2.1 Customer Journey im digitalen Kundencontrolling

Das zentrale Konstrukt des digitalen Kundencontrollings ist die Customer Journey und umfasst die Reise eines Kunden über verschiedene Touchpoints auf dem Weg zum potenziellen Kauf und darüber hinaus. Touchpoints können der Inspiration und Bedürfnisweckung dienen, wie der Instagram-Post von MrsBella in Abb. 1 veranschaulicht, die Informationsbeschaffung unterstützen, wie das YouTube-Video demonstriert oder den Kauf umfassen, wie der Web-Shop von Douglas zeigt.

Wir verstehen unter einer Customer Journey die Entwicklung der affektiven, kognitiven und intentionalen Verhaltensweisen eines Kunden auf der Reise entlang verschiedener Touchpoints. Abb. 2 zeigt die schematische Darstellung einer Customer Journey im Mehrkanalvertrieb.

Abb. 2: Customer Journey im Mehrkanalvertrieb[1]

Die Customer Journey der jungen Kundin im vorab gezeigten Beispiel ist sehr kurz. Eine Customer Journey kann sich je nach Branche und Produktkategorie über mehrere Stunden, Tage oder Monate erstrecken. Das Ziel kann neben dem Kauf auch eine Newsletter-Anmeldung oder ein eigener Empfehlungsbeitrag (Post) des Kunden auf Instagram sein. Nach dem Kauf geht eine Customer Journey in der Post Purchase-Phase weiter – es erfolgen weitere Touchpoints zum Abbau kognitiver Dissonanzen, zur Weiterempfehlung und zum Wiederkauf.[2]

Das digitale Marketingcontrolling beschäftigt sich mit Customer Journey Analysen. Sie verfolgen das Ziel, das Konsumentenverhalten besser zu verstehen und Wirkungszusammenhänge zwischen Kommunikationsinstrumenten, Kontaktpunkten und Konsumentenverhalten aufzudecken. Durch Customer-Journey-Analysen kann der Einsatz des Marketinginstrumentariums kundenorientiert ausgerichtet werden. Marketingmaßnahmen können in einem Customer Targeting streuverlustfrei auf einzelne Kunden oder Kundensegmente ausgerichtet werden. Damit steigert das digitale Marketingcontrolling die Marketingeffektivität und -effizienz.[3]

[1] Vgl. Westermann/Wirtz/Zimmermann, 2018, S. 49.
[2] Vgl. Homburg/Jozic/Kuehnl, 2017, S. 382ff.
[3] Vgl. Court/Elzinga/Mulder/Vetvik, 2009, S. 102.

2.2 Erfassung und Auswertung der Customer Journey mit Hilfe von Kennzahlen

Die vollständige Erfassung der Customer Journey eines Verbrauchers ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Zum einen gehen Kunden heute nicht mehr nur über ein einzelnes Endgerät ins Netz. Zum anderen stehen Kunden unterschiedlichste Netzwerke und Plattformen zur Interaktion zur Verfügung. Innerhalb dieser existieren unterschiedliche Werbeformen, bei denen wiederum unterschiedliche Kampagnen mit unterschiedlichem Inhalt über verschiedene Technologien ausgespielt werden.

Durch einen Mehrkanalvertrieb wird die Anzahl der möglichen Kontaktpunkte zwischen Kunden und Unternehmen erhöht; zudem ist der Kunde in der Lage, mehrere digitale und analoge Kanäle miteinander zu kombinieren sowie nach Belieben den Kanal zu wechseln. Manche Kunden bevorzugen die persönliche Fachberatung im stationären Einzelhandel, haben aber im Vorfeld Online recherchiert und kaufen schlussendlich aufgrund der besseren Preise und Konditionen Online ein. Der ständige Wechsel zwischen Marketing- und Vertriebskanälen wird als "Channel Hopping" bezeichnet.

Durch Customer-Journey-Analysen konnte herausgefunden werden, dass Channel Hopper größere Kaufvolumina sowie eine höhere Kauffrequenz im Vergleich zu Ein-Kanal-Kunden aufweisen. Zudem zeigen sie ein hohes Wiederkaufpotenzial. Im Falle einer hohen Zufriedenheit beim Erstkauf neigen sie zu Nachkäufen in der gleichen oder in anderen Produktkategorien – dem Up-Selling oder dem Cross-Selling. Erkenntnisse dieser Art gilt es durch Customer-Journey-Analysen im digitalen Marketingcontrolling zu generieren.

Aufgabe des digitalen Kundencontrollings ist es weiterhin, Kennzahlen zu definieren und zu ermitteln sowie Prozesse zu etablieren, die die Kundenansprache auf den verschiedenen Kommunikationskanälen verbessert. Die Kennzahlen dienen zur Planung und zur Kontrolle im Sinne eines klassischen Controllingkreislaufs.

Abb. 3 zeigt typische Informationen, die von einem Online Shop eines Unternehmens erhoben werden, wenn ein Kunde den Shop in der Customer Journey durchläuft. Neben Informationen, die für den Kunden sichtbar sind, existieren auch viele Informationen zum Kundenverhalten, die nur dem Unternehmen vorliegen. Gerade diese Informationen eignen sich, um Schlüsse für das digitale Marketing abzuleiten.

Abb. 3: Informationen der Customer Journey-Analyse[1]

Dabei geht es um Kennzahlen der Mediennutzung oder des Kaufverhaltens wie z. B. der Kauffrequenz, um Kennzahlen des Preisverhaltens und um Kennzahlen des Markenengagements. Darüber hinaus lassen sich Kennzahlen zum medienbezogenen Bewegungsverhalten ableiten. Diese Daten, die in den Customer Journeys des Kunden erhoben werden, dienen ganz dem Marketingcontrolling. Dabei steht die Beurteilung von Effektivität und Effizienz von Marketingkampagnen, die den Touchpoints zugrunde liegen, im Vordergrund. Zum anderen stellen diese Informationen die Basis für Planungen, wie z. B. auf Basis von Predictive Analytics, dar.

[1] Vgl. Westermann/Wirtz/Zimmerm...

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