Rz. 156

Handelsrechtlich kommt bei Überverzinslichkeit der Darlehensverbindlichkeit eine Drohverlustrückstellung zum Ansatz. Steuerrechtlich dürfen diese Rückstellungen nicht bilanziert werden (§ 5 Abs. 4a EStG). Insoweit weicht daher die Handelsbilanz von der Steuerbilanz ab.

 

Rz. 157

In der Steuerbilanz ist der höhere Teilwert anzusetzen, wenn die Werterhöhung einer Darlehensverbindlichkeit voraussichtlich von Dauer ist. Eine dauerhafte Überverzinslichkeit löst eine dauernde Erhöhung einer Darlehensverbindlichkeit aus.[1] Ein gedachter Erwerber des ganzen Betriebs würde die Differenz zwischen den marktüblichen niedrigeren Zinsen und den vereinbarten Zinsen kaufpreismindernd berücksichtigen. Bräuchte er die Darlehensschuld nicht zu übernehmen, würde er am Markt eine Darlehensschuld zu den günstigeren marktüblichen Bedingungen aufnehmen.[2] Der gedachte Erwerber würde daher ebenfalls den Unterschied zwischen den zu zahlenden und den möglichen ersparten Zinsen berücksichtigen. Dieser Betrag wäre daher bei der Ermittlung des höheren Teilwerts dem Rückzahlungsbetrag hinzuzurechnen.[3]

 
Praxis-Beispiel

U nimmt am 10.1.01 zur Finanzierung des Kaufs einer Maschine ein Fälligkeitsdarlehen bei einer Bank auf, das in 4 Jahren zurückzuzahlen ist. Es wird ein Festzins in Höhe von 6 % für die Laufzeit des Darlehens vereinbart. Wegen des allgemeinen Nachlassens der Konjunktur beginnen die Zinsen ab April 01 zu sinken. Zum 31.12.01 werden Darlehen zu gleichen Bedingungen allgemein mit 5,5 % verzinst. U stellt seine Bilanz zum 31.12.01 am 20.5.02 auf. Das allgemeine Zinsniveau hat sich noch weiter abgesenkt. Bei einer derart andauernden, sich auf das allgemeine Zinsniveau auswirkenden "Konjunkturflaute" kann von einer dauerhaften Überverzinslichkeit eines Darlehens ausgegangen werden, auch wenn die Restlaufzeit des Darlehens zum Bilanzstichtag noch erheblich ist.

 

Rz. 158

Wird von vornherein ein überhöhter Zins gezahlt, kann hiermit auch eine Gegenleistung verbunden sein. Steht z. B. die Zinsvereinbarung mit einem Kaufpreisnachlass im Zusammenhang, ist der Vorteil in Höhe der Differenz zwischen dem Rückzahlungsbetrag und dem höheren Barwert in die Anschaffungskosten des Kaufgegenstandes einzubeziehen. Die Gegenbuchung erfolgt auf einem Rückstellungskonto "Zinsrückstellung". Die Zinsrückstellung ist in der Folge ratierlich aufzulösen.[4]

[1] Vgl. Bachem, DStR 1999, S. 773.
[2] Vgl. Bachem, DStR 1999, S. 776 f.; Schubert, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 253 HGB Rz. 61.
[3] Vgl. Bachem, DStR 1999, S. 777.
[4] Vgl. Schubert, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 253 HGB Rz. 62.

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