Kommentar

Nach der Entscheidung ist der An- und Verkauf von Devisen gegen eine andere Währung durch eine Bank eine Dienstleistung gegen Entgelt ( Art. 2 Nr. 1, Art. 6 der 6. EG-Richtlinie ), auch wenn die Bank für ein solches Geschäft keine besondere Gebühr oder Provision erhebt. Bemessungsgrundlage dieser Dienstleistung ist der Bruttoertrag, den die Bank während eines bestimmten Zeitraums erzielt hat.

Die Klägerin, eine Londoner Niederlassung der First National Bank of Chicago betätigt sich im Devisenhandel. Im Rahmen sogenannter Kassageschäfte und Termingeschäfte kauft sie Währungen im Gegenzug zum Verkauf anderer Sorten. Beide Währungsbeträge sind am selben Abrechnungstag zahlbar. Die Bank erhebt für diese Devisengeschäfte keine Geschäftsgebühren oder Provisionen. Ihr Gewinn ermittelt sich aus der Marge zwischen den von ihr bestimmten Geldkursen und den Briefkursen.

Bezüglich ihrer zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze wandte die Bank nach einer Vereinbarung mit der britischen Mehrwertsteuerverwaltung einen Vorsteuerschlüssel an. Der abzugsfähige Teil der Vorsteuern ermittelte sich dabei nach einem Bruch, in dessen Zähler die Zahl der Geschäfte mit Vertragspartnern in Drittstaaten steht und in dessen Nenner die Gesamtzahl der Devisengeschäfte enthalten ist. Dieser Schlüssel nimmt Bezug auf Art. 17 Abs. 3 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie, wonach die nach Art. 13 Teil B Buchst. a und d Nrn. 1 bis 5 befreiten Umsätze (also auch die steuerfreien Finanzdienstleistungen nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 4) das Vorsteuerabzugsrecht nicht ausschließen, wenn der Leistungsempfänger außerhalb der Gemeinschaft ansässig ist oder wenn diese steuerfreien Umsätze unmittelbar mit zur Ausfuhr in ein Drittlandsgebiet bestimmten Gegenständen zusammenhängen.

Bezüglich der genannten Devisengeschäfte kürzte die britische Mehrwertsteuerverwaltung den Vorsteuerabzug der Bank, da diese Geschäfte nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fielen, also nicht steuerbar seien.

Nach der Entscheidung handelt es sich bei den Devisengeschäften um Umsätze, die unter Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 4 der 6. EG-Richtlinie fallen, also Umsätze, die sich auf Devisen, Banknoten und Münzen beziehen, die gesetzliches Zahlungsmittel sind. Die entsprechende Steuerbefreiung nach nationalem Recht findet sich in § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG .

Der Gerichtshof kommt allerdings, wie der Generalanwalt in seinen Schlußanträgen (vgl. auch IStR 1997, 752) zu dem Ergebnis, daß es sich bei den beschriebenen Geschäften um Dienstleistungen handelt, weil die Devisen nicht als körperliche Gegenstände angesehen werden könnten, da es gesetzliche Zahlungsmittel seien (vgl. Rz. 25 der Urteilsgründe).

Dies steht offenbar im Widerspruch zu der bisherigen Auffassung nach deutschem Umsatzsteuerrecht, wonach im Sortengeschäft grundsätzlich Lieferungen bewirkt werden (so jedenfalls die meist vertretene Auffassung in der Literatur; auch § 43 Nr. 3 UStDV spricht von Lieferungen von gesetzlichen Zahlungsmitteln). Das deutsche Umsatzsteuerrecht geht damit offenbar auch davon aus, daß im Sortengeschäft auch dann Lieferungen getätigt werden, wenn die Devisen körperlich nicht ausgeliefert werden. Es gibt jedoch auch Stimmen (insbesondere Philipowski, die Umsatzbesteuerung der Bank- und Geldgeschäfte, Rz. 335 ff.), die – wie der EuGH – von einer Dienstleistung (sonstigen Leistung) ausgehen, die in der Umtauschleistung der Bank bestehe. Die Annahme einer Dienstleistung im Gegensatz zu einer Lieferung hat Auswirkungen auf den Ort der Leistung und damit auch für ein etwaiges Vorsteuerabzugsrecht nach § 15 UStG .

Der EuGH hat sich im zweiten Teil seiner Entscheidung auch zur Bemessungsgrundlage bei den Devisengeschäften geäußert, für die die Bank keine Vergütungen oder Provisionen erhebt. Der Gerichtshof ist insoweit ebenfalls den Schlußanträgen des Generalanwalts vom 16. September 1997 gefolgt und stellt fest, daß die Bemessungsgrundlage der Bruttoertrag der Bank aus diesen Geschäften über einen bestimmten Zeitraum ist. Die Gegenleistung besteht in der Vergütung für das Devisengeschäft, über die die Bank effektiv selbst verfügen kann. Der Gerichtshof nimmt in diesem Zusammenhang Bezug auf sein Urteil vom 5. 5. 1994, C-38/93. Hier hatte der Gerichtshof entschieden, daß bei Umsätzen mit Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit der gesetzlich festgelegte Teil der Spieleinsätze, der den an die Spieler ausgezahlten Gewinnen entspricht, nicht zur Besteuerungsgrundlage gehört, sondern nur der Kasseninhalt des Automaten, über den der Betreiber verfügen kann. Der EuGH begreift also erneut die Funktion der Mehrwertsteuer als eine Art Rohgewinnbesteuerung. Er folgt dem Generalanwalt, der es nicht für erforderlich hält, daß die Gegenleistung nicht für jeden einzelnen Umsatz tatsächlich bestimmt werden muß. Es soll ausreichen, daß die Gegenleistung genau bestimmt werden könnte. Der Generalanwalt argumentiert, die von der Bank festgelegte Marge stehe genau fest, auch wenn sie bei der Anzahl der Gesc...

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