver, schlägt sich aber in der tatsächlichen Anwendung wenig nieder. Controller müssen die Qualität und das Niveau ihrer Arbeit steigern, da durch die Kenntnis der technischen Möglichkeiten die Nachfrage des Managements nach hochqualitativen, präskriptiven Auswertungen steigt.[1]

Die Informationsversorgung des Managements bleibt in diesem Szenario eine primäre Aufgabe des Controllers. Der Zugang zu bislang nicht verfügbaren Datenquellen und leistungsfähigeren IT-Systemen ermöglicht Controllern, traditionelle deskriptive Aufgaben bis hin zur Bereitstellung prädiktiver und präskriptiver Informationen zur ganzheitlichen Unternehmenssteuerung weiterzuentwickeln. Eine Herausforderung für Controller ist die Aneignung analytischer Fähigkeiten.[2] Durch die Zusammenarbeit mit dem Data Scientist kann der Controller die Aufgabe der Informationsversorgung aber weiterhin erfüllen. Durch Teamarbeit wird die Entscheidungsunterstützung des Managements verbessert. Controller als fachliche und Data Scientists als methodische Spezialisten agieren somit im Team und ergänzen sich.[3]

[1] Vgl. Biel, 2018, S. 6.
[2] Vgl. Appelbaum et al., 2017, S. 41 f.
[3] Vgl. Horváth/Aschenbrücker, 2015, S. 52 f.

4.2 Szenario 2: Self-Service durch Manager – Controller als Center of Expertise

In Szenario 2 führt der Wunsch der Entscheidungsträger, betriebswirtschaftliche Sachverhalte eigenständig analysieren und auf Informationen unabhängig zugreifen zu können, gepaart mit intuitiv zu bedienenden, leistungsfähigen BI-Tools zum Self-Controlling. Die Hoheit der Controller über steuerungsrelevante, betriebswirtschaftliche Informationen und Analysewerkzeuge gehört der Vergangenheit an. Das Management ist nicht länger bereit, auf Controllingberichte zu warten und drängt auf schnellere Berichtszyklen. Aufgrund des veralteten Informationsgehalts und der Starrheit verlieren Berichte in Papierform an Relevanz.

Die zukünftige, zentrale Aufgabe des Controllers ist die zielgerichtete Informationsbereitstellung in den eingesetzten BI-Tools. Im Gegensatz zum derzeitigen Rollenbild des Sparringspartners wird der Controller in diesem Szenario eher als Zulieferer gesehen und in der standardmäßigen Informationsversorgung auf eine Input-Funktion reduziert, die darüber hinaus schrittweise automatisiert oder in Shared-Service Centern gebündelt wird. Der Controller verliert an Nähe zum Management und an Stellenwert. Komplexe Spezialauswertungen obliegen dem Data Scientist. Als betriebswirtschaftlicher Experte wird der Controller jedoch weiterhin die vorgelagerten Prozesse koordinieren und dabei z. B. die inhaltliche Entwicklung der BI-Systeme in Zusammenarbeit mit dem Data Scientists sowie die visuelle Berichtsgestaltung verantworten.

Dadurch, dass Manager Informationen selbstständig analysieren und aufbereiten, entsteht das Risiko unabgestimmter Berichte mit unterschiedlichen Versionen zu Gunsten ihrer jeweiligen Interessen. Eine klar definierte ...

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